Heute wird gewählt. Zum Fußball haben unsere Spitzenpolitiker einrecht eigenartiges Verhältnis. Philipp Köster über Politiker, die den Fußball für ihre Zwecke missbrauchen.
Hans-Peter Friedrich saß rechts neben der Kanzlerin. Und wäre alles mit rechten Dingen zugegangen, dann hätten die Kameras während des Viertelfinales der deutschen Nationalelf in Danzig gegen Griechenland bei der EM 2012 auch immer mal wieder den Innenminister gezeigt, wie er mit der Mannschaft jubelte, zitterte und bangte. Stattdessen war blöderweise immer nur die Kanzlerin zu sehen, wie sie sich nach jedem deutschen Tor mit dem DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach abklatschte. Dass der zunehmend irritiert wirkte angesichts der entfesselten Kanzlerin an seiner Seite: geschenkt. Der Minister jedenfalls wurde eiskalt rausgeschnitten. Blöd gelaufen.
Wie für Friedrich war die EM 2012 für nahezu alle deutschen Berufspolitiker ein kapitaler Reinfall. Anstatt sich schon in der Vorrunde gleich dutzendweise auf Partei- oder Staatsspesen auf den Ehrentribünen ukrainischer Stadien herumzutreiben und alle paar Stunden völlig übertriebene Lobeshymnen auf „die fantastische Stimmung im Gastgeberland“ in die Heimat zu kabeln, wie es spätestens seit der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich zu den Usancen der deutschen Politik gehört, saßen die Volksvertreter missmutig daheim. Und manch einer wird insgeheim verflucht haben, dass er im April 2012 auf einen fahrenden PR-Zug aufgesprungen war, der die Freilassung der inhaftierten früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko forderte und andernfalls den Boykott des ukrainischen Teils der Euro in Aussicht stellte. Nun verspricht der Einsatz für weggesperrte Oppositionelle immer gute Presse, da war es auch egal, dass das Schicksal Timoschenkos zuvor in Deutschland so gut wie niemanden interessiert hatte. Die meisten der spontanen Menschenrechtler hätten aber doch wohl lieber die Klappe gehalten, hätten sie geahnt, dass sie mit ihrem wohlfeilen Geplapper tatsächlich ihre EM-Teilnahme gefährdeten.
Die B‑Promis um Sigmar Gabriel futterten die VIP-Schnittchen weg
Denn rührend naiv war es zu glauben, der durchgeknallte ukrainische Präsident Janukowitsch werde tatsächlich seine ärgste Widersacherin freilassen, die er gerade erst in einem mühseligen Schauprozess hatte einbunkern lassen, bloß damit ihm hinterher deutsche B‑Prominenz wie Sigmar Gabriel die Schnittchen am Buffet wegfutterte. Tat er natürlich nicht, und so mussten alle notgedrungen daheimbleiben, als die deutsche Elf in Charkiw und Lwiw kickte, und durften erst ran, als die Mannschaft zum Viertelfinale endlich im unbelasteten Danzig vorstellig wurde. Wie sehr die Politfunktionäre ihre markigen Forderungen von vorgestern bereuten, zeigte sich spätestens vor dem Halbfinale. Da stellte das Kanzleramt eilends klar, dass Angela Merkel zu einem Endspiel mit deutscher Beteiligung selbstredend auch nach Kiew reisen würde. Für Menschenrechte auf TV-Präsenz zur Primetime verzichten? Merkel war doch nicht verrückt.
Das unwürdige Herumgeeiere der Kanzlerin markierte den vorläufigen Tiefpunkt einer langjährigen Anbiederung der Politik an den Fußball. Jüngstes Beispiel ist der ehemalige bulgarische Premierminister Boyko Borisov, der dank ein paar alter Kontakte dafür gesorgt hat, dass ihn Zweitligist FC Vitosha Bistritsa unter Vertrag genommen hat. Borisov ist 54 Jahre alt und leidet unter zu hohem Blutdruck. Sollte er in dieser Saison tatsächlich in der ersten Mannschaft eingesetzt werden, wäre er der älteste bulgarische Profi aller Zeiten. Herr, schick Weisheit vom Himmel.
