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Wenige Stunden nachdem André Brei­ten­reiter dann doch gehen musste, war es klar: Als nächstes gelingt ihnen in Han­nover ver­mut­lich die Qua­dratur des Kreises. Denn die Vor­stel­lung von Thomas Doll als neuem Trainer von Han­nover 96 kommt der Sache schon erstaun­lich nahe. Ein­fach, weil sie so über­ra­schend und wenig über­ra­schend zugleich ist.

Zum einen tauchte Doll in den Gerüch­te­kü­chen von Bou­le­vard und Fach­blät­tern ein­fach nicht auf. Dort waren für die Brei­ten­reiter-Nach­folge eher Namen wie Mirko Slomka oder Markus Gisdol zu finden. Ande­rer­seits ist Doll nicht gerade ein auf­re­gender Jung-Trainer, dessen Bio­gra­phie sich nur mit Mühe und Not zusam­men­setzen lässt.

Thomas hat bei all seinen bis­he­rigen Sta­tionen erfolg­reiche Arbeit geleistet und immer wieder den Nach­weis erbracht, dass er vor­ge­ge­bene Ziele erreicht – sowohl im Kampf um den Klas­sen­er­halt als auch um Titel und die Teil­nahme am inter­na­tio­nalen Geschäft“, sagte Han­no­vers Manager Horst Heldt.

Die eigent­liche Leis­tung

Da hat er nicht Unrecht. Mit dem Ham­burger SV erreichte Doll 2006 Platz drei (!) und zog in die Cham­pions League ein. Dafür wurde er dann sogar zum Mann des Jahres im deut­schen Fuß­ball“ gewählt. Und warum auch nicht? Nur unter Ernst Happel war man davor ähn­lich erfolg­reich gewesen und über­haupt ins­ge­samt nur sieben Mal erfolg­rei­cher in der ruhm­rei­chen Bun­des­liga-His­torie des HSV.

Mit Borussia Dort­mund hielt Doll zunächst die Klasse, ehe er 2008 ins DFB-Pokal­fi­nale einzog (und mit 1:2 n.V. gegen Bayern Mün­chen verlor). Dann machte er Platz für Jürgen Klopp. Und nicht wenige in Dort­mund finden noch heute, dass das die eigent­liche Leis­tung war.

Dem Rest der Fuß­ball­re­pu­blik war das ganz egal. Der freute sich an einer legen­dären Pres­se­kon­fe­renz, auf der alles Bla­blabla“ war und wäh­rend der Doll sich den Arsch“ ablachte. 

Kack­scheiße“

Anschlie­ßend ging es über Gen­ç­ler­bir­liği Ankara (Türkei) und Al-Hilal (Saudi-Ara­bien) zu Feren­cváros Buda­pest nach Ungarn. Doll schien einer dieser Glo­be­trotter-Trainer zu werden, von denen man einmal im Jahr zu lesen bekommt. Ent­weder werden sie dann (unter meist dubiosen Umständen) ent­lassen oder aber Meister. Doll wurde Meister (2016) und Pokal­sieger (2015, 2016, 2017) in Ungarn, zudem Trainer des Jahres 2016. Dann wurde er ent­lassen. Obwohl Feren­cváros Tabel­len­führer war.

Jetzt hörte man wieder häu­figer von Doll, weil er ja jetzt Zeit hatte, auch, um in deut­schen Fern­seh­sen­dungen zu sitzen. Da fiel er mal nicht weiter auf, mal negativ. Wie im November 2018, als er Lisa Müller, der Frau von Bay­erns Thomas Müller, in einer Sen­dung emp­fahl, sich zurück­zu­halten. Was den eben­falls anwe­senden Jour­na­listen Rafael Busch­mann dazu brachte, von sexis­ti­scher Kack­scheiße“ zu reden.

Spötter könnten nun meinen, dass das der Moment gewesen sein muss, in dem man in Han­nover hell­hörig wurde. Schließ­lich jubeln in Han­nover alternde Granden wie Ger­hard Schröder, Carsten Maschmeyer und Dirk Ross­mann durch die Mei­nungs­ho­heiten und um Ver­eins­boss Martin Kind herum. Aber viel­leicht suchte man ja tat­säch­lich nur einen, über den Horst Heldt sagen konnte: Als ehe­ma­liger Fuß­baller weiß Thomas, wie die Spieler ticken. Er ist bekannt als akri­bi­scher Arbeiter mit einer klaren Ansprache.“

Als großer Erneuerer ist Doll aller­dings nicht bekannt. Dabei wäre es das gewesen, was Han­nover drin­gend gebraucht hätte. 

So bleibt 96 ein Klub, der nach dem Prinzip Kann man schon so machen“ zu leben scheint. Statt auf hoff­nungs­volle Talente, die inner­halb kurzer Zeit ihren Markt­wert ver­viel­fa­chen und dem Klub mit höhen Ablösen neue Per­spek­tiven ermög­li­chen, setzt man in Han­nover bes­ten­falls auf das Prinzip Der hat schonmal gezeigt, dass er es kann, wird bestimmt wieder“.

Es bleibt fan­ta­sielos

Einzig die Eigen­ge­wächse wie Wal­demar Anton oder Noah Sarenren Bazee bilden, ebenso wie der Transfer von Walace, eine (nicht hin­rei­chende) Aus­nahme. Kevin Akpo­guma ist nur geliehen, Ben­jamin Hadzic oder Flo­rent Mus­lija haben ebenso wie Iver Fossum (noch) nicht nach­weisen können, dass sie sport­lich und lang­fristig finan­ziell Mehr­werte bieten.

Immerhin: Viel zu ver­lieren hat man in Han­nover nicht. Der Abstieg käme nicht mehr über­ra­schend, im schlimmsten Fall wird es dann über Thomas Doll heißen: Da konnte er auch nichts mehr machen.

Viel zu gewinnen aller­dings auch nicht. Auch wenn das kleine Wunder Klas­sen­er­halt noch gelingen sollte, die Fan­ta­sie­lo­sig­keit des Klubs bliebe bestehen.

Immerhin das mit der Qua­dratur des Kreises wäre dann geschafft.