Fußball ist eine Ersatz-Religion, heißt es. Wie das mit dem christlichen Glauben zusammengeht, zeigt sich beim BVB-Gottesdienst. Und auch, wie das mit Jesus auf der Südtribüne läuft.
In der katholischen Dreifaltigkeitskirche in Dortmund wird es still. „Roman ist von uns gegangen“ hallt es durch die Reihen der Gläubigen, sie senken den Kopf in respektvoller Andacht. „Er war einer von uns“ heißt es weiter, viele nicken. Amen!
Roman Weidenfeller, 38, weilt weiterhin unter den Lebenden, doch wird er ab dieser Saison nach 16 Jahren beim BVB nicht mehr im Dortmunder Tor stehen. Für die Anwesenden im ökumenischen Saisoneröffnungsgottesdienst nahe des Borsigplatzes ist dies ein Grund, Abschied zu nehmen. Die Kirche ist voll an diesem Donnerstagabend vor dem Start der Bundesliga.
YNWA in der Kirche
Die allermeisten Gläubigen tragen schwarz-gelb, auch Gemeindereferent Karsten Haug, der den Gottesdienst leitet, ist statt in eine Stola in einen BVB-Schal gehüllt. Pünktlich um 19.09 Uhr beginnt er den Gottesdienst mit den Worten: „Ich begrüße die besten Fans der Liga, ich begrüße die Fans von Borussia Dortmund!“
Die Gemeinde johlt und klatscht. Das Eröffnungslied ist natürlich „You’ll never walk alone“. Schals werden geschwenkt, die Fans singen aus voller Kehle mit.
Gott schießt keine Tore
Seit 2008 feiert der Verein hier Gottesdienste. Zum Saisonauftakt, Saisonabschluss, zum Geburtstag am 19.12. und vor wichtigen Finals treffen sich Fans und manchmal auch Funktionäre des Vereins und beten – aber wofür eigentlich? Und zu wem? „Den Fußballgott gibt es nicht“, sagt Karsten Haug und zitiert damit unfreiwilligerweise den Lokalrivalen Rudi Assauer aus Gelsenkirchen nach der Vier-Minuten-Meisterschaft 2001. Doch Haug ist es Ernst. „Gott schießt keine Tore“, sagt er „das müssen die Spieler schon selber machen“.
Für den Sieg betet man nicht, da sind sich alle Anwesenden einig. Es geht um Fairness und Gemeinschaft, um Respekt und die Freude am Spiel – zumindest offiziell. „Natürlich denkt man auch schonmal Herrgott lass es passieren!“ gibt Haug zu. Vor allem bei knappen Spielen wie am vergangenen Montag gegen Fürth kommt den Fans das ein oder andere Stoßgebet über die Lippen – manchmal scheint es erhört zu werden.
Fußballgottesdienste wie den in Dortmund gibt es mittlerweile bei vielen Vereinen. Der 1. FC Köln hält seinen natürlich im Dom ab und auch Schalke 04 veranstaltet regelmäßig Messen. Dass es dabei um das Miteinander geht und nicht wie im Stadion um das Gegeneinander zeigt die Tatsache, dass Schalker und Dortmunder auch schon zusammen Derby-Gottesdienste gefeiert haben.