Am 14. und 15. Januar findet in Berlin der Fankongress 2012 statt. Der Grundgedanke lautet: „Wie schaut der Fußball in der Zukunft aus und welche Rolle spielen die Fans dabei?“ Am Samstag und Sonntag wird es Podiumsdiskussionen und Workshops zu Themen wie 50+1, Pyrotechnik, Anstoßzeiten, Selbstbestimmung in der Kurve, soziale Verantwortung, Eintrittspreise etc. geben. Diskussionsteilnehmer sind u.a. Martin Kind (Präsident von Hannover 96), Jonas Gabler (Autor von „Die Ultras“), Dirk Grosse (Sky Deutschland AG), Holger Hieronymus (Geschäftsführer DFL), Hendrik Große Lefert (Sicherheitsbeauftragter DFB) oder Kevin Miles (Football Supporters Federation). Weitere Infos findet ihr auf www.fankongress-2012.de.
Im Laufe dieser Woche lest hier auf der 11FREUNDE-Homepage Interviews und Berichte zum Thema Fankultur. Ihr findet alle Berichte gesammelt unter www.11freunde.de/fans. Der folgende Text wurde erstmals im August 2011 veröffentlicht.
Es war ein Hilferuf, mit dem sich die Bremer Sportjugend 1981 im „Weser-Kurier“ an die Bremer Bevölkerung wandte: Wegen der immer brutaleren Gewalt in deutschen Fußballstadien forderte die Sportjugend „sozialpädagogische Interventionen“. Doch das wollten zu Beginn der achtziger Jahre, als wüste Tribünenschlägereien zum Bundesligaalltag gehörten wie der Fisch zum Brötchen, niemand hören. Fußballfans, das waren Asoziale, Proleten, unverbesserliche Idioten, mit denen sich vernünftig zu unterhalten, einfach keinen Sinn zu machen schien.
Weil allerdings zeitgleich an der Uni Bremen einen Studentengruppe unter der Leitung des Wissenschaftlers Narciss Göbbel die Werder-Fans unter sozialwissenschaftlichen Gesichtspunkten im Hörsaal untersuchte, kam der Aufruf der Sportjugend zur richtigen Zeit: Göbbel und seine Studenten entwickelten das Konzept für das erste deutsche Fanprojekt, im Frühjahr 1981 gingen die ABM-Kräfte Manfred Knaust und Lutz Linnemann als erste offizielle Fanprojektler Ihrer Arbeit nach.
Trauriger Höhepunkt: Der brutale Übergriff auf Daniel Nivel
Seitdem hat sich viel geändert in der deutschen Fanszene. Wenn auch nur sehr schleppend. Und unter Aufbringung vieler unnötiger Opfer. Nur ein Jahr nach der Gründung des Bremer Fan-Projekts starb der Werder-Fan Adrian Maleika bei Auseinandersetzungen mit Anhängern vom Hamburger SV an den Folgen einer Kopfverletzung. In den späten achtziger und frühen neunziger Jahren schien die Gewalt auf den Rängen überall zu eskalieren. Trauriger Höhepunkt der deutschen Fußball-Gewalteexzesse: Der brutale Übergriff deutscher Hooligans gegen den französischen Polizisten Daniel Nivel bei der WM 1998.
Erst danach merkten auch die letzten deutschen Fußball-Funktionäre, dass die unausgesprochenen Probleme der hiesigen Fanszenen ernst zu nehmen sind. In den Folgejahren ploppten Initativen und Organisationen aus dem Boden, einige gibt es schon nicht mehr, viele sind geblieben. Die großen überregionalen Projekte heißen heute B.A.F.F., KOS, FSE oder BAG – das klingt nach Bundeswehr und Schnellfeuergewehren, ist aber die Bestätigung dafür, dass Fußballfans eben nicht nur asozial und dumm wie Bohnenstroh sind, sondern ihre Interessen formulieren und vor allem angemessen vertreten können. Auch die aktuellste Debatte um eine mögliche Legalisierung von Pyrotechnik in Stadien zeigt: Längst operiert die hiesige Fanszene nicht mehr nur in schummrigen Eckkneipen und stadionnahen Garagen, sondern kommuniziert mit den Entscheidern im deutschen Fußball über eine gerechtere Behandlung der Liebhaber und Verrückten, die Woche für Woche dafür sorgen, dass die deutschen Bundesligen zu den aufregensten Spielklassen im Weltfußball gehören.
Von B.A.F.F. bis KOS von „Kein Zwanni fürn Steher“ bis QFF – noch nie waren Fanprojekte und Faninitiativen so wichtig wie heute. Wir stellen die größten überregionalen Organisationen vor.
B.A.F.F. – Bündnis Aktiver Fußballfans
Lassen wir die Macher von BAFF doch einfach selber sprechen, wenn es um die Frage geht, was BAFF will: „Elementares Ziel ist der Erhalt der historisch gewachsenen Fankultur als Stadion-Live-Ereignis mit hohem Unterhaltungs- und sozialem Integrationswert.“
Netter hätten wir nämlich auch nicht formulieren können, was das schon seit 1993 bestehende vereinsübergreifende Bündnis auch noch im Jahre 2011 antreibt. Unter den deutschen Fan-Initiativen ist BAFF längst so etwas wie der weise Großvater. Fast 20 Jahre ehrenamtliche Arbeit zum Erhalt der deutschen Fan-Kultur haben ihre Spuren in der hiesigen Szene hinterlassen. Das sagt auch BAFF-Mitglied Wilko Zicht: „Wir kämpfen noch immer gegen Windmühlen. Zwar werden Fans von den Vereinen und Verbänden nicht mehr als grundsätzlich minderbemittelt betrachtet, allerdings ist die Bereitschaft, Dinge aus Fansicht zum Positiven hin zu verändern, noch immer gering. Im Wesentlichen führen wir Rückzugsgefechte, damit es nicht noch schlimmer wird.“
Homepage: www.aktive-fans.de
E‑Mail: info@aktive-fans.de
QFF – Queer Football Fans
„Den Schiedsrichter als ‚schwule Sau‘ zu bezeichnen“, hat Dirk Brüllau, Sprecher der Queer Football Fans, mal im 11FREUNDE-Interview gesagt, „gehört in deutschen Stadien noch immer zum guten Ton.“ Deshalb gibt es QFF, ein Netzwerk für schwul-lesbische Fanclubs in Deutschland und Europa. Aktuell gehören 19 deutsche und drei schweizerische Fanklubs zu QFF, Tendenz steigend. „Natürlich sind und bleiben unsere Kernthemen die Bekämpfung von Homophobie und Sexismus in deutschen Stadien“, sagt Brüllau, der allerdings betont, für „eine ganz normale Fan-Organisation mit anderer sexueller Präferenz“ zu sprechen. Heißt: Auch die QFF befasst sich mit den Brennpunkten in deutschen Fankurven: Pyrotechnik, Stehplätze, steigende Ticketpreise. QFF muss allerdings unweit mehr für Anerkennung innerhalb der aktiven Fanszene kämpfen.
Brüllau: „Man wirft uns häufig vor, zu eindimensional zu denken. Aber das ist einfach nicht richtig.“ Vorrangiges Ziel in der neuen Saison sei es, die Kampagnen und Aktionen der QFF-Mitglieder zu unterstützen und mit dem vorhandenen Know-how zu füttern. Zum größten Problem innerhalb der Fanszenen könnte laut Brüllau die immer häufiger und aggressiver auftretende Gewalt im Umfeld der Spieltage werden: „Die alten Hooligans waren eigentlich längst aus dem Stadion entfernt worden, jetzt kommen sie nach und nach zurück.“
Homepage: www.queerfootballfanclubs.org
E‑Mail: info@queerfootballfanclubs.org
FSE – Football Supporters Europe
Entstanden aus dem ersten europäischen Fan-Kongress 2008 in London, sieht sich die Football Supporters Europe, kurz FSE, als länderübergreifendes Netzwerk für Fans in ganz Europa. Mitglieder sind stellvertretend für tausende deutsche Fans unter anderem BAFF (Bündnis aktiver Fußball-Fans) und „Unsere Kurve“. „Als Vertreter von Fan-Interessen auf europäischer Ebene“, sagt Daniela Wurbs, eine von zwei festen Mitarbeitern der in Hamburg sitzenden Organisation, „sind wir der offizieller Gesprächspartner der UEFA.“ Heißt: Mehr als alle anderen Fan-Projekte hat die FSE einen Draht zu den Entscheidern um UEFA-Boss Michel Platini. Wurbs: „Unsere Kernthemen sind die Vernetzung von Fußball-Fans, Lobbyarbeit für Fanthemen, Beratung und Unterstützung von Fans bei Kampagnen und Projekten.“
Die FSE zählt Fan-Projekte aus 37 Ländern zu ihren Mitgliedern. Eines der jüngst auf dem Fan-Kongress in Kopenhagen besprochenen „heißen Eisen“ für die neue Saison: Steigende Ticketpreise bei internationalen Begegnungen sowie der Umgang der Polizei mit Fußballfans.
Homepage: www.fanseurope.org
E‑Mail: info@footballsupporterseurope.org
Fanrechtefonds
Schon mal einen Prozess gegen den eigenen Verein anstrengen wollen und dann gemerkt, dass irgendwann das Geld für die juristische Herumstreiterei fehlt? Dafür gibt es seit einiger Zeit den „Fanrechtefonds“, ein Sammelbecken für finanzielle Spenden, mit denen bestimmte juristische Auseinandersetzungen zwischen Fans und Vereinen/Verbänden unterstützt werden. Fan-Aktivist Wilko Zicht, einer von fünf Mitgliedern des Kassenrates, sagt: „Ein altes Sprichwort besagt: Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand. Der Fanrechtefonds ist also dazu da, um in Musterfällen, die für die gesamte Fanszene entscheidend sein können, finanzielle Unterstützung zu leisten.“ Fans haben die Möglichkeit, dem Fanrechtefonds ihr Problem zu schildern. Der Kassenrat und der Beirat (Mitglieder u.a. Frank Rost und Günter Koch) entscheiden dann, ob Mittel aus dem Fonds für diese Zwecke verwendet werden sollten. Wer einen Ordner verprügelt und dafür ein Stadionverbot kassiert hat, dürfte eher geringe Chancen auf die Unterstützung des Fanrechtefonds haben, Präzedenzfälle, die für die gesamte Szene Auswirkungen haben könnten, schon eher.
Prominentestes Beispiel ist der Fall eines Bayern-Fans, der nach einem Stadionverbot in Duisburg zunächst vor der BGH und nun vor das Verfassungsgericht gezogen ist. Mit dem Geld aus dem Fonds erhoffen sich die Aktivisten eine Neuregelung der „Stadionverbotsrichtlinien“ des DFB, die bislang ein Stadionverbot nur auf Verdacht proklamieren. „In knapp einem von zehn Fällen unterstützen wir Fans mit finanziellen Mitteln aus dem Fonds vor Gericht“, sagt Zicht.
Homepage: www.fanrechtefonds.de
E‑Mail: kontakt@fanrechtefonds.de
F_in – Frauen im Fußball
Bereits seit 2004 gibt es das Netzwerk „F_in“, ein Zusammenschluss fußballverrückter Frauen, die sich vor allem ein Thema zur Hauptaufgabe gemacht haben, wie Mitglied Nicole Selmer verrät: „Unser Steckenpferd ist und bleibt der Kampf gegen Sexismus in deutschen Fußball-Stadien. Aber natürlich sind auch die üblichen Fan-Themen – Repression durch die Polizei, Kommerzialisierung, Pyrotechnik – Inhalt unserer Arbeit.“
Nicht selten erreichen die Mitglieder Hilferufe aus den unterschiedlichsten Vereinen. Eines der krasseren Beispiele kommt aus Berlin, wo ein Fanzine mit dem Hinweis, man solle doch das „schwanzlose Gesindel“ gefälligst nicht ins Stadion lassen, empörte. „Die meisten Reaktionen auf unsere Arbeit sind positiv“, sagt Selmer, „aber natürlich gibt es auch negatives Feedback. Was deutlich macht, dass Sexismus im Fußball weiterhin sehr verbreitet ist.“
Homepage: www.f‑in.org
E‑Mail: info@f‑in.org
Kein Zwanni – Fußball muss bezahlbar sein
Das Revierderby gehört zu den Highlights der Fußballfans. Wenn die sich also entscheiden, zu Hause zu bleiben, dann muss etwas Gravierendes passiert sein. Eine Erhöhung von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bei den Karten für den Gästeblock war für die Fans von Borussia Dortmund nicht tolerierbar. Es bildete sich die Initiative „Kein Zwanni für ‚nen Steher“, die vor allem gegen den so genannten Topspielzuschlag Alarm schlägt. Die Erhöhung bei einzelnen Spielen führe dazu, dass auch „höhere Preise bei ‚normalen Spielen‘ als weniger überteuert wahrgenommen werden“, so die Initiative. Dabei geht es nicht nur um Steh‑, sondern auch um die Sitzplätze.
