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Seite 3: „Es ist für mich kein Kampf mehr“

Wie balan­cieren Sie diese Ansicht mit Ihrem Ehr­geiz aus?
Ich kann es nicht beschreiben. Ich habe nichts bewusst dafür getan. Ich habe nicht mein Leben auf den Kopf gestellt. