Niemand streichelte den Ball so liebevoll wie Dimitar Berbatov. Vor dem größten Spiel seiner Karriere strich ihn sein Trainer aber aus dem Kader. Warum nur? Eine Liebeserklärung zum 40. Geburtstag.
Ein Fußballprofi kann in einer Karriere viele große Spiele bestreiten. UI-Cup-Halbfinals, Europa-League-Sechzehntelfinals, Confed-Cup-Vorrundenspiele. Aber für ewig bleiben, wie man im Fußball gerne hochtrabend sagt, nur zwei Spiele: ein WM-Finale und ein Champions-League-Finale.
Dimitar Berbatov dürfte recht bald gemerkt haben, dass ein WM-Finale für ihn schwierig wird. Er ist Bulgare. Also konzentrierte er sich auf die Champions League. Mit Bayer Leverkusen spielte er sein erstes Endspiel 2002 gegen Real Madrid. Er saß auf der Bank und kam in der 39. Minute für den verletzten Thomas Brdaric ins Spiel. Leverkusen verlor 1:2. Sieben Jahre später erreichte er erneut das Finale, seine Mannschaft hieß nun Manchester United, der Gegner FC Barcelona. Wieder war Berbatov Ersatz, in der 69. Minute durfte er für Park Ji-sung rein. Das Spiel endete 0:2.
2011 schaffte es Berbatov ein drittes und letztes Mal ins Champions-League-Finale. Er war in der Form seines Lebens, in der Premier League hatte er für Manchester United 21 Mal getroffen und war gemeinsam mit Carlos Tevez Torschützenkönig geworden.
„Berbs, it’s killing me, but I need to leave you out.“
Wieder war Guardiolas Barcelona der Gegner, und wieder waren die Katalanen Favorit. Aber vielleicht, so dachten einige United-Fans, würde ihrer Mannschaft durch eine magische Berbatov-Aktion die Überraschung gelingen. Ein gefühlvoller Heber in der 90. Minute, ein Dribbling durch acht Verteidiger. Berbatov, der Berbatov-Dinge tut.
Dann klingelte sein Handy, Alex Ferguson war dran, und der sagte: „Berbs, it’s killing me, but I need to leave you out.“ Der Trainer setzte auf Wayne Rooney und Chicharito, Berbatov saß 90 Minuten auf der Bank – mit finsterer Miene in ein großes Handtuch eingewickelt. Manchester United verlor 0:3.
Immerhin, Berbatov ist damit der beste und coolste Spieler aller Zeiten, der nie die Champions League gewonnen hat. Der beste und coolste Spieler? Klar! Und bevor jemand eine andere Meinung in irgendeine Kommentarleiste schnappatmet, zitieren wir schnell den legendären DJ John Peel: „You may dispute this, but I’m right and you’re wrong!” Zwinkersmiley.
Denn es ist doch so: Dimitar Berbatov konnte alles am Ball. Wirklich alles! Klar, das sagt man oft über Spieler, die technisch beschlagen sind, aber es gibt nur eine Handvoll Fußballer, bei denen das wirklich stimmt.
Berbatov war keine Spielermaschine, kein Fitness- und Ernährungsfreak, kein Trainingsstreber, kein Modellathlet, kein Cristiano Ronaldo, aber genau das machte ihn so faszinierend. Manchmal schlenderte über den Platz wie ein Langzeitstudent auf dem Weg in die Teeküche, und im Vorbeigehen pflückte er mit dem Außenrist Pässe vom Himmel, die mit 300 km/h und in zwei Meter Höhe auf ihn zuschossen wie Raketen.
Niemand ließ das Schwere so leicht aussehen. Niemand machte das Komplizierte so lässig und elegant. Berbatov spielte Fußball wie andere in Jazz-Clubs mit dem Finger schnippen oder in französischen Arthouse-Filmen an Gitanes-Zigaretten ziehen.