Im Verlauf der vergangenen Saison bekundeten zahlreiche andere Fangruppen wie die von Mainz 05 und dem Hamburger SV ihre Solidarität. „Immer mehr Fanszenen greifen die Idee auf, ohne dass wir direkt involviert sind“, sagt Marc Quambusch, einer der Initiatoren. So tragen zwar bundesweit viele Gruppen die Idee mit, ein festes Netzwerk besteht aber nicht. „Es macht momentan keinen Sinn, eine aufgeblähte Organisation zu haben. Wir können vermitteln, beraten und unterstützen, aber nicht bundesweit vor Ort agieren. Handeln und entscheiden müssen die jeweiligen Fanszenen.“
Dabei sehen die Initiatoren den Boykott nur als letztes Mittel, eigentlich setzt man auf den Dialog. Bestes Beispiel dafür war das Pokalspiel der Dortmunder in Sandhausen, als der Amateurverein zunächst 18 Euro für einen Steh- und 49 Euro für einen Sitzplatz verlangte. Nach einem Briefwechsel mit den Verantwortlichen von Sandhausen wurden immerhin die Stehplatzpreise auf 15 Euro reduziert.
Homepage: www.keinzwanni.de
Kontakt: info@the-unity.de
Pro Fans
Gegründet wurde die Initiative als Pro 15:30, benannte sich im Herbst 2002 aber um in ProFans. „Der ursprüngliche Name wurde dem breiten Themenspektrum einfach nicht mehr gerecht“, erklärt Philipp Markhardt. Plötzlich ging es auch noch, aber nicht mehr nur um die Spieltagszerstückelung. Das Rad der Kommerzialisierung drehte sich weiter und schneller. „Wir beschäftigen uns auch mit Repressionen seitens der Polizei, mit Fanutensilien, Stadionverboten und der Gewalttäterdatei“, zählt Markhardt auf. ProFans will dabei nicht das Rad der Zeit zurückdrehen, ist kein Verein verklärender, in Nostalgie badender Romantiker. Es geht um Maß und Verhältnismäßigkeit.
ProFans rekrutiert sich vornehmlich aus den Ultra-Szenen, Stand jetzt sind etwa 40 Gruppen in der Initiative organisiert. Zwei Mal im Jahr gibt es ein Treffen, zu dem die Teilnehmer ihre Vetreter entsenden, der letzte Kongress tagte im Juli 2011 in Mainz. Da wurden die Kernthemen der neuen Spielzeit diskutiert – und damit eine Rückkehr zu den Wurzeln. „Denn bald werden ja die TV-Rechte neu vergeben“, sagt Markhardt, „die DFL hat zwar gesagt, es werde nicht weiter gesplittet, aber das glaube ich erst, wenn es wirklich soweit ist.“
Homepage: www.profans.de
Kontakt: kontakt@profans.de
BAG – Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte, kurz BAG, hat ihre Nische im Pool der vielen Initiativen gefunden, indem sie sich auf jugendliche und heranwachsende Fußballfans konzentriert. Mit dieser Altersgruppe soll präventiv und sozialpädagogisch gearbeitet werden. Das kann in einem Fitness-Sommercamp, auf einer Tagung oder in Fußballschulen passieren. Die BAG will jugendliche Subkulturen erhalten und fördern.
