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Seite 2: „Beckenbauer war ein genialer Trainer“

War Mara­dona der här­teste Gegen­spieler Ihrer Kar­riere?
Im Nach­hinein viel­leicht nicht. Ich habe mal gegen Careca, den bra­si­lia­ni­schen Natio­nal­spieler, gespielt. Den habe ich über­haupt nicht in den Griff bekommen.

Im WM-Finale 1990 sollen Sie Andy Brehme sogar die Ecke für den ent­schei­denden Elf­meter ange­sagt haben. Stimmt das?
Das stimmt. Ich habe ihm gesagt, dass Goy­co­chea (der argen­ti­ni­sche Natio­nal­tor­wart, d. Red.) alle Elfer in die rechte Ecke gehalten hatte. Die linke Ecke war nicht seine Scho­ko­la­den­seite. Später war Andy dann doch etwas sauer, weil ich aus­ge­rechnet die Ecke ange­sagt hatte, in die Goy­co­chea dann gesprungen ist.

Glauben Sie, dass Franz Becken­bauer es 1990 bereut hat, dass er Sie 1986 nicht mit nach Mexiko genommen hatte?
Das weiß ich nicht. Aber er war ein unglaub­lich erfolg­rei­cher Trainer. Er hat 1984 die Natio­nal­mann­schaft über­nommen, als der deut­sche Fuß­ball am Boden lag. Dann ist er Vize­welt­meister und Welt­meister geworden. Da kann er nicht viel falsch gemacht haben. Becken­bauer war ein genialer Trainer und hatte eine unglaub­liche Auto­rität.

Auto­rität?
Er war zwar meis­tens recht locker, aber wenn etwas nicht lief, konnte er richtig sauer werden. Nach dem Spiel gegen die Tsche­cho­slo­wakei im WM-Vier­tel­fi­nale hat er uns richtig zusammen gestaucht – obwohl wir gewonnen hatten.

Was haben Sie falsch gemacht?
Wir haben 1:0 geführt und lange gegen zehn Mann gespielt. Trotzdem sind wir ein wenig in Schwie­rig­keiten gekommen. Da war Becken­bauer nachher richtig wütend. Nur zu gewinnen, hat ihm nicht gereicht.

1992 sind Sie mit dem VfB Stutt­gart zum zweiten Mal Deut­scher Meister geworden. War das ein grö­ßerer Tri­umph als 1984, weil der Titel am letzten Spieltag so plötz­lich kam?
Er war schöner. Aber nicht, weil er so plötz­lich kam, son­dern weil ich 1992 eine grö­ßere Rolle gespielt habe. Ich war Kapitän, der ver­län­gerte Arm des Trai­ners und habe im letzten Spiel das ent­schei­dende Tor gemacht.

Trotzdem hat es Sie 1994 aus Stutt­gart weg­ge­zogen. Warum sind Sie aus­ge­rechnet ins exo­ti­sche Japan gegangen?
Ich wollte immer schon ins Aus­land gehen. 1990 wollte ich nach Ita­lien, was aber nicht geklappt hat. 1994 kam dann das Angebot von den Urawa Reds und mir wurde klar, dass es viel­leicht meine letzte Chance war, noch mal ins Aus­land zu gehen – die großen Ligen wollten mich mit 33 nicht mehr.

Was wussten Sie damals über Japan?
Ich war relativ unwis­send. Als das Angebot kam, habe ich mich natür­lich etwas schlau gemacht, aber ins­ge­samt habe ich mich vorher wenig mit Japan beschäf­tigt.

War das Ein­leben schwierig?
Nein. Die Japaner sind sehr freund­liche Leute. Es ist natür­lich vieles anders, unter anderem das Essen. Aber mir hat sofort alles gelegen. Das Ein­leben war deut­lich leichter, als ich es mir vor­ge­stellt hatte. Und in Tokyo habe ich mich trotz der vielen Mil­lionen Ein­wohner direkt wohl und geborgen gefühlt.

Gab es einen großen Medi­en­rummel um Ihre Ver­pflich­tung?
Sicher­lich. Wenn ein Welt­meister in die J‑League kommt, ist das natür­lich etwas Beson­deres. Ich wurde auch öfter mal in Talk­shows ein­ge­laden. Trotzdem war ich ja nicht das ein­zige bekannte Gesicht. Dunga war noch da, Jor­g­inho oder Leo­nardo.

Aber gerade Sie als rie­siger Deut­scher dürften wie ein bunter Hund auf­ge­fallen sein.
Ach, das war in Deutsch­land nicht anders. Da wurde ich auch überall erkannt, wenn ich irgendwo hin­ge­gangen bin. In Japan bin ich natür­lich etwas mehr auf­ge­fallen. Aber das sind sehr zurück­hal­tende Leute. Man merkt zwar, dass man erkannt wird, aber die Japaner lassen einen dann auch in Ruhe.

Trotzdem mussten Sie hin und wieder Auto­gramm­stunden in der U‑Bahn geben.
Wenn man einmal ange­fangen hat Auto­gramme zu schreiben, kann man eben schlecht auf­hören. Einmal wollte ich nur kurz zu einer deut­schen Bäckerei fahren, um Brot zu kaufen. Aber dann wurde ich dort erkannt und habe fast zwei Stunden gebraucht um das Brot zu bekommen.

2006 waren Sie in Japan auf dem Höhe­punkt Ihres Ruhms. Sie haben als Trainer der Urawa Reds die Meis­ter­schaft geholt.
Das Double sogar. Das war was Beson­deres, vor allem weil die Urawa Reds das vorher und nachher nie geschafft haben. Anschlie­ßend gab es auch einen rie­sigen Auto­korso und 200.000 Men­schen standen an der Straße.

Guido Buch­wald, wir wollten eigent­lich vor­nehm­lich über die großen Momente Ihrer Kar­riere spre­chen…
Und nun kommt der dun­kelste Moment?

Wie man es sieht: 1994 hat die Natio­nal­mann­schaft zusammen mit den Vil­lage People den Song »Far away in Ame­rica« auf­ge­nommen. Warum haben Sie da mit­ge­macht?
Warum soll dass ein dunkler Moment gewesen sein? Wir haben unheim­lich viel Spaß gehabt, auch wenn das Ergebnis viel­leicht nicht optimal war.