Die erste ernsthafte Tuchfühlung zwischen beiden Lagern ist ziemlich genau auf den 29. Juni 1986 im schwülheißen Mexiko-City zu datieren. An diesem Tag verfolgten viele Millionen Menschen an den Bildschirmen, wie Bundeskanzler Helmut Kohl nach dem verlorenen Endspiel gegen die Argentinier jeden einzelnen Spieler an seinen massigen Körper zog. Der „Spiegel“-Journalist Jürgen Leinemann beschrieb die grausame Prozedur schaudernd. „Selbst den wieselflinken Littbarski, der mit einer blitzschnellen Drehung bereits halb am Kanzler vorbei ist, holt dessen öffentliche Hand mit hartem Schulterschlag noch ein.“
Und Keeper Toni Schumacher notierte später in seinen Erinnerungen „Anpfiff“ angewidert über den Auftritt des Kanzlers: „Unfähig zu lächeln, grinste er, gratulierte uns rein mechanisch. Es wurde operettenreif, als er für die Fotografen den armen Franz Beckenbauer an den Schultern um die Achse drehte, um seine Anwesenheit neben unserem Trainer verewigen zu lassen.“ Und es waren ja nicht nur die erzwungenen Umarmungen. Kohl machte auch vor, wie eine deutsche Delegation künftig bei Fußballspielen einzureiten hatte, üppig bestückt mit Parteifreunden und einigen ausgesuchten Gegnern wie dem omnipräsenten SPD-Mann Hans-Jürgen Wischnewski („Wenn der Kanzler einlädt, kann man natürlich nicht Nein sagen!“).
Adenauer konnte „einen Torpfosten nicht von einer Eckfahne unterscheiden“
1986 war das. All das, was in den Jahrzehnten zuvor an gegenseitiger Kontaktaufnahme gelaufen war, war im Vergleich dazu von vollendeter Unschuld. Nicht umsonst hatte 1954 beim Finale von Bern kein einziger Minister aus Konrad Adenauers Kabinett auf der Tribüne gesessen, vom Regierungschef selbst ganz zu schweigen, der bekanntermaßen Boccia für den deutlich kultivierteren Sport hielt und „einen Torpfosten nicht von einer Eckfahne unterscheiden konnte“, wie die Wochenzeitschrift „Zeit“ höhnte. 1966, als das Volk wegen des vom Sowjet Bachramow gegebenen Wembleytors schäumte, gab Bundespräsident Heinrich Lübke ganz unpatriotisch zu Protokoll, er habe deutlich gesehen, wie „der Ball im Netz gezappelt“ habe. Und noch 1982, beim Finale gegen Italien, hatte Kanzler Helmut Schmidt in Madrid einigermaßen gelangweilt auf der Tribüne gesessen und nur hin und wieder verlegen zum italienischen Staatspräsidenten Pertini hinübergegrient, der wie ein Gummiball auf seinem Platz herumhüpfte.
Wer damals zum Fußball ging, tat es aus echtem Interesse wie Verteidigungsminister Hans Apel, der sein Herz an den FC St. Pauli verloren hatte, wie der FDP-Grande Wolfgang Mischnick, der fleißig bei der Frankfurter Eintracht mitmischte oder wie der frühere Postminister Richard Stücklen, der sich schon mal im Privatjet des Herausgebers der Postille „Quick“ zu den Spielen der WM 1966 nach England fliegen ließ und zwischendurch auch die direkte Ansprache bei der deutschen Mannschaft erprobte. Überliefert ist, dass Stücklen auf dem Weg zu einem Termin nach Dänemark einen Umweg über Malente machte, wo die deutsche Nationalelf gastierte. Stücklen hatte zuvor bei Bundestrainer Schön angerufen und nachgefragt, ob er vorbeikommen dürfe. Grund für die Stippvisite: Er habe einen Trick für die Mannschaft, den er aber nur aufzeichnen könne. Schön ließ sich vom Minister die Finte bei Freistößen aufzeichnen und betonte: „Das ist ein vorzüglicher Trick, der bisher nur von Engländern praktiziert wurde. Ich werde ihn noch einüben.“ Man stelle sich eine solche Szene mit Joachim Löw und, sagen wir mal, Philipp Rösler vor.
