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Schüch­tern sah er aus, der junge Bur­sche aus der letzten Reihe auf dem Mann­schafts­foto des Ber­liner Ober­li­gisten Tür­ki­y­em­spor. 1996 war ja noch nicht damit zu rechnen, welche Kar­riere der Ber­liner Ümit Karan noch vor sich hatte. Michael Fuß, damals auch bei Tür­ki­y­em­spor, erin­nert sich an einen eher zurück­hal­tenden Mit­spieler: »Ümit war damals nicht mal so ein Guter, aber er hat sich gut ent­wi­ckelt.« Sehr gut sogar, am Mitt­woch­abend kommt Karan in seine Hei­mat­stadt zurück, als Tor­jäger von Gala­ta­saray Istanbul im Spiel gegen Hertha BSC.



Ümit Karan ist heute nicht mehr zu über­sehen. Auf dem Platz fällt er auf mit Tempo, Tricks, Toren – und seiner Rücken­nummer. Weil bei Gala­ta­saray Hakan Sükür einst Karans Stamm­nummer 9 trug, ent­schied er sich für die 99 auf dem Trikot. Die 99? Die ist in vielen Sport­arten denen vor­be­halten, die es gigan­tisch besser können als der Rest. Aber Karan ist eben mutig. Seine Ber­liner Sozia­li­sa­tion schim­mert schon mal durch. Als vor zwei Jahren in der Türkei eine Dis­kus­sion um schwule Fuß­baller tobte, betei­ligte er sich nicht an der Anpran­gerei, son­dern sagte auf­ge­klärt: »Wenn es schwule Fuß­baller gibt, ist das deren Pri­vat­sache.«

Er ging oft weg – aber auch früh nach Hause

Ein Mann für große Worte sei Karan in Berlin nicht gewesen, erin­nert sich Michael Fuß, der heute bei Ober­li­gist Tennis Borussia spielt. »Er war so wie alle in dem Alter. Wir sind viel weg­ge­gangen. Aber Ümit hat sich immer früh abge­seilt, wenn wir am nächsten Tag ein Spiel hatten.«

Das Abseilen hat sich gelohnt, der Weg von Moabit nach Istanbul war für Karan nicht weit. Im Nord­ber­liner Bezirk hatte Karan in seiner Jugend bei Minerva 93 gekickt. Über Hertha Zehlen­dorf betrat er das Schau­fenster Tür­ki­y­em­spor: Nir­gendwo sonst in Deutsch­land for­schen Späher so sehr nach pas­sa­blen Spie­lern mit tür­ki­schen Wur­zeln. Talent­scout Erdal Keser erin­nert sich: »Wir haben uns für die Spieler inter­es­siert, bevor sie in der Bun­des­liga den Durch­bruch schafften.« Mehr als 40 Spieler von Tür­ki­y­em­spor haben den Sprung in die erste oder zweite tür­ki­sche Liga geschafft – Karan ist der pro­mi­nen­teste. Er hat es bis in die tür­ki­sche Natio­nal­mann­schaft geschafft.

Sein Vater trai­nierte Tür­ki­y­em­spor

Dabei ist Karans Ver­bun­den­heit mit Berlin groß. Sein ver­stor­bener Vater Süleyman trai­nierte bei Tür­ki­y­em­spor, Bruder Aykut spielte dort. Aykut sagte nach einem unter­klas­sigen Inter­mezzo in der Heimat der Eltern, dass junge Spieler oft zu früh in die Türkei gingen und ihnen nach dem Schei­tern der Sprung in eine gute deut­sche Mann­schaft ver­baut sei. Das Schicksal blieb Ümit erspart. Den Durch­bruch in der Türkei hatte er bei Erst­li­gist Gen­ç­ler­bir­ligi Ankara, von dort aus ging es 2001 zu Gala­ta­saray. Ein Kar­rie­re­knick war 2005 die Aus­leihe zu Anka­raspor, er kehrte aber zu Gala­ta­saray zurück.

Einige Flirts mit dem Geburts­land gab es bei Ümit Karan. Den hef­tigsten hatte er vor fünf Jahren – mit Hertha BSC. 2005 war er der Bun­des­liga noch näher, reiste sogar nach Mar­bella ins Trai­nings­lager von Borussia Mön­chen­glad­bach und ging doch in die Türkei zurück. Die wird er viel­leicht noch einmal ver­lassen zum Fuß­ball­spielen. Karan ist inzwi­schen 32 Jahre alt, angeb­lich hat er Ange­bote aus den Ver­ei­nigten Ara­bi­schen Emi­raten.

Am Mitt­woch hat er seinen großen Auf­tritt in Berlin. Im Juli 2003 hat er bei einem Test­spiel gegen Hertha (4:1 für die Ber­liner) bereits im Olym­pia­sta­dion ein Tor erzielt. »Ich hoffe, dass er auch Mitt­woch eines macht«, sagt der eins­tige Mit­spieler Fuß. »Ümit wusste schon damals bei Tür­ky­iem­spor, wo das Tor steht.«