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Die Olym­pi­schen Spiele gelten neben der Fuß­ball-Welt­meis­ter­schaft der Männer als das größte Sport­er­eignis der Welt. In 51 Dis­zi­plinen, auf 33 Sport­arten ver­teilt, duel­lieren sich die Welt­besten für das große Ziel: Das begehrte Edel­me­tall um den Hals tragen zu dürfen. Sportler*innen in der Blüte ihres Lebens, die vier bzw. jetzt fünf Jahre auf ihren Wett­kampf hin­trai­nieren. Dabei sein ist alles“, wie Pierre de Cou­bertin, der Initiator der Olym­pi­schen Spiele der Moderne, einst als Motto vorgab, gilt nicht mehr. Längst geht es um Höher, Schneller, Weiter“. Immer mehr Rekorde, immer mehr Spek­takel.

So auch in Tokio. Die Corona-Pan­demie ver­hin­derte eine Aus­tra­gung im letzten Jahr, aber nun laufen die Spiele. Mit­ten­drin ist dabei eine Frau, die längst zum Inventar des Fuß­ball­tur­niers der Frauen gehört: Miraildes Maciel Mota, besser bekannt als For­miga. Im Alter von 43 Jahren greift die Bra­si­lia­nerin erneut nach dem Olympia-Gold. Aber nicht als Offi­zi­elle oder Betreuerin, son­dern als wich­tige Spie­lerin ihrer Mann­schaft. Wer ist die Dau­er­bren­nerin des bra­si­lia­ni­schen Olym­pia­teams?

Als Miraildes Maciel Mota 1978 in einer Favela von Sal­vador, der dritt­größten Stadt Bra­si­liens, das Licht der Welt erblickt, ist das, wofür das Mäd­chen später einmal berühmt werden soll, noch ver­boten. Frauen, die Fuß­ball spielen, werden zu dieser Zeit nicht gerne gesehen. In jener fuß­ball­ro­man­ti­schen und von Außen­ste­henden ver­klärten Gesell­schaft, in der jeder Junge als Mit­tel­stürmer auf die Welt kommt, haben kickende Frauen noch keinen Platz. Doch For­miga setzt sich durch, gegen den Wider­stand ihrer Brüder, ihrer Eltern, der ganzen patri­ar­chalen Gesell­schaft. Den Druck von außen bekommen ihre Brüder dabei von ihren Klas­sen­ka­me­raden. Sie wurden in der Schule geär­gert, weil ich besser war als sie“, sagt For­miga in einem Inter­view mit goal​.com. Meine Brüder fanden es des­halb nicht gut. Ich sollte nach Hause gehen und die Teller spülen.“

Die Ameise

Doch sie lässt sich nicht von ihrer Lei­den­schaft abhalten. Ihre mann­schafts­dien­liche und kämp­fe­ri­sche Spiel­weise ver­leiht ihr ihren Künst­ler­namen For­miga“, por­tu­gie­sisch für die Ameise“. Sie ist das, was man im Ruhr­ge­biet einen echten Malo­cher“ nennen würde. Als sich Anfang der 1980er Jahre in Bra­si­lien erste Frau­en­teams gründen und langsam auch das Spielen in einer eigenen Liga mög­lich wird, wendet sich das Blatt. Auch wenn fuß­ball­spie­lende Frauen immer noch mit Wider­ständen zu kämpfen haben, werden die Bedin­gungen pro­fes­sio­neller. For­miga schließt sich mit 15 Jahren dem Sao Paulo FC an, gute 2000 Kilo­meter ent­fernt von ihrer Heimat in Sal­vador.

Ein Jahr später wird For­miga in die Olym­pia­aus­wahl Bra­si­liens berufen und ist so bei einer his­to­ri­schen Pre­miere dabei: Erst­mals wird bei den Spielen in Atlanta 1996 ein Fuß­ball­tur­nier für Frau­en­mann­schaften aus­ge­tragen. Acht Mann­schaften nehmen teil, die Bra­si­lia­ne­rinnen schaffen es bis ins Halb­fi­nale, unter­liegen dort China und ver­lieren im Spiel um Bronze gegen die Nor­we­ge­rinnen.

