Im Oktober sollte Hertha BSC noch einmal viel Geld von Investor Lars Windhorst bekommen. Doch die Auszahlung verzögert sich. Das schadet beiden Seiten.
Seit dem Sommer 2019 hat Tennor 274 Millionen Euro in den Berliner Fußball-Bundesligisten investiert und im Gegenzug in nicht unerheblichem Umfang Anteile an der Kommanditgesellschaft auf Aktien erhalten. Wenn die derzeit noch fehlenden 100 Millionen Euro auf Herthas Konto eingehen, wird Windhorst insgesamt 66,6 Prozent der KGaA besitzen.
Die Stimmenmehrheit und damit die Entscheidungsgewalt liegen trotzdem weiterhin beim Verein Hertha BSC. Das hat Präsident Gegenbauer bei der Mitgliederversammlung vor einigen Wochen noch einmal unmissverständlich erklärt: „Wir müssen vertrauensvoll mit dem Investor zusammenarbeiten, ihm aber auch klar machen, dass wir der Komplementär sind und der Komplementär die Entscheidungen trifft.“
So deutlich wie in der Theorie aber war das bisher in der Praxis nicht immer – weil Windhorst seit seinem Einstieg sehr wohl eine eigene Agenda verfolgt. Er war es, der den Begriff „Big City Club“ erstmals im Zusammenhang mit Hertha BSC benutzt und mit Jürgen Klinsmann einen Bruder im Geiste als Aufsichtsrat installiert hat. Nach Windhorsts Geschmack dürfte der Klub auf dem Weg nach oben ruhig ein bisschen schneller vorankommen. So hat der frühere Nationaltorwart Jens Lehmann, Klinsmanns Nachfolger als Aufsichtsrat, schon für diese Saison die Qualifikation für den Europapokal als Ziel ausgerufen. Der Verein selbst ist nicht ganz so forsch – was angesichts der aktuellen Platzierung in der Tabelle für einen gewissen Realitätssinn spricht.
Windhorst hat sein Geld nicht aus romantischer Liebe für Hertha BSC investiert. Er verfolgt mit seinem Engagement vor allem geschäftliche Interessen. Je erfolgreicher der Klub ist, desto wertvoller werden seine Anteile. Deshalb, so wird kolportiert, hätte er es lieber gesehen, wenn Hertha offensiver in neue Spieler investiert hätte, als dies im Sommer geschehen ist. Angesichts der Unwägbarkeiten, die wegen der Coronavirus-Pandemie schwer einzuschätzen sind, hat sich die Geschäftsführung jedoch für einen eher konservativen Weg entschieden. „Es war wichtig, dass wir verantwortungsvoll mit den Mitteln umgehen“, sagt Manager Michael Preetz. „Das haben wir getan.“
Diese Differenzen zwischen Klub und Investor sind durch den verhuschten Umgang mit der Verschiebung der letzten Ratenzahlung noch einmal ungewollt in den Fokus gerückt. Trotzdem hat Manager Preetz am Donnerstag erklärt: „Der Austausch mit Tennor ist völlig in Ordnung. Da muss sich keiner Sorgen machen.“ Der Eindruck ist längst ein anderer.
Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Kooperation mit dem Tagesspiegel.