Als die deutsche Nationalelf am Tag nach dem WM-Finale 1990 von Rom zurück nach Frankfurt flog, war Edgar Ludwigs als Soldat der Flugbereitschaft mit an Bord. Dreißig Jahre später erinnert er sich an die rausgestreckte Zunge von Lothar Matthäus, den angeschickerten Pierre Littbarski und sein Foto mit Andreas Brehme.
Die Spieler sahen Sie dann erst am nächsten Morgen beim Abflug wieder.
Ja. Alle bis auf Pierre Littbarski trugen ihr offizielles DFB-Outfit und ein hellblaues Sommerhemd mit Krawatte. Nur „Litti“ war offenbar noch etwas verkatert, hatte ein WM-Touristen-Shirt an und die Krawatte lässig um den Hals. Auch Lothar Matthäus war noch ziemlich aufgedreht. Als ich ihn fotografieren wollte, streckte er mir neckisch die Zunge raus. Loddar halt. Er war noch ordentlich in Fahrt.
Haben die Spieler beim Rückflug gesungen? Als die Europameister 1980 von Rom zurückkamen, sollen Sie durchgehend „Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen“ gegröhlt haben.
Die Weltmeister 1990 waren da eher ruhig. Die meisten nahmen im Flieger nach dem Finale wohl ihre erste Mütze Schlaf. Es war ein kurzer Flug, wenn ich mich recht erinnere, haben wir noch einen kleinen Imbiss serviert. Der Flieger war auch nicht ganz voll, es waren etwa 100 Passagiere.
Wer war noch mit an Bord?
Neben der DFB-Entourage, zu der damals auch Ex-Schiri Walter Eschweiler, Co-Trainer Berti Vogts und der spätere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gehörten, der Pressesprecher der Mannschaft war, flogen auch Journalisten wie Harry Valerién und Prominente wie Udo Jürgens mit.
Ein historischer Moment.
Auf jeden Fall. Und ich freute mich sehr, als kleiner Ostfriese dabei zu sein. Ich war ja noch Frischling, hatte gerade meinen Unteroffizier in der Tasche und nun flogen wir die Weltmeister nach Hause. Viele in meiner Einheit haben neidisch draufgeschaut, das ausgerechnet ich nach Rom durfte. Aber die Piloten und das Personal waren gewöhnt, ständig Staatsmänner und hohe Politiker durch die Welt zu fliegen. So lebensentscheidend war der Flug für die dann auch nicht.
Und Fotos machen war kein Problem?
Ganz ehrlich, ich habe es einfach gemacht. Natürlich war mir bewusst, dass es sehr strenge Richtlinien gab. Ich war schließlich Soldat und befand mich bei der Arbeit. Aber irgendwie wollte ich mir die Chance nicht entgehen lassen.
Sie durften sogar den WM-Pokal in die Hand nehmen.
Siegtorschütze Andreas Brehme lief ständig mit dem Cup durch den Kabinengang. Ich musste mehrfach mit den Getränken an ihm vorbei und irgendwann meinte ich: „Sagen Sie, darf ich den auch mal anfassen?“
Und?
Es soll ja ein ungeschriebenes Gesetz sein, dass nur Weltmeister und Staatsmänner Hand an den Pott legen dürfen. Selbst ein Model wie Naomi Campbell, die das Ding mal irgendwo präsentierte, musste Handschuhe tragen. Andy Brehme war wohl auch etwas unschlüssig als er antwortete: „Eigentlich nicht…“ Aber als wir uns dann am Ende des Ganges wiedertrafen, drückte er mir das Ding mit den Worten in die Hand: „Komm her, Junge, hier kriegt’s ja keiner mit.“
Naja, es gibt ein Foto davon…
Tja, ich hatte einen Kollegen vorher rechtzeitig in Stellung gebracht.