Heute vor 44 Jahren, am 31. Juli 1976, gewann die DDR im Olympia-Finale von Montreal Gold gegen Polen. Libero Dixie Dörner hatte das Team bis ins Endspiel geführt, aber wer stand beim größten Erfolg einer DDR-Auswahl eigentlich noch im Kader?
Wenn die 11FREUNDE-Redaktion einen Gag bringen möchte und die Foto-Datenbank einen ausspuckt: Luiz Pereira möchte mit Torwart Croy das Trikot tauschen, aber der hat nur eins (und noch zwei Spiele vor sich). Der beste Torwart der DDR-Geschichte wurde dreimal Fußballer des Jahres und gewann mit der BSG Motor/Sachsenring Zwickau zweimal den FDGB-Pokal.
„Sprotte“, wie Grapenthin aufgrund seiner norddeutschen Herkunft genannt wurde, spielte im ganzen Olympia-Turnier nur zehn Minuten. Beim überragenden 4:0‑Sieg im Viertelfinale über Frankreich durfte er etwas Rasenduft einatmen. Den größten Teil seiner Karriere verbrachte Grapenthin bei Carl Zeiss Jena und zog mit den Thüringern sogar ins Europapokalfinale ein.
Bei der WM ’74 fragte Bernd Bransch als Kapitän noch Brasiliens Mario Marinho, wer eigentlich den deutscheren Vornamen habe. In Montreal traf die DDR-Auswahl zwar wieder auf Brasilien, Bransch wurde aber nur im Finale kurz vor Schluss eingewechselt. Mit Jena holte Libero Bransch im Jahr 1974 den DDR-Pokal und damit seinen einzigen nationalen Titel.
Wichtigster Spieler beim Olympiasieg war wohl Libero und Kapitän Dixie Dörner, der in fünf Spielen vier Tore (drei Elfmeter) schoss. Mit genau 100 Spielen für die A‑Nationalmannschaft der DDR kann Dörner die zweitmeisten Einsätze vorweisen. Auf Vereinsebene ist er wohl die Legende von Dynamo Dresden. In 18 Jahren lief er fast 400-mal für den Verein auf und holte jeweils fünf Meistertitel und Pokalsiege. Als Trainer betreute er nicht nur die Jugend von Dynamo, Al-Ahly in Kairo oder den VfB Leipzig, sondern bekam als erster ehemaliger DDR-Trainer bei Werder Bremen (1996−97) die Chance, ein Bundesligateam zu trainieren. Seit 2013 sitzt er zudem im Aufsichtsrat von Dynamo Dresden.
Wilfried Gröbner wurde nur einmal während des Turniers eingewechselt. Im Finale. Da die DDR zu diesem Zeitpunkt bereits 2:1 führte, konnte Gröbner (weißes Trikot) auch mal den ein oder anderen Ball ins Aus gucken anstatt energisch in den Zweikampf zu gehen. Auf Vereinsebene wurde Gröbner als 18-Jähriger durch die DDR-Regierung von Chemie zu Lok Leipzig delegiert. Bei Lok gewann der Vorstopper einen DDR-Pokal.
Der Rechtsverteidiger Gerd Kische war nicht nur besonders schnell – er lief die 100 Meter in 10,7 Sekunden – und mal mit einer Leichtathletin verheiratet, sondern für die DDR-Regierung auch unbequem. Als er sich weigerte, für die Stasi zu arbeiten, wurde er für die Nationalmannschaft nach 1980 nicht mehr nominiert. Bei Olympia ’76 war der langjährige Hansa-Rostock-Spieler jedoch noch Stammspieler und machte alle Partien über die volle Distanz.
Lothar Kurbjuweit hat sich nicht nur als aufmerksamer Beobachter von brasilianischen Plumpsack-Übungen hervorgetan, sondern als Innenverteidiger bei seinen fünf Olympia-Einsätzen 1976 über die gesamte Spielzeit auch immerhin ein Tor erzielt. Ansonsten spielte er den Großteil seiner Karriere im Ernst-Abbe-Sportfeld in Jena, wo er sich nach der Wende recht erfolglos als Trainer und Sportdirektor versuchte. Trotz dieser Zeit ist Kurbjuweit beim FC Carl Zeiss eine Vereinslegende.
Als dunkelblondes Double von Franz Beckenbauer konnte sich Konrad Weise zwar nicht durchsetzen, immerhin reichte es aber zu einem Stammplatz in der DDR-Mannschaft, die bei Olympia Gold holte. Auf Vereinsebene ausschließlich für Carl Zeiss Jena aktiv, gewann Weise dreimal den DDR-Pokal. Jahrzehnte später trainierte er kurzzeitig einmal die Frauenmannschaft des USV Jena.
Mittelfeldspieler Reinhard Häfner machte mit seinem Treffer zum Endstand den 3:1‑Sieg im Finale gegen Polen perfekt. Als Aktiver gewann er mit seinem Verein Dynamo Dresden jeweils viermal die DDR-Meisterschaft und den Pokal. Als Trainer holte Häfner 1990 mit den Sachsen zudem das Double, nachdem er kurz vor Saisonende vom Co-Trainer zum Cheftrainer befördert worden war. 2016 erlag die Dynamo-Legende einem Krebsleiden.