Nach und nach zieht For­miga auch das Inter­esse von euro­päi­schen Klubs auf sich, zu einem Wechsel kommt es aber erst 2004, als sich die Mit­tel­feld­spie­lerin für ein Enga­ge­ment bei Malmö FF ent­scheidet. Glück­lich wird For­miga, die zu diesem Zeit­punkt bereits drei Welt­meis­ter­schaften und zwei Olym­pia­tur­niere gespielt hat, dort nicht. Sie ent­scheidet sich dazu, ihre Kar­riere in Nord­ame­rika fort­zu­setzen. Bei den New Jersey Wild­cats bleibt For­miga eben­falls ein Jahr, danach spielt die Ameise“ für Jersey Sky Blue, ehe sie wieder zurück nach Bra­si­lien wech­selt. Am Ende sum­mieren sich die Wechsel auf neun Ver­eine in zehn Jahren. Doch Olympia bleibt sie treu. Wäh­rend 2000 eine starke deut­sche Mann­schaft den Traum auf eine Medaille im Spiel um Platz drei platzen lässt, sind es 2004 und 2008 jeweils die US-Ame­ri­ka­ne­rinnen, die im Finale stärker sind.

2015 steht der Algarve-Cup in Por­tugal auf der Agenda. Der bra­si­lia­ni­sche Ver­band ändert kur­zer­hand ihre Tri­kot­nummer auf die 20, pas­send zu ihrem 20-jäh­rigen Jubi­läum in der Sel­ecao. Die Dau­er­bren­nerin wird eben­falls für die WM 2015 nomi­niert – ihre ins­ge­samt sechste Teil­nahme. Sie ist die erste Spie­lerin, die bei so vielen Tur­nieren teil­nehmen konnte. Nach 21 Jahren beendet For­miga im Dezember 2016 dann ihre Natio­nal­mann­schafts­kar­riere. Beim Olym­pia­tur­nier in Rio de Janeiro im glei­chen Jahr wollte sie end­lich die Gold­me­daille holen, doch Nie­der­lagen gegen Schweden und Kanada machten diesen Traum zunichte. Das weckt den beson­deren Ehr­geiz von Natio­nal­trainer Oswaldo Fumeiro Alvarez. Er möchte For­miga zum Wei­ter­ma­chen bewegen – mit Erfolg. Im März 2018 kehrt sie zurück zur Natio­nal­mann­schaft. Sie ist eines der größten Vor­bilder, das wir auf dieser Welt haben. Sie ist nicht von diesem Pla­neten“, sagt Alvarez.

Krö­nung in Tokio?

2019 tritt For­miga in Frank­reich zu ihrer siebten Welt­meis­ter­schaft an. Die FIFA hatte im Vor­feld die Geburts­daten ihrer Mit- und Gegen­spie­le­rinnen kon­trol­liert: 150 Teil­neh­me­rinnen waren bei For­migas erster Teil­nahme an einer WM im Jahr 1995 noch nicht einmal geboren. Doch auch ihre immense Erfah­rung kann nicht zum Tri­umph ver­helfen. Im Ach­tel­fi­nale ist gegen Gast­geber Frank­reich Schluss, die Ameise muss weiter auf den Gewinn der Welt­meis­ter­schaft und ihren ersten großen Titel mit der Natio­nalelf warten.

Für For­miga geht es in Tokio des­halb nun um alles. Unbe­dingt will sie die Gold­me­daille gewinnen, denn nach diesen Spielen soll Schluss sein auf der inter­na­tio­nalen Bühne. Auch ihr Ver­trag bei Paris Saint-Ger­main, wo sie seit 2017 spielt, ist im Sommer aus­ge­laufen. Unab­hängig davon for­mu­liert For­miga weiter ehr­gei­zige Ziele. Gemeinsam mit Natio­nal­mann­schafts­kol­legin Marta setzt sie sich für die Gleich­be­rech­ti­gung von Frauen ein. Nur die­je­nigen von uns, die durch die Hölle gegangen sind, wissen, was wir ertragen mussten, um dorthin zu gelangen, wo wir heute stehen“, sagt Formia 2019. Außerdem wird sie sich ihrem Trai­ner­schein widmen – außer sie wird in einer Mann­schaft arbeiten, um dem Frau­en­fuß­ball in Bra­si­lien zu helfen“. So ganz ans Auf­hören denken mag sie also noch nicht. Nur den Rekord als älteste Olym­pia­teil­neh­merin wird For­miga nicht mehr ein­stellen können. Den hält der Schwede Oscar Gomer Swahn, der 1920 in Ant­werpen als 72-jäh­riger die Sil­ber­me­daille im Sport­schießen gewann.