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Seite 2: Swingerclub Bundesliga

Das herbst­liche Oster­wunder von Bremen und auch das Abschieds­spiel des Dort­munder Publi­kums­lieb­lings Dedé, dem am Samstag im West­fa­len­sta­dion 80.000 Zuschauer bei­wohnten (womit es zur best­be­suchten Partie dieser Art in der Geschichte des euro­päi­schen Fuß­balls avan­cierte), zeigen vor allem eines: In Zeiten der ero­die­renden Ver­eins­treue und der fluk­tu­ie­renden Mann­schafts­kader steigen die wenigen loyalen Profis zu wahren Kult­fi­guren auf. Ihr Wert für die Fans, die Klubs und den ganzen Sport kann nicht in Zahlen gemessen werden kann, nicht in Tor­quoten und Scor­er­punkten, nicht in Ablö­se­summen und Gehäl­tern – Gefühle sind die Wäh­rung.

Wohin mit der Liebe?

Zwei Dinge können Fans geben: Ein­tritts­geld und Liebe. Ers­teres ist vielen von ihnen mehr denn je ein not­wen­diges Übel – wollen sie wirk­lich noch die sich aus­wach­senden Gehälter der Super­stars sub­ven­tio­nieren? Und auch das mit der Liebe über­legt man sich inzwi­schen lieber zwei Mal – wer hat sie schon noch ver­dient? Wer ist nicht morgen ganz woan­ders, viel­leicht sogar beim Erz­ri­valen? Alles kann, nichts muss: In der Bun­des­liga des Jahres 2015 halten viele Bezie­hungen so lange wie im Swin­ger­club.

Doch wohin mit der Liebe, die ja da ist und die man sich nicht ein­fach abge­wöhnen kann? Über Män­nern wie Claudio Pizarro und Dedé wird sie gleich kübel­weise aus­ge­gossen. Das ist natür­lich zu viel, das ist natür­lich kit­schig – aber immer noch besser als ewige Ent­halt­sam­keit.

Liebe in Zeiten der Kohle-Ära

In Bremen und Dort­mund wird zwei Män­nern aus dem fernen Süd­ame­rika gehul­digt, als wären sie Dieter Eilts und Aki Schmidt – von außen aber schaut man mit durchaus gemischten Gefühlen auf dieses Phä­nomen. Es ist immer erfreu­lich, wenn es noch Emo­tionen gibt, die nicht powered by sind – und zugleich muten sie gro­tesk an. Denn die Hoff­nung der Fans richtet sich in sol­chen Momenten ja nicht in die Zukunft, son­dern in die Ver­gan­gen­heit. Es ist ein kol­lek­tiver Retro-Kult, als würden sie alle gemeinsam noch mal ihren Lieb­lings­film gucken, der sie damals, als sie noch jung waren, so berührt hat und es immer noch irgendwie tut. Auch wenn die Ver­spre­chen, die der Film ihnen einst machte, nie ein­ge­löst worden. Am Ende gewinnen doch immer die mit dem Geld.

Doch warum ehr­lich sein? Am besten belügt man sich doch immer noch selbst. Da weiß man, was man hat. Pizarros Rück­kehr, Dedés Abschieds­spiel: Ein Fest der Liebe – der Liebe in Zeiten der Kohle-Ära.