Politiker nölten so lange rum, bis Uns Uwe in Hamburg blieb
Natürlich unternahmen auch schon damals politische Hinterbänkler ungelenke Versuche, im öffentlichen Fußballdiskurs mitzumischen. So wurde Uwe Seeler schon 1961 um wertvolle Auslandserfahrungen gebracht, weil eine unheilige Allianz aus Boulevardmedien, Heimattümlern und Hamburger Provinzpolitikern gemeinschaftlich so lange herumgenölt hatte, bis Seeler den geplanten Wechsel zu Inter Mailand abblies. Und noch 1978 war es allen Ernstes der CSU-Mann Dionys Jobst, der eine eilige Regierungsintervention vorschlug, um den nach Amerika entflohenen Franz Beckenbauer rechtzeitig zur WM in Argentinien nach Deutschland zurückzuholen, allerdings „ohne dass die deutsch-amerikanische Freundschaft dadurch Schaden nimmt“, wie Jobst besorgt einschränkte. Als Emissär schlug er die Allzweckwaffe Richard Stücklen vor. Der jedoch lehnte dankend ab.
Und trotzdem erkannte erst Kohl die einmaligen Chancen, die der Fußball den Anzugträgern aus Bonn zur Repräsentation bot. Schließlich wusste der Oggersheimer, dass jeder Politiker gezwungen ist, sich hin und wieder nicht nur als grauer Aktenfresser, sondern als Mensch zu präsentieren. Nur deshalb schauen die Volksvertreter ja regelmäßig auf Stadtteilfesten vorbei und kosten aus hoffnungslos überwürzten Nicaragua-Pfannen. Nirgendwo jedoch können Politiker sich so volksnah geben wie auf den Ehrentribünen der Fußballstadien. Schnell noch den fabrikneuen Schal umgehängt, den der Referent in letzter Minute besorgt hat, ab auf den Schalensitz und genau dann den emotionalen Turbo anwerfen, wenn die Führungskamera die Tribüne abschwenkt. Kohl hatte das begriffen und ließ dennoch so manche Chance auf menschelnde PR sausen.
So verstand der Kanzler zwar die deutsche Kabine ganz selbstverständlich als erweiterten Kabinettssaal, ging mit großer Selbstverständlichkeit in der Umkleide ein und aus und ließ sich nach Siegen auch nicht von nackt herumspringenden Urviechern wie Paul Steiner stören. Er vergaß aber regelmäßig, einen Fotografen mitzunehmen, so dass das Erstaunen groß war, als auf dem jüngst aufgetauchten Video, das Sepp Maier über den WM-Triumph 1990 gedreht hatte, während der Feierlichkeiten in der Kabine auch der linkisch mit Pappbecher herumprostende Kohl durchs Bild lief. Wie man hingegen das eigene Vordringen ins letzte Refugium der Nationalelf optimal zu eigenen PR-Zwecken nutzt, bewies gut zwanzig Jahre später Kohls Nachnachfolgerin Angela Merkel, die nach dem Berliner Heimspiel gegen die Türkei plötzlich mit großer Entourage in der Kabine auftauchte und den halbnackten Mittelfeldmann Mesut Özil zu einem spontanen Integrationsgipfel nötigte, natürlich mit nichtssagendem Grußwort im Dampf der Duschen und ausgiebigem Händeschütteln von Kicker und Kanzlerin für den Fotografen.