Mäcki Lauck hat nicht nur Olympia-Gold geholt, sondern auch etwas geschafft, was für die meisten Fußballer unmöglich ist. Der Mittelfeldspieler wechselte von Union Berlin zum verhassten Lokalrivalen BFC Dynamo und wurde von den Fans der Eisernen weiterhin so sehr verehrt, dass an seinem 20. Todestag – der Mittelfeldspieler hatte nach seinem Karriereende mit Alkoholproblemen zu kämpfen und wurde 1997 in Berlin mit schweren Kopfverletzungen auf der Straße liegend aufgefunden, an denen er zwei Wochen später verstarb – in der Alten Försterei sogar ein Banner an ihn erinnerte. Viele verzeihen Lauck den Wechsel, da sie vermuteten, dass Funktionäre ihn dazu gedrängt hätten. Mit dem BFC wurde er zweimal DDR-Meister, nachdem er 1968 überraschend mit Union den Pokal gewonnen hatte.
Hartmut Schade brachte die DDR-Auswahl mit seinem Führungstor (7. Minute) im Finale gegen Polen früh auf die Siegerstraße. Auf Vereinsebene war der 31-malige DDR-Nationalspieler ausschließlich für Dynamo Dresden aktiv und gewann mit den Sachsen vier Meistertitel und drei FDGB-Pokale.
Gerd Weber, der weder Tennisspiele organisiert noch Mode entwirft, und daher nicht mit Gerry Weber zu verwechseln ist, durfte beim Olympia-Run der DDR immerhin zweimal in der Gruppenphase von Anfang an auflaufen. Als inoffizieller Mitarbeiter der Stasi bespitzelte er sowohl bei seinem Verein Dynamo Dresden als auch in der Nationalmannschaft seine Mitspieler. 1981 wurden dann Webers eigene Fluchtpläne aufgedeckt, sodass der Mittelfeldspieler seine Karriere beenden musste und elf Monate inhaftiert wurde.
Gert Heidler hat so wenige Länderspiele (15 Einsätze) absolviert, dass unsere Datenbank nur dieses Schwarz-Weiß-Foto ausgespuckt hat. Beim Olympia-Turnier in Montreal durfte er aber in vier von fünf Spielen über die volle Distanz auflaufen. Ausgerechnet beim Finale blieb dem Stürmer allerdings ein Einsatz verwehrt. Zwar hat Heidler verhältnismäßig wenige Länderspiele bestritten, ansonsten verlief seine Karriere, die er vor allem bei Dynamo Dresden verbrachte, aber reibungslos. Und das, obwohl er sich gegen die Anwerbeversuche des Ministeriums für Staatssicherheit stellte. Selbst seine Auslandsreisen mit Dynamo wurden nicht reglementiert.
Feldspieler-Trikots wurden wohl häufiger produziert als Torwart-Trikots. Martin Hoffmann konnte zumindest, wie hier ersichtlich, sorglos sein Trikot tauschen. Auch ziemlich sorgenfrei konnte die DDR-Auswahl im Finale agieren, nachdem Hoffmann in der 14. Minute bereits das 2:0 erzielt hatte. Ansonsten spielte der Linksaußen die ganze Karriere über beim 1. FC Magdeburg. Mit den Magdeburgern gewann er den einzigen Europapokal für ein DDR-Team sowie zwei DDR-Meisterschaften und vier FDGB-Pokale.
Bei der WM ’74 meist noch lässig an der Seitenlinie lehnend und das Spiel beobachtend, durfte Wolfram Löwe (links) bei Olympia in Montreal dann häufiger ran. Beim 4:0‑Kantersieg im Viertelfinale gegen Frankreich eröffnete der Flügelspieler, der über beide Seiten angreifen konnte, den Torreigen. Nachdem er seine ganze Karriere bei Lok Leipzig verbracht hatte, studierte der DDR-Pokalsieger von 1976 nach seiner aktiven Zeit noch Fahrzeugtechnik und arbeitete für die Deutsche Bahn.
Dieter Riedels Auftritt im Trainingsanzug täuscht nicht. Der Stürmer von Dynamo Dresden (5‑mal Meister, 2‑mal Pokalsieger) wurde nur im Auftaktspiel eingewechselt. Nach seiner aktiven Zeit war er von 1995 – 1997 Präsident bei den Sachsen.
BFC-Stürmer Riediger spielte bei der Medaillenjagd zweimal von Anfang (3 Einsätze) an. Sein einziges Tor schoss er jedoch nach seiner Einwechslung gegen Frankreich. Für den DDR-Rekordmeister erzielte Riediger in 193 Spielen 105 Tore. Nach seiner aktiven Zeit trainierte er so illustre Vereine wie die TSG Fredersdorf oder Eintracht Königs Wusterhausen.
Vater des überraschenden Erfolgs war der langjährige Nationaltrainer (1970−1981) Georg Buschner. Unter ihn erlebte die DDR-Nationalmannschaft mit Olympia-Bronze (1972), der WM-Teilnahme 1974 (inklusive des Siegs gegen die BRD-Auswahl) und dem Olympia-Triumph zwei Jahre später, ihre erfolgreichsten Jahre. Vor seinem Engagement als Auswahltrainer gewann er mit Carl Zeiss Jena drei DDR-Meistertitel (1963, 1968, 1970) und einen DDR-Pokal (1960), bevor er 1971 durch seinen Assistenztrainer Hans Meyer abgelöst wurde und nur noch die DDR-Auswahl trainierte.