Schnel­lig­keit:
Auch wenn der beschei­dene Mann es abstreiten würde: Mit zweitem Vor­namen heißt Michael Preetz Vitesse. Und auch wenn er nicht so wirkte: Er war (quasi) eine Rakete, ein rich­tiger Sprin­tertyp. Warum sonst gab ihm der liebe Gott so seh­nige Stelzen? Natür­lich, die große Über­set­zung wirkte recht träge und auf 100 Meter gerechnet wäre er ob der Wucht seiner Schritte eher im Rasen ver­sunken denn ange­kommen, aber: Scheiß auf 100 Meter. Die ent­schei­dende Strecke für Preetz war die zwi­schen Elf­me­ter­punkt und Fünf­me­ter­raum. Und auf diesen drei (?) Metern war der Mann ein Geschoss, eine Art 192 Zen­ti­meter großes Prä­zi­si­ons­pro­jektil in zu kurzen Stutzen. Perry Bräu­tigam lässt prallen und Peter Wibran pennt? Zwei flinke Schritte und schon war er da. Mit dem Schien­bein. Geil.

Thierry Henry dagegen war zwar schnell, jedoch auf eine laute, fast auf­dring­liche Art und Weise. Als wollte er, jedes Mal, wenn er mit auf­rei­zender Läs­sig­keit an drei bis vier Ver­tei­di­gern vor­beizog, am liebsten rufen: Schaut mir ein letztes Mal ins Gesicht, ihr lahmen Würst­chen, ab jetzt seht ihr mich nur noch von hinten.“ Uncool. Punkt für Preetz.

Preetz: 1
Henry: 0


Abschluss/​Torquote:
Zahlen. Was sind schon Zahlen. Manche sind grade, andere wieder nicht, und am Ende nutzen sie doch nur dem, der sie sich als Geburts­datum des Erst­ge­bo­renen auf den Unterarm täto­wiert. Warum ihnen also trauen? Eben. Inso­fern ist es eigent­lich keinen Pfif­fer­ling wert – und die Rede ist bewusst von keinem und nicht von 0 Pfif­fer­ling – dass die Tor­quote von Thierry Henry ein klein wenig besser aus­fällt als die von Kol­lege Preetz. So machte Henry in 881 Spielen? 404 Buden. Was wir wie finden? Genau. Gar nicht. Steht ja nicht von unge­fähr für diese bescheu­erte Not Found“ Feh­ler­mel­dung. Ätsch.

Außerdem lesen sich 203 Tore in 593 Par­tien ja (tat­säch­lich) nicht viel schlechter. Und wenn wir ein wenig weg gehen von den ver­meint­lich harten Fakten, wird die Sache erst richtig inter­es­sant. Denn der viel­sei­ti­gere Tor­jäger war klar Preetz. Henry – das muss man ihm lassen – konnte den Ball mit der rechten Innen­seite sehr prä­zise flach ins lange Eck schieben. Doch Preetz? Traf mit Kör­per­teilen, die anderen Men­schen nicht mal wachsen. So ist er Rekord­halter in der Kate­gorie: Erzielte Tore mit Über­bein. Er netzte außerdem per Hüfte, mit dem fla­chen Teil des Hin­ter­schä­dels, dem Ober­schenkel, dem Knie und ab und an auch mit Glück. Was eben nötig war. Des­wegen klare Sache. Unent­schieden.

Preetz: 2 
Henry: 1

Technik:
Was geilen sich die Leute auf an Henrys Technik: Ball­füh­rung, Ball­mit­nahme, Dribb­ling – eine Augen­weide. Doch dazu sei eine eini­ger­maßen kniff­lige Frage erlaubt. Was ist spek­ta­ku­lärer? Ein Roboter? Oder der Mann, dem der Ball bei jeder Annahme zwei Meter weit weg­springt, der aber hin­ter­her­wetzt und den Gegner zur Not nie­der­streckt? Eben, finden wir auch. Außerdem ist – nicht erst seit Erfin­dung der Fern­be­die­nung – Technik ein anderes Wort für Faul­heit. Eine Umschrei­bung für feine Pinkel, die sich zu schade sind, auch ein­fach mal zu wühlen. Dreck zu fressen, Matsch zu atmen, Staub zu saugen. Und kann ein fauler Stürmer wirk­lich ein guter Stürmer sein? Eher nicht.

Preetz: 3 
Henry: 1


Vita:
AS Monaco, Juventus Turin, Arsenal London, FC Bar­ce­lona, New York Irgendwas. Klingt erstmal gut. Klingt immer noch gut. Jetzt immer noch. Hm. Auf der anderen Seite: For­tuna Düs­sel­dorf, Wat­ten­scheid 09, MSV Duis­burg, 1. FC Saar­brü­cken und Hertha BSC. Klingt? Auch fett. Oder, um die Hopper mit ins Boot zu holen: phat. So oder so, Preetz hat bewiesen, dass er in jeder Liga gefähr­lich sein und jedem Team gefähr­lich werden kann, spe­ziell dem eigenen. Was ja auch eine Art Qua­lität dar­stellt. Henry dagegen funk­tio­nierte so richtig rei­bungslos nur bei Arsenal, in der zweit­klas­sigen Pre­mier League. Nach der aktiven Kar­riere wollte Preetz es dar­über hinaus so richtig wissen – und ver­steckte sich nicht hinter harm­losem Exper­tentum wie der Fran­zose. Nein, Preetz wurde Manager. Erfolg­rei­cher Manager. Immerhin stieg Hertha unter seiner Herr­schaft zweimal auf. 

Preetz: 4
Henry: 1


Ansonsten?
Gibt es eine Klein­stadt in Schleswig-Hol­stein, die Preetz heißt. Eine Klein­stadt Henry“ kennen wir nicht. Kann kein Zufall sein. Auf der anderen Seite eignet sich Henrys Nach­name glän­zend als Vor­name, und grade diese Poly­va­lenz ist es ja, die im modernen Fuß­ball ständig gefor­dert wird. Wir wie­derum sind aller­dings gegen den modernen Fuß­ball. Sty­le­mäßig ging Preetz Zeit seiner Lauf­bahn den muti­geren Weg. Wäh­rend Henry sto­isch (man könnte auch sagen: ein­fallslos) auf Glatze setzte, ris­kierte Preetz mit ele­gantem Scheitel­look viel. Ver­tei­diger, die an den Haaren ziehen, Gel, das den Ball zum Flut­schen bringt, Schweiß, der über eine Strähne direkt ins Auge dringt und dort mords­mäßig brennt. Was ihm aber egal war. Denn für ihn zählte nur der Erfolg, der Sieg, das Tor. Und genauso freute er sich auch: Weit auf­ge­ris­sener Mund, aus­ge­brei­tete Arme, glän­zende Augen. Nichts Berech­nendes, kein Funken Coolnes. Und Henry? Legte den Zei­ge­finger auf die Lippen und über­frach­tete die Freude mit kom­pli­zierter Sym­bolik. Uns eine Nummer zu hoch. Des­wegen schlägt auch abschlie­ßend das Pendel ein­deutig Rich­tung Preetz aus. Glück­wunsch. An beide. 

Preetz: 5*
Henry:1*

*Wie immer gilt: Alle Angaben ohne Gewähr.