Deutscher Meister, Weltmeister und gefeierter Trainer in Japan – Guido Buchwald hat viele Erfolge eingefahren. Heute wird der Schwabe 60. Wir sprachen einst mit ihm über japanische Autogrammjäger und Diego Maradonas Flüche.
War Maradona der härteste Gegenspieler Ihrer Karriere?
Im Nachhinein vielleicht nicht. Ich habe mal gegen Careca, den brasilianischen Nationalspieler, gespielt. Den habe ich überhaupt nicht in den Griff bekommen.
Im WM-Finale 1990 sollen Sie Andy Brehme sogar die Ecke für den entscheidenden Elfmeter angesagt haben. Stimmt das?
Das stimmt. Ich habe ihm gesagt, dass Goycochea (der argentinische Nationaltorwart, d. Red.) alle Elfer in die rechte Ecke gehalten hatte. Die linke Ecke war nicht seine Schokoladenseite. Später war Andy dann doch etwas sauer, weil ich ausgerechnet die Ecke angesagt hatte, in die Goycochea dann gesprungen ist.
Glauben Sie, dass Franz Beckenbauer es 1990 bereut hat, dass er Sie 1986 nicht mit nach Mexiko genommen hatte?
Das weiß ich nicht. Aber er war ein unglaublich erfolgreicher Trainer. Er hat 1984 die Nationalmannschaft übernommen, als der deutsche Fußball am Boden lag. Dann ist er Vizeweltmeister und Weltmeister geworden. Da kann er nicht viel falsch gemacht haben. Beckenbauer war ein genialer Trainer und hatte eine unglaubliche Autorität.
Autorität?
Er war zwar meistens recht locker, aber wenn etwas nicht lief, konnte er richtig sauer werden. Nach dem Spiel gegen die Tschechoslowakei im WM-Viertelfinale hat er uns richtig zusammen gestaucht – obwohl wir gewonnen hatten.
Was haben Sie falsch gemacht?
Wir haben 1:0 geführt und lange gegen zehn Mann gespielt. Trotzdem sind wir ein wenig in Schwierigkeiten gekommen. Da war Beckenbauer nachher richtig wütend. Nur zu gewinnen, hat ihm nicht gereicht.
1992 sind Sie mit dem VfB Stuttgart zum zweiten Mal Deutscher Meister geworden. War das ein größerer Triumph als 1984, weil der Titel am letzten Spieltag so plötzlich kam?
Er war schöner. Aber nicht, weil er so plötzlich kam, sondern weil ich 1992 eine größere Rolle gespielt habe. Ich war Kapitän, der verlängerte Arm des Trainers und habe im letzten Spiel das entscheidende Tor gemacht.
Trotzdem hat es Sie 1994 aus Stuttgart weggezogen. Warum sind Sie ausgerechnet ins exotische Japan gegangen?
Ich wollte immer schon ins Ausland gehen. 1990 wollte ich nach Italien, was aber nicht geklappt hat. 1994 kam dann das Angebot von den Urawa Reds und mir wurde klar, dass es vielleicht meine letzte Chance war, noch mal ins Ausland zu gehen – die großen Ligen wollten mich mit 33 nicht mehr.
Was wussten Sie damals über Japan?
Ich war relativ unwissend. Als das Angebot kam, habe ich mich natürlich etwas schlau gemacht, aber insgesamt habe ich mich vorher wenig mit Japan beschäftigt.
War das Einleben schwierig?
Nein. Die Japaner sind sehr freundliche Leute. Es ist natürlich vieles anders, unter anderem das Essen. Aber mir hat sofort alles gelegen. Das Einleben war deutlich leichter, als ich es mir vorgestellt hatte. Und in Tokyo habe ich mich trotz der vielen Millionen Einwohner direkt wohl und geborgen gefühlt.
Gab es einen großen Medienrummel um Ihre Verpflichtung?
Sicherlich. Wenn ein Weltmeister in die J‑League kommt, ist das natürlich etwas Besonderes. Ich wurde auch öfter mal in Talkshows eingeladen. Trotzdem war ich ja nicht das einzige bekannte Gesicht. Dunga war noch da, Jorginho oder Leonardo.
Aber gerade Sie als riesiger Deutscher dürften wie ein bunter Hund aufgefallen sein.
Ach, das war in Deutschland nicht anders. Da wurde ich auch überall erkannt, wenn ich irgendwo hingegangen bin. In Japan bin ich natürlich etwas mehr aufgefallen. Aber das sind sehr zurückhaltende Leute. Man merkt zwar, dass man erkannt wird, aber die Japaner lassen einen dann auch in Ruhe.
Trotzdem mussten Sie hin und wieder Autogrammstunden in der U‑Bahn geben.
Wenn man einmal angefangen hat Autogramme zu schreiben, kann man eben schlecht aufhören. Einmal wollte ich nur kurz zu einer deutschen Bäckerei fahren, um Brot zu kaufen. Aber dann wurde ich dort erkannt und habe fast zwei Stunden gebraucht um das Brot zu bekommen.
2006 waren Sie in Japan auf dem Höhepunkt Ihres Ruhms. Sie haben als Trainer der Urawa Reds die Meisterschaft geholt.
Das Double sogar. Das war was Besonderes, vor allem weil die Urawa Reds das vorher und nachher nie geschafft haben. Anschließend gab es auch einen riesigen Autokorso und 200.000 Menschen standen an der Straße.
Guido Buchwald, wir wollten eigentlich vornehmlich über die großen Momente Ihrer Karriere sprechen…
Und nun kommt der dunkelste Moment?
Wie man es sieht: 1994 hat die Nationalmannschaft zusammen mit den Village People den Song »Far away in America« aufgenommen. Warum haben Sie da mitgemacht?
Warum soll dass ein dunkler Moment gewesen sein? Wir haben unheimlich viel Spaß gehabt, auch wenn das Ergebnis vielleicht nicht optimal war.