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Rune Jar­stein ver­rich­tete am Diens­tag­vor­mittag sein Tor­wart­spiel wie gewohnt – unauf­ge­regt und solide. Rollte ein Angriff der Hertha-Offen­sive auf ihn zu, ging er ein paar Schritte zurück, er nahm eine für Tor­hüter typi­sche Kau­er­po­si­tion ein, die Knie leicht ange­win­kelt, den Ober­körper gespannt. Ein wenig diri­gierte er seine Vor­der­leute, nie aber ließ er dabei den ball­füh­renden Spieler aus den Augen. Der 35 Jahre alte Nor­weger ist ein Meister der Auto­ma­tismen.

Doch inzwi­schen inzwi­schen ist nicht mehr sicher, dass er auto­ma­tisch als Nummer eins in die neue, im Sep­tember star­tende Spiel­zeit gehen wird. Am Diens­tag­nach­mittag ver­mel­dete Hertha BSC die Ver­pflich­tung von Alex­ander Schwolow vom SC Frei­burg.

Wir suchen keine Nummer zwei“

Bruno Labbadia

Bruno Lab­badia hat Jar­stein neu­lich erklärt, dass und warum der Klub auf seiner Posi­tion einen neuen Mann sucht. Wir wollen einen Tor­wart ver­pflichten, der stark genug ist, die Nummer eins zu werden“, hatte Her­thas Trainer gesagt. Und: Wir suchen keine Nummer zwei.“

Nach allem, was in den zurück­lie­genden ein­ein­halb Trai­nings­wo­chen zu sehen war, hat das kei­nerlei Spuren bei Jar­stein hin­ter­lassen. Der Nor­weger weiß um seine Qua­lität. Soll erst mal einer kommen, der ihm den Rang abläuft.

Union war Hertha bei der Tor­wart­suche voraus

Die Suche nach einem sol­chen Tor­wart hat sich nicht ein­fach gestaltet. Tor­hüter mit Poten­zial gibt es einige, solche aber, die sofort helfen, also besser sind als Jar­stein, gibt es kaum. Zumal die halbe Liga in diesem Sommer auf der Suche nach einer Nummer eins ist.

Her­thas Stadt­ri­vale, der 1. FC Union, hat am Montag für seine vakante Posi­tion zwi­schen den Pfosten den Augs­burger Andreas Luthe, 33, geholt. Am Dienstag zog Hertha nach. Mit Alex­ander Schwolow haben wir einen Tor­hüter ver­pflichten können, der genau in unser Anfor­de­rungs­profil passt. Er ist mit seinen 28 Jahren erfahren und hat in den ver­gan­genen Jahren gezeigt, auf wel­chem Niveau er in der Bun­des­liga spielen kann. Dazu passt er als Typ sehr gut in unseren Kader“, sagte Manager Michael Preetz.

Die Ber­liner hatten auf dieser neur­al­gi­schen Posi­tion ohnehin Hand­lungs­be­darf. Der eins­tige Ersatz-Tor­wart Thomas Kraft, 32, hat kürz­lich seine Kar­riere beendet. Her­thas Nummer drei im Tor, der 21-jäh­rige Dennis Smarsch, hat sich gerade dem Zweit­li­gisten FC St. Pauli ange­schlossen. Und selbst Her­thas U‑23-Tor­wart, der 20-jäh­rige Luis Klatte, hat den Verein ver­lassen und beim Dritt­li­gisten FC Hansa Ros­tock unter­schrieben.

Die beiden Letz­teren konnten nicht wirk­lich mit Rune Jar­stein um die Nummer eins im Tor kon­kur­rieren. Selbst Nils Körber, 23, der vom Zweit­li­gisten VfL Osna­brück zurück­ge­kehrt ist, sind die Hand­schuhe des Nor­we­gers noch ein paar Num­mern zu groß.

