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Das Sta­dion an der Alten Förs­terei erkennt man am Geruch. Nein, kein Moder. Nicht nach kühlem Stahl, der in der Luft liegt. Son­dern nach Nacken­kamm­steak. Die werden direkt am Ein­gang auf offener Flamme gegrillt. Für Heim- und Gäs­te­fans. Als würde irgendein Dorf­verein am Rande der Stadt ein­laden. Die per­fekte Sym­biose zwi­schen Pro­fi­verein und lokalen Sport­platz. Kann das noch besser werden? Es kann.

Ges­tern Abend stellte der 1. FC Union Berlin sein neues Sta­di­on­kon­zept vor. Bis 2020 bun­des­li­ga­taug­lich, lautet das Motto. Anstieg auf 37.000 Plätze unter Berück­sich­ti­gung aller DFL-Richt­li­nien. Das klingt grausam. Fällt die Alte Förs­terei jetzt dem modernen Fuß­ball zum Opfer? Nur eine wei­tere, lieb­lose Stahl­arena für mög­lichst viele Fuß­ball­fans und – vor allem – Kunden? Nein.

Das Herz schlägt höher

Uns war es wichtig, dass dieser für unseren Verein his­to­ri­sche Ort mit den Anfor­de­rungen der Zukunft wächst und dabei cha­rak­te­ris­tisch und ein­zig­artig bleibt: Ein enges Steh­platz­sta­dion, das unser Fuß­ball­herz höher schlagen lässt“, sagt Prä­si­dent Dirk Zin­gler. Steh­plätze! Enge! Fuß­ball­herz!

Knapp 15.000 Plätze werden durch den Ausbau, der eine zweite Ebene über den Hin­ter­tor­tri­bünen und der Gegen­ge­rade vor­sieht, geschaffen. Das Beson­dere: Circa 10.000 werden davon Steh­plätze sein.

Union ver­zichtet

In Zeiten, in denen ein nie­der­säch­si­scher Innen­mi­nister mit dem Kom­plett­verbot von Steh­plätzen in deut­schen Sta­dien droht und die Sitz­platz­preise explo­dieren, geht Union Berlin – mal wieder – den umge­kehrten Weg. Kommt seinen Fans ent­gegen. Und wird wohl auch in Zukunft auf einen großen Batzen Geld ver­zichten. Mut zugunsten der Mit­glieder. Viel­leicht auch eine Art Rück­zah­lung.

Denn bisher besteht der gesamte, nun bald umge­baute, Bereich aus Ste­hern. 2.000 frei­wil­lige Helfer hatten 2008 hun­dert­tau­sende Arbeits­stunden abge­leistet, um die Moder­ni­sie­rung des Sta­dions vor­an­zu­treiben. Unter der gemein­samen Ent­schei­dung, dass fortan gestanden wird. Was das bedeutet, kann jede zweite Woche in Berlin-Köpe­nick beob­achtet werden: Stim­mung, die ihres­glei­chen sucht.

Als der Verein in dieser Saison nach dem Auf­stieg in die Bun­des­liga griff, wurde aber auch klar, dass das Gelände den Anfor­de­rungen der DFL nicht gerecht werden würde. Schließ­lich muss jeder Klub min­des­tens 8.000 Per­sonen einen Sitz­platz anbieten können. Der­zeit ist nur für die Hälfte gesorgt. Nach dem Umbau werden 8.286 Sitz­schalen vor­handen sein.

Die Scha­tulle wird größer

Seine ohnehin schon maue Park­platz­si­tua­tion will der Verein übri­gens nicht aus­bes­sern. Die Fans sollen weiter mit der S‑Bahn und der Tram anfahren. End­sta­tion Wuhl­heide. Das klingt nach makel­losen Arbei­ter­fuß­ball und bild­schönen Blut­grät­schen.

Schon jetzt ist das Sta­dion an der Alten Förs­terei eine Schmuck­scha­tulle. Viele Anhänger fürch­teten, dass der not­wen­dige Umbau die ein­zig­ar­tige Schön­heit mit der Abriss­birne zer­stören würde. Das Gegen­teil ist der Fall. Die Gra­fiken, die zuge­ge­be­ner­maßen aus­sehen als hätte jemand etwas zu lange an Anstoss 3 gehangen, lassen erahnen, dass die Scha­tulle ohne Stil­bruch größer wird. Und mehr Raum für Schmuck lässt.

Ansage an Hertha BSC

Gleich­zeitig ist der Sta­di­on­umbau eine Kampf­an­sage in der Stadt Berlin. Die große Hertha aus dem Westen hat sich in den letzten Monaten in der Dis­kus­sion um einen Sta­di­on­neubau nicht mit Ruhm bekle­ckert. Ein Neubau würde den Charme der Alten Förs­terei – gebaut von den Händen der Fans, durch­bro­chen von per­fekt geformten Wel­len­bre­chern, ver­ziert mit dem gold­gelben Ober­schö­ne­weider Klinker – nicht annä­hernd tou­chieren. Die Alte Förs­terei könnte hin­gegen zur Grund­lage für den sport­li­chen Zwei­kampf werden.

Das Wohn­zimmer von Union Berlin bekommt also einen neuen Anstrich. Die gute Stube des etwas anderen Fuß­balls wird auf­po­liert. Zu hoffen ist nur, dass weiter Feuer gemacht werden darf. Es wäre schade um den Geruch von saf­tigem Nacken­kamm­steak.