Mit der Verpflichtung von Marco Rose wollten sie einen anderen Ansatz wählen bei Borussia Mönchengladbach. Der war auch sofort sichtbar, nur nicht sonderlich schön. Dass sich das inzwischen geändert hat, ist zumindest in einer Hinsicht ein ziemlich furchtbares Signal.
Als Stefan Lainer eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in den Spielen gegen Fortuna Düsseldorf (2:1) und die TSG Hoffenheim (3:0) zu einem ungeheuren Vorlagengeber verwandelt. Denn noch immer pöhlte er den Ball mit der Ästhetik einer Wurfaxt zum Mitspieler, doch nun standen sie dort, wohin Lainers Abspiel sich verschlagen hatte. Und siehe da: es ward gut. Denn Lainer hatte nichts verändert, nur wussten seine Gefährten inzwischen, was er tat.
Doch das ist es nicht allein. Die körperliche Wucht, die die Neuzugänge wie eben Lainer aber auch Marcus Thuram, Breel Embolo und Linksverteidiger-Backup Rami Bensebaini auf den Platz bringen, ist von solch augenscheinlichem Ausmaß, dass sie sich in Frankfurt schon vollkommen zurecht Sorgen um ihren vermeintlich markengeschützten Begriff der „Büffelherde“ machen. Denn Borussia Mönchengladbach 2019/20 war von Beginn an erfolgreich in dieser Spielzeit, auch ohne Fußball zu spielen und einfach nur, weil sie den Gegner in die Niederlage panzerten. Dass dabei selbst vermeintliche Leichtgewichte wie Patrick Herrmann und Techniker wie Florian Neuhaus oder László Bénes zu kleinen Pressing-Rammböcken mutierten, verwundert, zeigt aber auch, wie wenig Zufall die neue Borussia in sich bürgt.
Eberls neues Mantra
Womit sich auch die dann vielleicht doch größte Veränderung dieses Vereins erklären ließe. Denn wenn Marco Rose vor der Saison sinngemäß sagte, er wolle die Anhängerschaft von der Art und Weise des fußballerischen Vortrags überzeugen, und also auch dann, wenn dieser nicht immer die erwünschten Resultate mit sich bringt, hat er sein Ziel für den Moment vorzeitig erreicht.
Wo um Borussia und gefühlt seit Ende der Siebziger Jahren eine ewige Skepsis des „Das wird am Ende ja doch nichts“ herrschte, regiert nun ein, wenn auch noch zartes: „Das kriegen wir hin.“ Und aus den ironisch anklingenden „Spitzenreiter“-Gesängen von früheren, kurzzeitigen Tabellenführungen wird ein, wenn auch noch zartes: „Na, mal sehen wohin das noch führt.“ Es hat den Anschein, dass diese Haltung nicht nur auf den Rängen, sondern auch auf dem Platz eine Heimat gefunden hat. Die vielen knappen, späten Erfolge sprechen ebenso dafür wie das in Vergangenheit kaum gekannte Gefühl, etwa bei Borussia Dortmund in Rückstand zu geraten und trotzdem noch zu hoffen, zu versuchen, zu glauben. Egal, in welcher vermeintlichen Krise der Gegner gerade steckte. Egal, wie das Spiel letztlich endete (0:1, bzw. 1:2 im Pokal).
Woraus sich eine famose Wendung ergibt. Denn während Borussias Macher Max Eberl über viele Jahre darauf verwies, dass man nicht „vergessen dürfe, wo wir herkommen“, sprach er vor der Saison und über die Verpflichtung Marco Roses, die zugleich die Verabschiedung des durchaus erfolgreichen Dieter Hecking beschloss, von einem „anderen Ansatz“, den man wählen wolle.
Das klingt nach Floskel. Und ist die volle Wahrheit.