Adama Traoré ist eine Naturgewalt. Mit fairen Mitteln ist Wolverhamptons Angreifer kaum zu bremsen, und genau das war seine Schwachstelle. Bis Traoré ein Wundermittel fand: Baby-Öl.
Anfangs erntete Adama Traoré vor allem eines: Kopfschütteln. Zu sehr erinnerte das, was er da vor dem Anpfiff tat, an das Gehabe von Bodybuildern, die ihre Muskelberge an Wettkampftagen sorgsam einölen, damit die Konturen besser zur Geltung kommen. Auch Traoré gilt in Kollegenkreisen als Bodybuilder, seit er vor einigen Jahren begann, seinen bis dato eher hageren Körper durch exzessives Hanteltraining zu stählen. Doch anders als jene Zeitgenossen, die von einem Leben als „Mister Universum“ träumen, ölt Wolverhamptons Offensiv-Allrounder seine muskelbepackten Arme nicht aus ästhetischen Gründen. Er will sich einfach nur dem Zugriff seiner Gegenspieler entziehen – und das im wahrsten Wortsinne.
Adama Traoré Diarrá, so sein voller Name, ist der schnellste Spieler der englischen Premier League – mit einer amtlich bestätigten Spitzengeschwindigkeit von 37,8 km/h (ermittelt am letzten Spieltag der vergangenen Saison). Bei FIFA 21 bekam er dafür ein Speedrating von 96, das ist absolute Spitze, gleichauf mit Bayerns Alphonso Davies und PSG-Star Kylian Mbappé. So viel Tempo sorgt bei gegnerischen Verteidigern einerseits für Sorgenfalten. Andererseits wählen manche „Bad Boys“ fiese Kniffe (und Griffe), um Traoré auszubremsen. Doch Ende der vergangenen Saison präsentierte der „Wingman“ aus Wolverhampton ein wundersames Mittel gegen faule Tricks: Baby-Öl. Ganz normales, handelsübliches Baby-Öl. Und das Beste daran: Es funktioniert.
„Adama wird ganz einfach glitschiger und schwieriger zu fassen“, frohlockte sein Trainer Nuno Espirito Santo vor der jüngsten Ligapartie der Wolverhampton Wanderers gegen Manchester City (1:4): „So können wir den Vorteil seiner Geschwindigkeit und seine übrigen Talente viel besser für uns nutzen. Einen wie Adama aufzuhalten, war schon immer schwierig, jetzt ist es noch etwas schwieriger. Das mit dem Baby-Öl war nicht meine Idee, aber ich fand es ehrlich gesagt fantastisch.“
Laut englischen Zeitungen wurde der Glitsch-Trick in der medizinischen Abteilung der „Wolves“ ausgeheckt, denn Traorés gefährlichste Waffe, seine Schnelligkeit, war zugleich sein wundester Punkt: Um den spanischen Nationalspieler mit malischen Wurzeln zu stoppen, packten seine Gegenspieler ihn wieder und wieder bei den Armen. Eine brutale Hatz mit bösen Folgen: In der vergangenen Saison erlitt der Gejagte gleich vier Schulterluxationen. Mehrfach stand eine Operation im Raum, einige sprachen sogar schon vom vorzeitigen Karriereende des 25-Jährigen.
„Die Probleme wurden hauptsächlich dadurch verursacht, dass an Adama herum gezogen wurde“, so Nuno Espirito Santo. Einige Gegenspieler hängten sich buchstäblich dran an das Kraftpaket, andere hakten sich einfach unter, sodass enorme Kräfte auf Traorés Schultergelenke einwirkten. Doch die Gefahr ist größtenteils gebannt – dank eines kleinen Fläschchens, das der Rechtsfuß immer in seinem Kulturtäschchen hat und hütet wie einen Schatz. Kurz vor dem Beginn jeder Halbzeit schmiert Traoré seine gewaltigen Unter- und Oberarme großzügig mit Baby-Öl ein.
Um ganz sicher zu gehen, trägt Wolverhamptons Nummer 37 neuerdings auch ein bisschen Öl auf die Ärmel und die Schulterpartie seines Trikots auf, denn der Trick mit den glitschigen Armen hat sich natürlich schnell herumgesprochen bei den Verteidigern der Liga. Doch auch die gute alte Textilbremse ist ungleich schwieriger zu betätigen, wenn das Gewebe mit jenem Öl durchtränkt ist, das von Haus aus Baby-Popos geschmeidig halten und vor wunden Stellen schützen soll.
Wolverhampton-Coach Espirito Santo jedenfalls kann sich gut vorstellen, dass Traorés „letzte Ölung“ vor dem Anpfiff demnächst zahlreiche Nachahmer auf den Plan ruft. „Ja klar, warum nicht?“, grinste der Portugiese und strich sich verschmitzt durch seinen Nikolaus-Bart. „Das Einölen hat sich für Adama als sehr nützlich erwiesen. Ich glaube aber, dass einige Spielertypen das Öl lieber nicht an sich haben wollen – denn das kann nach hinten losgehen.“ Was Espirito Santo meint: Je rutschiger die eigenen Hände, desto schwieriger wird es auch, andere Spieler festzuhalten.
Adama Traoré jedenfalls will das glitschige Gefühl auf seiner Haut nicht mehr missen – zumindest auf dem Platz. Die Anzahl der Schulterluxationen, seit er sich regelmäßig einölt, beträgt: null.