Hummels, Boateng und Müller raus, dafür Sebastian Rudy rein. Bundestrainer Joachim Löw treibt seinen angekündigten Umbruch gnadenlos voran. Eine Analyse.
Ein Mann geht seinen Weg. Konsequent, geradlinig, entscheidungsfreudig. Knapp 15 Monate nach dem desolaten Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2018 treibt Bundestrainer Joachim Löw seinen angekündigten Umbruch bedingungslos voran und nominierte mit Sebastian Rudy ein weiteres, hochbegabtes Talent, das sich in der Nationalelf beweisen soll.
Besondere Umstände erfordern eben besondere Maßnahmen. Ein alter Hase wie Löw weiß das. Erst im Frühjahr strich er die drei Weltmeister Jerome Boateng (30), Mats Hummels (30) und Thomas Müller (29) aus der DFB-Auswahl. Die Nominierung des mit 29 Jahren deutlich jüngeren Rudy ist in dieser Hinsicht ein klares Zeichen: Bei der Nationalelf ist für Spieler, die ihren Zenit bereits lange überschritten haben, kein Platz. Dafür setzt Löw nun auf Spieler, die ihren Zenit bereits lange überschritten haben.
„Hat jemand die Nummer von Jens Hegeler?“
Der Weg in die Zukunft scheint also nur über eine Blutauffrischung zu gehen. Rudys Nominierung überrascht dennoch. Warum sich Löw ausgerechnet für den Hoffenheimer entschied und nicht für Spieler, die ebenfalls in Frage gekommen wären, wie etwa Markus Feinbier, Claus-Dieter Wollitz oder Bernd Hobsch, erklärte der Bundestrainer im Zuge der Kadernominierung. „Wichtig sind für mich Kernkompetenzen“, so Löw. „Die Spieler müssen Fähigkeiten mitbringen, die für mich zentral sind. Ein gutes taktisches Verständnis. Mentalität. Und natürlich einen Erstwohnsitz in Baden-Württemberg.“
Einer davon ist also Rudy. „Ein aufstrebendes Talent. Ich habe mir Aufzeichnungen seiner Spiele bei der U21-Nationalmannschaft 2009 angesehen. Da ist er immer vorangegangen und hat an der Seite von Jens Hegeler brilliert. Apropos, hat jemand dessen Nummer? Nein? Schade.“ Durch seine Spritzigkeit solle Rudy das Mittelfeld beleben, sagte Löw und verwies auf Rudys künstliches Hüftgelenk, mit dem er viel schneller laufe als andere. Auch hier, so Löw, müsse man mit der Zeit gehen und technischen Neuerungen gegenüber aufgeschlossen sein. „Wir prüfen aktuell, ob Rollatoren von der Fifa zugelassen sind. Das gäbe uns auch bei unserem angedachten Umbruch ganz neue Möglichkeiten. Für die letzten zehn Minuten kann man so einen Horst Eckel durchaus nochmal reinwerfen.“