Schröder und Stoiber unterbrachen die Kabinettssitzzungen für WM-Spiele
Zwischen Kohl und Merkel lagen gut zwei Jahrzehnte, in denen vor allem zwei Politiker die Beziehungen zwischen dem Fußball und der Politik nachhaltig ruinierten. Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein Herausforderer Edmund Stoiber nutzten nämlich die fatalerweise zeitgleich 2002 stattfindenden Großereignisse Weltmeisterschaft und Bundestagswahlkampf, um sich zwanghaft als hundertfünfzigprozentige Fans der deutschen Elf zu geben. Schröder und Stoiber unterbrachen gleich reihenweise Kabinettssitzungen und Wahlkampfveranstaltungen, um in großer Runde die Spiele in Asien zu verfolgen. Das ging oft schief. Als Michael Ballack im Viertelfinale gegen Korea traf, hatte sich Stoiber gerade mit Parteifreunden verplaudert und wollte trotzdem den wartenden Kameraleuten Jubelbilder präsentieren. Also sprang der bayrische Ministerpräsident einfach eine halbe Minute später auf und jubelte einsam vor sich hin, die anderen hatten sich derweil schon wieder hingesetzt. Noch peinlicher geriet eine praktische Übung. Auf einem Sommerfest war Stoiber von euphorisierten Parteifreunden gebeten worden, doch einmal einen Ball auf ein extra aufgestelltes Tor zu schießen. Der Ministerpräsident zimmerte die Kugel in gewöhnlichen Halbschuhen wuchtig auf den Kasten und schoss dabei, wohl irrtümlich, eine neben dem Tor wartende ältere Frau um. Die blutete stark, erholte sich allerdings schnell wieder und versicherte jedem ungefragt, sie werde natürlich trotzdem Stoiber wählen.
Konkurrent Schröder konnte sich an derlei Missgeschicken nicht sonderlich erfreuen, denn auch die Fußballbegeisterung des Kanzlers hatte etwas arg Angeranztes. Dafür hatte Schröder einmal zu oft von den eigenen Stürmertagen beim TuS Talle geschwärmt, einmal zu oft vor den Hauptstadtjournalisten die Elf von Bern aufgezählt und einen Bundesligaklub zu viel genannt, dem angeblich sein Herz gehöre. Wahlweise hatte sich Schröder als fanatischer Fan von Energie Cottbus, Hannover 96 oder Borussia Dortmund gezeigt. Die Lifestyle-Illustrierte „Maxim“ verlor daraufhin den Überblick und schrieb in ihrer Bundesliga-Vorschau kurzerhand bei jedem Verein in der Rubrik „Größter Fan“ nur einen Namen: „Gerhard Schröder“.
Zum Showdown der fußballerischen Adabeis kam es dann beim WM-Finale 2002 in Yokohama. Schröder, der sich mit dem Bundespräsidenten in der protokollarisch steifen Ehrenloge langweilen musste, hatte das Nachsehen gegenüber seinem Herausforderer, den ein glücklicher Zufall neben Brasiliens Idol Pelé platziert hatte. Der war zwar die komplette WM hindurch vornehmlich als Werbefigur für eine merkwürdige Erektionshilfe auffällig geworden. Stoiber kuschelte dennoch dankbar. Klarer Vorteil Herausforderer.
Kahn ein echter Münchner?
Was letztlich aber auch egal war, denn das Volk hatte sich längst müde gesehen und gehört an den immer neuen Analogien, die die Büchsenspanner aller Parteien zwischen Fußball und Politik gesehen haben wollten. Der frühere Verkehrsminister Klimmt hatte sich nur mühsam das Lachen verkneifen können, als er im SFB verkündete, Schröder sei doch ganz eindeutig die politische Entsprechung zu Rudi Völler, schließlich kämen beide über den Kampf zum Spiel. CDU-Gegenspieler Wolfgang Bosbach behalf sich angesichts solcher schlüssiger Vergleiche damit, dass er seinerseits Oliver Kahn für die Union reklamierte, weil dieser ein Münchner sei wie Edmund Stoiber. Nun war und ist Kahn strenggenommen ein Karlsruher, aber auf derlei Feinheiten wurde in diesem Stadium des Wahlkampfs ohnehin keine Rücksicht mehr genommen.
