Radikale kroatischen Fans sorgen beinahe für einen Spielabbruch. Dahinter steckt jedoch mehr als plumpe Randale: Es geht um Politik.
Erst im Sommer 2015 war Mamic, gemeinsam mit seinem Bruder, dem Ex-Bundesligaprofi und heutigem Dinamo-Trainer Zoran Mamic, verhaftet worden, weil er sich bei Spielertransfers bereichert und Steuern hinterzogen haben soll. Bekannt ist zudem, dass Mamic als Dinamo-Präsident sogenannte „Privatverträge“ mit zumeist jungen Spielern abschloss, die sich verpflichteten, ihm für die gesamte Zeit ihrer Karriere einen Teil ihrer Gehälter abzutreten.
Mamics Verflechtungen in Politik, Justiz und Medien ließen Aleksandar Holiga, kroatischer Journalist und Kenner des Fußballs und der Fanszene, Mamic als „Krebsgeschwür“ bezeichnen. In den letzten Jahren hat ein Zirkel um Mamic die Macht im kroatischen Fußball an sich gerissen. Es gibt ein Dringlichkeits-Komitee im kroatischen Verband, das es einem kleinen Zirkel von sieben Mann – mit Mamic als zentraler Figur – ermöglicht, über „dringende“ Themen an den Gremien vorbei zu entscheiden.
Protest mit 30.000 Mann
Was dringlich ist und was nicht, auch darüber entscheidet freilich der enge Zirkel der sieben Mann. Gegen den Filz und die Machenschaften im Verband gehen die kroatischen Fans schon seit einiger Zeit auf die Straße, 2015 in Split gar mit stolzen 30.000 Mann. Jedoch ohne Erfolg. Und so hat sich in radikaleren Teilen der Anhängerschaft die Ansicht durchgesetzt, eher auf Taten denn Worte zu setzen, um die Führungsriege des Verbands zum Rücktritt zu bewegen.
„Vielleicht schickt man uns nach dem was hier passiert ist nach Hause.“
Als 2015 vor dem Spiel der Kroaten gegen Italien in der EM-Qualifikation Unbekannte mit Chemikalien ein mehrere Quadratmeter großes Hakenkreuz in den Rasen ätzten, musste der Verband 100.000 Euro Strafe zahlen. Das Hakenkreuz war dabei weniger eine politische Botschaft – die Täter hätten in diesem Falle das „Za dom Spremni“ benutzt, den Gruß der kroatischen Faschistenbewegung des Zweiten Weltkriegs Ustascha bzw. deren Erkennungszeichen „U“ – vielmehr ging es darum, international möglichst viel negative Aufmerksamkeit zu erreichen, um dem Verband den größtmöglichen Schaden zuzufügen. Was gelang: Kroatien musste über die Geldstrafe hinaus einen Punkt in der Quali einbüßen sowie zwei Geisterspiele austragen. Änderungen in der Führungseben des Verbandes hat dieser Guerrilla-Protest natürlich ebensowenig herbeigeführt wie sämtliche friedlichen Protestformen zuvor.
Und so könnten die großen Verlierer des Machtkampfes zwischen dem Verband und den radikalen Anhängern die friedlichen Fans und vor allem die sensationell talentierte Nationalmannschaft sein, der nicht wenige Experten bei dieser EM eine Überraschung zutrauen. „Wir werden sehen, ob wir gegen Spanien spielen dürfen“, sagte Ivan Rakitic nach dem Spiel. „Vielleicht schickt man uns nach dem was hier passiert ist jetzt nach Hause.“