Die Revolution ist tot, es lebe die Revolution: Der Fußball in Ägypten ist so widersprüchlich wie das ganze Land. Kein normaler Groundhopping-Trip.
1. Kairo
Hier waren Ultras die Speerspitze einer am Ende gescheiterten Revolution: der Tahrir-Platz
Für Freiheit, Brot und Gerechtigkeit demonstrierten die Ägypter 2011 gegen Hosni Mubarak auf dem Tahrir-Platz. Die Revolution ist gescheitert, ihre Helden aber sind nicht vergessen. Darunter: die Ultras von Al-Ahly, ägyptischer Rekordmeister, Rekordpokalsieger und Afrikas „Klub des Jahrhunderts“. Sie stellten sich mit Mut und Muskelkraft vor die friedlichen Massen, als der greise Mubarak den Volksaufstand durch bezahlte Schlägerbanden ersticken wollte. Ihr Kampfgeist in den Straßenschlachten von Kairo ist zum Mythos geworden – und der Tahrir-Platz zum Symbol der politischen Fans.
2. Port Said
Mahnmal der Schande: das Stadion, in dem einst 74 Menschen zu Tode kamen
Das alte Regime rächte sich 2012 in Port Said, der Stadt am Suezkanal. Nach einem Ligaspiel zwischen Al-Masry und Al-Ahly, dessen Ergebnis heute niemanden mehr interessiert, wurden die aus der Hauptstadt angereisten Al-Ahly-Anhänger von bewaffneten Al-Masry-Hooligans überfallen – direkt vor den Augen des allmächtigen Staatsapparats, der nicht eingriff und wohl auch nicht eingreifen wollte. Die surrealen Bilder dieses Gewaltexzesses im 1954 erbauten Port-Said-Stadion, in dem danach drei Jahre lang keine Spiele mehr ausgetragen werden durften, haben sich tief ins kollektive Gedächtnis der Ägypter eingebrannt.
3. Kairo
Siegerbier und Rauchschwaden: Das Café Hurija trägt die Freiheit nicht nur im Namen
Furiose Fußballnächte feiert man in Kairos Straßencafés. An jeder Ecke wird auf wackligen Leinwänden internationaler Fußball gezeigt. Wenn CR7, Messi & Co in der Primera Division spielen, bebt der 20-Millionen-Moloch: kollektive Ekstase, und das ganz ohne Alkohol. Wer nicht auf ein Siegerbier verzichten will und eine starke Lunge hat, muss zum Falaki-Platz ins Café Hurija (auf Deutsch: Café Freiheit). Bis tief in der Nacht fließt in der einstigen Trinkhalle für Linksintellektuelle süffiges Stella oder Sakara in Strömen. Eine Bestellung ist nicht nötig, der Wirt watet zielsicher durch den dichten Rauch hunderter Marlboros an die Holztische und serviert eiskaltes Flaschenbier.