Interessant ist, dass sogenannte „Problemgruppen“ wie Hooligans oder Skinheads bei der BAG nicht ausgegrenzt werden. Wider dem Status Quo im Fußball wird hier der Dialog gesucht. Das passt zum Selbstverständnis, sich nicht „als statisches Konstrukt, sondern als lernendes System, welches seine Grundsätze stets überprüft (…) und sie bei Bedarf an gesellschaftliche Entwicklungen anpasst“, zu sehen. Klingt nach zu viel verkopfter Zerredung, sagt ihr? Ist aber „im Sinne einer kritischen Lobby“ und „für den Erhalt von Fanszenen“, sagt die BAG.
Homepage: www.bag-fanprojekte.de
Kontakt: info@bag-fanprojekte.de
Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren
„Pyrotechnik legalisieren“ setzt sich für den verantwortungsbewussten Umgang mit Bengalos, Fackeln und Feuern ein und ist von den hier vorgestellten Initiativen wohl die mit der zuletzt größten medialen Präsenz. Das Konglomerat aus mehr als 150 Ultra-Gruppen entwarf nämlich eine konstruktive Streitschrift, an der Vertreter des DFB und der DFL nicht mehr vorbeikamen. So setzte man sich endlich zusammen, die offiziellen Instanzen sagten den Dialog zu, die Initiative erklärte sich im Gegenzug zu einem Pyro-Verzicht bis zum 22. August bereit. Es ist ein Annähern, ein zaghaftes zwar nur, aber es nährt die Hoffnung, der rigorosen Null-Toleranz-Politik in deutschen Stadien eine vernünftige Alternative an die Seite zu stellen. „Beide Seiten sind gesprächsbereit“, sagt Jannis Busse, Sprecher der Gruppe, „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass Fans in nicht allzu ferner Zukunft Bengalos legal abbrennen können.“
Um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen, müssen vor allem zwei Punkte geklärt werden: „Die Schaffung von Rahmenbedingungen für legales Abbrennen von Pyrotechnik“, wie es das Manifest der Gruppe formuliert, einerseits, und dazu „eine Eigenverantwortung für Fanszenen und Vereine.“ Vielleicht ist das österreichische Vorbild eine Lösung: in der Bundesliga des Nachbarlandes gilt eine Regelung, die das legale Zündel unter Auflagen erlaubt. Pyros müssen bei den Behörden angemeldet, von Sicherheitsexperten kontrolliert und in ausgewiesenen Zonen abgebrannt werden. Vielleicht kann in den gemeinsamen Treffen aber auch eine eigener, deutscher Weg erarbeitet werden. Ein Kompromiss, der Rauchtöpfe nicht per se als Hooliganismus oder martialisches Verletzungsrisiko deckelt, sondern die leidenschaftliche und visuelle Wirkung berücksichtigt. Unterstützt wird „Pyrotechnik legalisieren“ übrigens von der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte, reger Zulauf ist aus allen Ecken der Bundesrepublik zu verzeichnen. Fast im wöchentlichen Rhythmus schließen sich weitere Fanszenen und Vereine dem Vorhaben an.
Homepage: www.pyrotechnik-legalisieren.de
Kontakt: info@pyrotechnik-legalisieren.de
Bunte Kurve
Die kleine Faninitiative aus dem Leipziger Raum startete im April 2006 als „Wir sind Ade“ und schaffte es bundesweit in die Schlagzeilen. Der Protest für Adebowale Ogungbure, damaliger nigerianischer Spieler im Kader vom FC Sachsen, und gegen die rassistischen Anfeindungen war mutig und wichtig. Heute spielt Ogungbure nicht mehr in Leipzig, als „Bunte Kurve“ steht die mehrheitlich linkspolitisch geprägte Gruppe aber immer noch für Toleranz in Fußballstadien ein. Zur Aktionspalette gehören Demonstrationen, Kinoabende und Ausstellungen. Zuletzt wurden auf Geheiß der Kurve in Leipzig ein Stolperstein verlegt, im Oktober 2010 las Paul Canoville, erster schwarzer Profispieler bei Chelsea London, aus seiner Biographie.
