Der deutsche Fußball braucht keine Investoren, sondern Demokratie und Mitbestimmung der Mitglieder. Ein Plädoyer für 50+1.
Völlig unklar ist nun, was genau zur allgemeinen Lehrmeinung geführt hat, diese Strukturen seien von Investoren besser zu gewährleisten als in der mittlerweile klassischen Konstruktion einer ausgegliederten Kapitalgesellschaft, deren Stimmenmehrheit jedoch dem Stammverein gehört.
Vielleicht das Beispiel Hannover 96, das gerade erst einen Abstieg in die zweite Liga zu überwinden hatte, als Folge einer Vielzahl von strategischen Fehlentscheidungen, die Alleinherrscher Martin Kind zu verantworten hat? Oder vielleicht der VfL Wolfsburg, der in den letzten zehn Jahren geschätzt eine halbe Milliarde Euro verbrannt hat beim vergeblichen Versuch, so etwas wie Spitzenfußball im niedersächsischen Marktflecken zu etablieren? Oder vielleicht die TSG Hoffenheim, die von Gönner Dietmar Hopp mit abgerundeten 350 Millionen Euro in die Bundesliga gewuchtet wurde, die bis aufs erste und vergangene Jahr vorwiegend in den Kasematten der Tabelle herumgeisterte und allein in ihrer kurzen Bundesligazeit ab 2008 beeindruckende neun Trainer beschäftigt hat? Nur so viel zu den überlegenen Konzepten. Und da haben wir noch nicht einmal die unzähligen Gaunerstücke und Durchstechereien englischer Investoren erwähnt, deren Liga ja gerne als leuchtendes Beispiel herangezogen wird.
Wofür all das aufgeben?
Wenn aber Investoren nicht zwangsläufig für durchdachte Konzepte und schlanke Strukturen stehen, bleibt die Frage, warum hierzulande nicht entschiedener für die 50 + 1‑Regelung eingetreten wird. Sie lässt den Klubs alle Freiheiten, effizient und wirtschaftlich zu handeln und sichert trotzdem die Mitbestimmung und damit auch die Identifikation der Mitglieder. Und sie war in den letzten zwei Jahrzehnten einer der Garanten dafür, dass heute viele britische Anhänger neidvoll hinüber in die Bundesliga blicken, weil hierzulande noch kein Monatslohn für eine Dauerkarte hingelegt werden muss und die Anhänger in der Kurve ihre Hintern nicht in ergonomisch geformte Schalensitze pressen müssen.
Wofür all das aufgeben? „Damit die Diskussion endlich aufhört“, wie es Uli Hoeneß neulich hübsch dämlich formuliert hat? Nein, es lohnt sich, für 50 + 1 zu kämpfen und dafür, dass auch die absurde Alimentierung der Konzernklubs nicht länger den Wettbewerb verzerrt. Und vielleicht besinnen sich auch die Mitglieder des Hamburger SV irgendwann darauf, dass ihr Klub etwas besseres verdient hat, als am Gängelband eines Investors zu hängen. Dann kommen sicher auch mal wieder ein paar Mitglieder zu den Versammlungen.