In Duisburg und Bochum wurde Werner „Eia“ Krämer zur Ruhrpott-Legende. Zu Bundestrainer Helmut Schön sagte er: „Dat Biertrinken, dat können Sie mir nicht nehmen!“ Heute wäre er 80 Jahre alt geworden. Eine Erinnerung.
Es gibt Momente im Leben, die vergisst man nicht. Den ersten Schultag. Den ersten Kuss. Oder die erste Flanke von „Eia“ Krämer.
Hans Walitza, der immer noch unvergessene Torjäger vom VfL Bochum, kann sich noch ganz genau daran erinnern. „Aufstiegsrunde 1970, das erste Spiel gegen Kickers Offenbach. Auf rechts hat sich Eia durchgetankt und schlägt eine unglaubliche Flanke.“ Walitza fliegt durch die Luft, erwischt den Ball mit dem Kopf und erzielt eines der schönsten Tore der Bochumer Fußball-Geschichte. „Ich habe den Arjen Robben am Wochenende gesehen“, sagt Walitza. „Ein fantastischer Spieler! Schnell. Eine enge Ballführung. Die Flanken wie Schüsse. So war Eia Krämer.“
Am 12. Februar 2010 starb der Bundesliga-Held von einst. Der Dialysepatient war in seinen letzten Lebensjahren gesundheitlich so schwer gezeichnet, dass seine ehemaligen Mitspieler ihn fast nicht wieder erkannten. „Vor zwei Jahren trafen wir uns im Vorfeld des deutschen Länderspiels gegen die Schweiz“, erzählt Willi Schulz, der 1966 bei der Weltmeisterschaft und später beim Hamburger SV gemeinsam mit Krämer gegen den Ball trat, „wir gingen zum Frühstück und er zur Dialyse. Es war unglaublich traurig.“
„Wir gingen zum Frühstück, er zur Dialyse“
Beim 80. Geburtstag des Bochumer Ehrenpräsidenten Ottokar Wüst im Dezember 2005 steht natürlich auch Krämer auf der Gästeliste. „Als ich ihn sah“, erinnert sich Hans Walitza, „musste ich weinen. Er war so schwer gezeichnet.“ Doch die Erinnerung an den Fußballer „Eia“, bleibt nicht nur den Veteranen erhalten. Erstmals auf der deutschen Fußball-Bühne im Sommer 1959, avanciert Krämer schnell zu einem der aufregendsten Offensivspieler der Oberliga West. Längst schon nennen ihn alle nur „Eia“ und die Geschichte hinter dem so geheimnisvollen Spitznamen ist fast beschämend simpel: Seit der junge Werner Schulkameraden mit Eiern bombardierte, rufen ihn die Jungens aus der Nachbarschaft im tiefen Ruhrpott-Deutsch „Eia“.
1963 gehört er mit seinem Heimatverein Meidericher SV zu den Gründungsmitgliedern der neu geschaffenen Bundesliga und schenkt dem Karlsruher SC unter den Augen von Bundestrainer Sepp Herberger gleich mal zwei Hütten ein. „Er war schlichtweg genial“, schwärmt Schulz von dem Mann, den er in den ersten Jahren noch als Gegenspieler vor sich hatte. Für den Verteidiger eine grausame Aufgabe: „Er war so schnell, so trickreich und wenn er wollte ist einfach vom rechten auf den linken und dann wieder auf den rechten Flügel gewechselt.“
Wo liegt Meiderich?
Der MSV aus Duisburg wird in der ersten Bundesliga-Saison Zweiter hinter dem 1. FC Köln und verhilft damit einem ganzen Stadtteil zu nationaler Berühmtheit. Vor dem ersten Spieltag hatte HSV-Star Uwe Seeler noch gefragt: „Meiderich, wo liegt das denn?“, was den kleinen Verein aus dem Ruhrgebiet zu einer längst legendären Vereinshymne animierte: Dem „Zebra-Twist“. Seither singen sie im Wedaustadion: „Zebrastreifen weiss und blau, ein jeder weiss genau: das ist der MSV! Wo alle Mann, mit Helmut Rahn, sie kämpfen, greifen an, gut abgewehrt, und wieder vor, dann Krämer, Pass und Tor.“