Werder-Blogger Lars Kranenkamp dachte eigentlich, dass ihm nach dem Klassenerhalt ein großer Stein vom Herzen fallen würde. Stattdessen spürt er eine ganz neue Leere.
Die Saison begann für uns trotz aller dagegen sprechender Wahrscheinlichkeiten allein wegen der Rückkehr des heiligen Pizarro latent euphorisch. Er und Clemens Fritz sollten einen bunten Haufen, teils etablierter, teils sehr junger Profis, möglichst weit von der Abstiegszone und – hinter vorgehaltener Hand – möglichst lange für ganz andere Abenteuer der Marke Europa im Spiel halten. Es offenbarte sich jedoch recht schnell ein außergewöhnliches Unvermögen, Konstanz aufzubauen und sichtbare sportliche Entwicklung an den Tag zu legen. Einkalkulierte und für den Klassenerhalt notwendige Punkte gegen Aufsteiger wurden fast gänzlich liegengelassen und Spiele, die man augenscheinlich „eintüten“ hätte müssen, wurden in Regelmäßigkeit nicht gewonnen.
Das große Rätsel für jeden Werder-Fan
Ein paar wenige Highlights gegen Schwergewichte der Liga und im Pokal täuschten nicht darüber hinweg, dass hier insgesamt etwas nicht stimmte. Mein Gefühl über die gesamte Spielzeit: Diese Mannschaft und ihr Trainer versagten auf kaum erklärbare Weise in ihrer Konstanz – nicht aber in ihren grundsätzlich potenziellen charakterlichen und qualitativen Möglichkeiten. Dieses Empfinden hält sich in mir bis heute und gibt mir absolute Rätsel auf.
Wie eine VfB-Anhängerin den Abstieg erlebte »
Gefühlt befinden wir uns seit Jahren im Abstiegskampf mit anderen und uns selbst . Seit dem Ende der Ära Schaaf wehren wir uns mit Händen und Füßen gegen einen mächtigen Abwärtsstrudel. Erst mit Robin Dutt (aus heutiger Sicht wirklich kaum noch zu vermitteln) und dann mit Viktor Skripnik. Viele Werderaner dachten und hofften, das alles wären übergangsartige Szenarien. Man hielt sich und die Liebe zum Verein mental irgendwie über Wasser. Sei es mit dem Glauben an einen, durch die sportliche Leitung in Person von Thomas Eichin ausgeklügelten Plan von ruhmreichen Kooperationen mit ausländischen Rekordmeistern oder im Stadion bei großangelegten Abschiedsspielen verdienter Vereinslegenden. Dann heulte man gemeinsam, während sich unten Fußball-Franzosen oder Brasilianer mit großen Namen und kleinen Bäuchen die Bälle hin- und herschoben. Man hielt zusammen und hielt es aus. Es sollte ja nur eine Phase sein, ein Übergang, hinüber und zurück ins Licht.
Kein Stück weiter
Irrtum! Zum Ende der Saison 2015/2016 scheint man in Bremen kein Stück weiter gekommen zu sein. Eine Mannschaft, deren Kader nominell locker im Mittelfeld der Liga den Anker hätte werfen könnte und sollte, stolperte durch die Stadien und ließ weiter alles liegen, was nicht von allein ins Tor fiel. Nach wie vor der ein oder andere Lichtblick, der die Halbwertzeit von zwei Spielen aber kaum überstand. Hier und da ein paar wenige starke Leistungen gegen Top-Mannschaften, aber all zu eben fußballerisch und/oder kämpferisch desolateste Darbietungen, die man einfach nur von seiner Festplatte löschen möchte.