Fakt ist aber auch, dass die Form des sonst so sicheren Schluss­manns Jar­stein in der abge­lau­fenen Spiel­zeit gelitten hatte. Lab­ba­dias Vor-Vor-Vor­gänger Ante Covic, der das Trai­neramt im vorigen Sommer über­nahm, hatte mit einer neuen Spiel­aus­rich­tung die Mann­schaft ziem­lich durch­ein­an­der­ge­coacht. Die defen­sive Sta­bi­lität ging flöten, sehr zu Lasten Jar­steins.

Als dann Über­gangs­trainer Jürgen Klins­mann in einer seiner ersten Amts­hand­lungen auch noch den lang­jäh­rigen Tor­wart­trainer Zsolt Petry rasierte, irri­tierte das Jar­stein zusätz­lich.

Kan­di­daten en masse

Schließ­lich beor­derte Klins­manns Nach­folger Alex­ander Nouri in den letzten beiden Spielen vor der Unter­bre­chung Thomas Kraft ins Tor. Dass Rune in dieser Saison nicht immer die beste Leis­tung gezeigt hat, wissen wir. Und auch, warum“, sagte Preetz Ende Mai nach einem 2:2 gegen Leipzig, als Jar­stein sich einen Ball selbst ins Tor geboxt hatte.

Zuletzt kur­sierten wilde Spe­ku­la­tionen, wes­halb Lab­badia sich schon lustig machte. Keinen Tag Urlaub hätte er gehabt, wenn er mit allen Kan­di­daten gespro­chen hätte, die gehan­delt würden. Nun also Alex­ander Schwolow, um dessen Dienste auch der FC Schalke 04 buhlte, der Alex­ander Nübel an den FC Bayern ver­loren hatte.

So, wie wir spielen wollen, muss der Tor­wart in der Lage sein, als Über­zahl­spieler mit­zu­wirken“

Bruno Labbadia

Wir haben klare Vor­stel­lungen“, sagte Lab­badia noch am Diens­tag­vor­mittag und ver­riet, worauf es ihm hierbei beson­ders ankomme. Der Neue müsse auch als Fuß­ball­spieler über­zeugen. So, wie wir spielen wollen, muss er in der Lage sein, als Über­zahl­spieler mit­zu­wirken“, sagte Lab­badia.

Natür­lich hätte sich auch her­um­ge­spro­chen, dass Hertha der­zeit über ein gewisses Kapital ver­füge, dank der 50 Mil­lionen Euro, die Investor Lars Wind­horst erst kürz­lich spen­dierte. Im Herbst kommen dann noch einmal 100 Mil­lionen Euro. Das wären zusammen 374 Mil­lionen Euro, die Wind­horst seit Juni vorigen Jahres für dann 66,6 Pro­zent der Anteile in Her­thas aus­ge­la­gerte Fuß­ball­ab­tei­lung inves­tiert hätte.

Man werde die Mann­schaft mit Bedacht und Ver­nunft ver­stärken, hieß es. Für Schwolow habe es eine fest­ge­schrie­bene Ablö­se­summe von acht Mil­lionen Euro gegeben. Lieber ver­zichte ich auf ein, zwei Spieler, inves­tiere dafür aber in Qua­lität“, hatte Her­thas Trainer vor einer Woche gesagt. Die Ansprüche seien hoch. Nun hoffe er, so bald wie mög­lich einen neuen Tor­wart ver­pflichten zu können. Wir sind dran“, sagte Lab­badia mit einem Augen­zwin­kern.

Wenige Stunden später gab es dann Vollzug in dieser wich­tigen Per­so­nalie. Hertha stat­tete Schwolow mit einem mehr­jäh­rigen Ver­trag aus. Die Gespräche mit Lab­badia und Preetz seien klar und fair gewesen, ließ sich Schwolow zitieren. Hertha hat eine große Tra­di­tion und ich möchte jemand sein, der mit viel Lei­den­schaft mit­hilft, den Verein weiter nach vorne zu ent­wi­ckeln.“

Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Koope­ra­tion mit dem Tages­spiegel.