Schon als Kind hat Marcel Schäfer die Königlichen verfolgt, jetzt spielt er mit Wolfsburg in der Königsklasse gegen Real. Aber ist das nach 13 Jahren Profitum noch etwas Besonderes?
Aber als Linksverteidiger werden Sie es gegen Real mit Gareth Bale zu tun bekommen. Der ist eine andere Hausnummer als ein mittelmäßiger Rechtsaußen in der Bundesliga.
Auch auf Gareth Bale werde ich mich ganz normal vorbereiten. Wir haben vor den Spielen eine Videositzung, dort bekommen wir vom Trainerteam Zusammenschnitte von den einzelnen Spielern, in denen uns die Stärken der Gegner gezeigt werden. Und eben auch deren Schwächen, wobei das bei Bale natürlich ein recht kurzer Zusammenschnitt ist (Lacht.) Aber so machen wir das auch, wenn der Gegner Darmstadt oder Leverkusen heißt.
Und auf dem Platz? Begegnen Sie einem Bale anders als beispielsweise einem Marcel Heller?
Nein. Natürlich ist es etwas Besonderes, gegen einen Weltklassespieler wie Gareth Bale zu spielen, und ich werde ein wenig nervöser sein als sonst. Aber sobald der Schiedsrichter das Spiel anpfeift, will ich einfach nur gewinnen. Dann ist es auch egal, ob ich gegen Bale in der Champions League, gegen Heller in der Bundesliga oder gegen meinen Sohn Karten spiele.
Sie spielen also ähnlich engagiert Karten gegen Ihren Sohn wie Fußball gegen Real Madrid?
Dieser Ehrgeiz ist bei mir so verankert. Und wenn ich mit meinem Sohn spiele und er schmeißt die Karten oder das Spielbrett durch die Gegend, weil er verloren hat, dann finde ich das grundsätzlich gut. Denn das zeigt, dass er das Spiel unbedingt gewinnen will. Natürlich muss man Kindern den Spaß am Spiel vermitteln, aber sobald ich das Gefühl habe, dass mein Sohn ein Spiel verstanden hat, lasse ich ihn nicht mehr extra gewinnen. So lernt er, einen gesunden Ehrgeiz zu entwickeln. Das führt auch ab und an zu Konflikten mit meiner Frau, weil sie das nicht nachvollziehen kann.
Auch beim VfL gibt es Interessenskonflikte: Aufsichtsratsboss Francisco Garcia Sanz ist großer Madridista. Haben Sie keine Angst, dass er die Prämien einfriert, wenn der VfL Real wirklich schlagen sollte?
Nein (Lacht). Ich weiß natürlich, dass sein Herz auch für Real schlägt. Er ist also in der glücklichen Position, dass er auf jeden Fall ins Halbfinale einzieht. Ich kann mir auch vorstellen, dass er in Wolfsburg ein VfL-Trikot und in Madrid ein Real-Trikot anhaben wird. Vielleicht könnte ihm unser Fanshop auch eines dieser Halb-Halb-Trikots schneidern.
Haben Sie die Stimmen aus Spanien nach der Auslosung eigentlich mitbekommen? Da hieß es, der Wolf sei eher ein Lamm und das Los VfL sehr einfach.
Naja, wenn man sieht, welche anderen Teams noch in der Lostrommel waren, dann sind wir vielleicht ein vermeintlich leichteres Los als Barca oder Bayern München. Aber das kann auch etwas Positives sein. Wir können ohne Druck ins Spiel gehen und befreit drauflosspielen. Und es wäre nicht das erste Mal, dass im Champions-League-Viertelfinale ein Underdog einen Topfavoriten rauskegelt. Die spielerischen Möglichkeiten dazu haben wir.
Obwohl es in der Bundesliga für den VfL in dieser Saison eher nicht so rund läuft. Fällt es dem Team schwer, sich nach Spielen gegen Manchester auf die Liga zu konzentrieren?
Die Saison verläuft problematisch, oft haben wir den Übergang von Königsklasse zu Bundesliga nicht gemeistert. Aber ich denke nicht, dass das ein Kopfproblem ist. Letztes Jahr hatten wir mit Europa League und DFB-Pokal ja sogar eine Dreifachbelastung, am Ende haben wir den Pokal geholt. In der Liga finden wir derzeit in der Offensive nicht die richtigen Lösungen und defensiv schlafen wir in den entscheidenden Momenten. Das hat aber nichts mit der Champions League zu tun oder damit, dass wir alle schon an Real denken.
Stimmt es eigentlich, dass Sie 2009 beinahe selber bei Real Madrid gelandet wären?
Persönlichen Kontakt mit Real hatte ich nie, aber natürlich habe ich die Gerüchte, die damals durch die Presse gingen, schon mitbekommen. Ich bin ein vereinstreuer Mensch und hatte nur zwei Klubs in meiner Karriere. Aber wenn Real wirklich angerufen hätte, hätte ich mir natürlich Gedanken machen müssen. Schließlich wäre es etwas ganz Besonderes, für einen Klub wie Real Madrid zu spielen. Aber andererseits ist es auch etwas Besonderes, zehn Jahre für einen Klub zu spielen und 300 Pflichtspiele zu machen. Meine Kinder sind hier geboren, ich kann nach der Karriere hierbleiben. So etwas gibt es ja auch nicht mehr so oft.