Dass man vor allem auf lokaler und regionaler Ebene agiere, sei nicht schlimm, erklärt Christopher Zenker: „Im Kleinen, also aus der eigenen Fanszene heraus, erreicht man oft mehr. Und vielleicht findet sowas ja dann bundesweit Nachahmer …“ Das Credo für erfolgreiche, effektive Antidiskrimierungsarbeit liefert der Sprecher gleich mit: „Man sollte nicht nur bei ganz konkreten Vorfällen aktiv werden und auch nicht erst, wenn schon was passiert ist. Agieren statt reagieren, das ist unser Motto.“
Homepage: www.bunte-kurve.de
Kontakt: info@bunte-kurve.de
KOS – Koordinationsstelle Fanprojekte
Seit 1993 existiert die KOS, um Fanprojekte zu begleiten, zu koordinieren und weitere Projekte zu initiieren. Ihre Arbeit fußt auf dem nationalen Konzept für Sport und Sicherheit (NKSS). Stattliche 46 Standorte mit 51 Fanszenen werden betreut und dazu, in regelmäßigen Abständen, fußballerische Großprojekte, aktuell das Fan- und Besucherbetreuungsprogramm zur EM 2012. Wie man sich das konkret vorstellen darf? „Wir informieren und zerstreuen Vorurteile. Bei der WM in Südafrika hieß es, alle Reichen würden sicherlich ausgeraubt oder entführt werden“, führt Volker Goll aus, „und jetzt, mit Blick auf das Turnier in Polen und der Ukraine, grassiert die Angst vor Hooligans, vor unfertigen Stadien und mangelhafter Infrastruktur.“
Die KOS ist bei der deutschen Sportjugend in Frankfurt am Main angesiedelt, vier Referent/innen und eine Verwaltungsfachkraft arbeiten hier – „Leute, die früher selbst bei Fanprojekten engagiert waren“, verweist Goll. Eine emotionale Nähe ist also vorhanden, genauso wie Empathie, Einfühlungsvermögen und Sensibilität für Fanbelange, so dass diese nicht an einer bürokratischen Mauer zerschellen. Alle zwei Jahre tagt die Bundeskonferenz und diskutiert neue Kernthemen, der Beirat kommt zweimal im Jahr zusammen. Ganz neu vergibt die Koordinationsstelle auch Qualitätssiegel für Fanprojekte, wird so zu einer Art Stiftung Warentest für Kurven und Initiativen.
Homepage: www.kos-fanprojekte.de
Kontakt: kos.fanprojekte@dsj.de
Unsere Kurve
Unsere Kurve setzt sich seit Jahren auf allen relevanten Ebenen für den Erhalt der 50+1‑Regelung ein und konnte bereits in vielen Vereinen einen zusätzlichen Schutz der Mitgliederrechte durch die Aufnahme in die Vereinssatzungen erreichen. Gegründet 2005 während des 4. Bundestreffen der deutschen Fanabteilungen, „suchen wir aus der Mitte der in den Vereinen organisierten Fans einen konstruktiven Dialog mit Vereinen, DFL, DFB, UEFA und politischen Entscheidungsträgern rund um das Thema Fußball, um die Interessen, Vorstellungen und Ziele des aktiven Fußballfans in den Mittelpunkt zu rücken“, wie es die Initiatoren auf ihrer Homepage verkünden.
Durch die Initiative der Gruppe kam die Änderung der Stadionverbotsrichtlinien ins Rollen. Die neuen Stadionverbotsrichtlinien traten zum 31. März 2008 in Kraft und legten u.a. die Reduzierung der Höchststrafe von fünf auf drei Jahre Stadionverbot fest.
Nur Faninitiativen, die in die vereinspolitische Fanarbeit integriert sind, können Mitglied werden.
Homepage: www.unserekurve.de
E‑Mail: info@unserekurve.de