Also drei Jahre später Angela Merkel ins Kanzleramt einzog, wäre das eigentlich ein formidabler Zeitpunkt gewesen, um die neurotische Beziehung zwischen beiden Sphären wieder aufzulösen. Merkel war nämlich zunächst fußballerisch völlig unbelastet. Weder war sie in ihrer Jugend in schlechtsitzenden Baumwolltrikots über Dorfsportplätze gerannt, noch hatte sie später in einer der berüchtigten Parlamentsmannschaften gekickt wie weiland Oskar Lafontaine oder auch Joschka Fischer, der in der alternativen Truppe „Grüne Tulpe“ vornehmlich dadurch Aufsehen erregt hatte, dass er statt der Gegenspieler lieber seinen mitkickenden Intimus Hubert Kleinert anschrie und häufige Abseitsstellungen mit dem schillernden Argument entschuldigte: „Ich bin so schnell, dass mich die Schiedsrichter immer im Abseits sehen!“
Merkel hätte also ohne Probleme wie weiland Adenauer dem Bocciaspiel ihre ganze Aufmerksamkeit schenken können, stattdessen entschloss auch sie sich zum Ritt auf der fußballerischen Welle. Der Sündenfall der Kanzlerin datiert vom 15. März 2006. Angesichts mauer Testspielergebnisse vor der anstehenden WM im eigenen Lande hatte Merkel es offenbar mit der Angst zu tun bekommen, schon nach der Vorrunde nur noch bei Spielen mit italienischer oder französischer Beteiligung zuschauen zu dürfen und hatte deshalb das Organisationskomitee und die sportliche Leitung der Nationalelf zum Gipfel ins Kanzleramt gebeten. Das Niveau der Diskussion zwischen den staatlichen Würdenträgern und den Sportfunktionären dürfte sich bei kühlen Getränken etwa auf Normalnull eingependelt haben. Indiz dafür war das windelweiche Fazit der Regierungschefin: „Ich bin überzeugt, dass Jürgen Klinsmann und sein Team auf dem richtigen Weg sind.“ Die Befürchtung, auch die fachlich unbeleckte Merkel werde dem üblichen Tribünentourismus frönen, bewahrheiteten sich. Kein deutsches Spiel bei der WM, bei dem die Merkel nicht das Blazer tragende Maskottchen der deutschen Elf mimte und penetrant ihre wechselnden Begleiter abklatschte. Dass sie zwischen den Turnieren flugs auch noch die Bundesliga für sich entdeckte und sich Energie Cottbus, dem letzten verbliebenen Ostklub in der ersten Liga, als selbstredend beitragsfreies Ehrenmitglied andiente, passte da nur ins Bild. Zur Strafe für die klebrige Liaison stieg Cottbus dann auch postwendend ab. Seither ist es um die angebliche Herzensbeziehung zwischen dem Zweitligaklub und der Kanzlerin mindestens so still geworden wie um die Bemühungen der Regierungschefin um Julia Timoschenko – das war die inhaftierte ukrainische Oppositionelle, die Älteren werden sich erinnern.
Kohl, Schröder, Stoiber und Merkel, die vier Hauptverantwortlichen dafür, dass inzwischen jeder Provinzpolitiker ungestraft mit Metaphern aus dem Fußballbereich um sich werfen darf. In jeder zweiten Presseerklärung aus bundesdeutschen Parlamenten krakeelt es „Grobes Foul“, gern auch „in der Nachspielzeit“, was so einfallsreich ist wie die ewigen Fußballvergleiche, mit denen Franz Müntefering in seiner Zeit als SPD-Spitzenmann die Öffentlichkeit mürbe schoss („Wir sind in der 80. Minute, und es steht 0:2.“). Es geht noch schlimmer. Als der übel beleumundete Hähnchenlieferant „Wiesenhof“ als neuer Sponsor von Werder Bremen verkündet wurde, lief beim grünen Bundestagsabgeordneten Friedrich Ostendorff die Metaphernmaschine heiß: „Massentierhaltung bei Wiesenhof, das bedeutet unfaires Spiel auf engstem Raum“.
Die Sportart Boccia wird uns immer sympathischer.
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Hinweis: Dieser Text erschien in seiner Urfassung bereits im Sommer 2012 und wurde aus aktuellem Anlass zum Teil aufgefrischt.