Vor einem halben Jahr geriet der englische Amateurschiedsrichter Ryan Atkin auf einen Schlag in alle Medien: Er hatte sich geoutet. Interviews, Fernsehauftritte, Gespräche mit Fußball-Funktionären folgten. Wie geht es ihm heute?
Ryan Atkin, kurz nach Beginn dieser Saison haben Sie sich zu Ihrer Homosexualität bekannt. Seitdem sind Sie häufig als Gesicht für LGBT-Kampagnen zu sehen, die sich für mehr Gleichberechtigung im Fußball einsetzen. Wie waren die letzten sechs Monate?
Sehr gut! Seit meinem Outing hat auf und neben dem Feld mich niemand beleidigt, mir geht es gut und ich bin ein glücklicher Schiedsrichter.
Menschen haben sich nicht im Geringsten anders Ihnen gegenüber verhalten?
Nein, sie behandeln mich gleich. Ich denke, das hat damit zu tun, dass ich Schiedsrichter bin. Man wird zwar oft angemotzt, wenn man etwas pfeift, aber beleidigt zu werden ist eher selten der Fall.
Das ist überraschend – man hätte glauben können, dass man Ihre Sexualität nimmt, um Sie zu beleidigen …
Wenn wir unseren Job richtig machen, dann sind wir unsichtbar. Ich glaube ein wirklicher Fußballstar, der in Kinderzimmern als Poster hängt, würde eine ganz andere Reaktion hervorrufen.
Vielleicht sollte man aber auch den Leuten mehr zutrauen. In England gibt es mittlerweile viele Kampagnen, auch von der UEFA, die schon Kindern beibringen, dass Rassismus und Homophobie nichts im Fußball zu suchen haben. Dazu kommen noch die Medien, die uns oft unterstützen.
Aber die Medien sind meistens nur da, wenn es passiert, und bleiben nicht, um den Werdegang zu verfolgen …
Ich habe das anders erlebt. Sky Sports beispielsweise setzt sich mit Initiativen in den Ligen ein. Das hat unter anderem damit zu tun, dass sie LGBT-Mitarbeiter in ihren Reihen haben, die sie dadurch unterstützen wollen.
Nun ist die Hinrunde abgehakt. Was für ein Zwischenfazit würden Sie ziehen?
Ich habe das Richtige gemacht, auch wenn es eine schwere Entscheidung war. Ich wusste nicht, ob mein Coming-out überhaupt jemanden interessieren oder ob es mich sogar zur Zielscheibe machen würde. Wie gesagt, auf dem Spielfeld ist noch nichts passiert, doch über soziale Netzwerke habe ich jede Menge Hass abbekommen. Aber: Ich wusste, dass das passieren würde. Und ich war vorbereitet.