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Seite 2: „Loddar war noch ordentlich in Fahrt“

Die Spieler sahen Sie dann erst am nächsten Morgen beim Abflug wieder.
Ja. Alle bis auf Pierre Litt­barski trugen ihr offi­zi­elles DFB-Outfit und ein hell­blaues Som­mer­hemd mit Kra­watte. Nur Litti“ war offenbar noch etwas ver­ka­tert, hatte ein WM-Tou­risten-Shirt an und die Kra­watte lässig um den Hals. Auch Lothar Mat­thäus war noch ziem­lich auf­ge­dreht. Als ich ihn foto­gra­fieren wollte, streckte er mir neckisch die Zunge raus. Loddar halt. Er war noch ordent­lich in Fahrt.

Haben die Spieler beim Rück­flug gesungen? Als die Euro­pa­meister 1980 von Rom zurück­kamen, sollen Sie durch­ge­hend Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen“ geg­röhlt haben.
Die Welt­meister 1990 waren da eher ruhig. Die meisten nahmen im Flieger nach dem Finale wohl ihre erste Mütze Schlaf. Es war ein kurzer Flug, wenn ich mich recht erin­nere, haben wir noch einen kleinen Imbiss ser­viert. Der Flieger war auch nicht ganz voll, es waren etwa 100 Pas­sa­giere.

Wer war noch mit an Bord?
Neben der DFB-Entou­rage, zu der damals auch Ex-Schiri Walter Esch­weiler, Co-Trainer Berti Vogts und der spä­tere DFB-Prä­si­dent Wolf­gang Niers­bach gehörten, der Pres­se­spre­cher der Mann­schaft war, flogen auch Jour­na­listen wie Harry Vale­rién und Pro­mi­nente wie Udo Jür­gens mit.

Ein his­to­ri­scher Moment.
Auf jeden Fall. Und ich freute mich sehr, als kleiner Ost­friese dabei zu sein. Ich war ja noch Frisch­ling, hatte gerade meinen Unter­of­fi­zier in der Tasche und nun flogen wir die Welt­meister nach Hause. Viele in meiner Ein­heit haben nei­disch drauf­ge­schaut, das aus­ge­rechnet ich nach Rom durfte. Aber die Piloten und das Per­sonal waren gewöhnt, ständig Staats­männer und hohe Poli­tiker durch die Welt zu fliegen. So lebens­ent­schei­dend war der Flug für die dann auch nicht.

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Edgar Lud­wigs

Und Fotos machen war kein Pro­blem? 
Ganz ehr­lich, ich habe es ein­fach gemacht. Natür­lich war mir bewusst, dass es sehr strenge Richt­li­nien gab. Ich war schließ­lich Soldat und befand mich bei der Arbeit. Aber irgendwie wollte ich mir die Chance nicht ent­gehen lassen.

Sie durften sogar den WM-Pokal in die Hand nehmen. 
Sieg­tor­schütze Andreas Brehme lief ständig mit dem Cup durch den Kabi­nen­gang. Ich musste mehr­fach mit den Getränken an ihm vorbei und irgend­wann meinte ich: Sagen Sie, darf ich den auch mal anfassen?“

Und?
Es soll ja ein unge­schrie­benes Gesetz sein, dass nur Welt­meister und Staats­männer Hand an den Pott legen dürfen. Selbst ein Model wie Naomi Camp­bell, die das Ding mal irgendwo prä­sen­tierte, musste Hand­schuhe tragen. Andy Brehme war wohl auch etwas unschlüssig als er ant­wor­tete: Eigent­lich nicht…“ Aber als wir uns dann am Ende des Ganges wie­der­trafen, drückte er mir das Ding mit den Worten in die Hand: Komm her, Junge, hier kriegt’s ja keiner mit.“

Naja, es gibt ein Foto davon…
Tja, ich hatte einen Kol­legen vorher recht­zeitig in Stel­lung gebracht.

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Edgar Lud­wigs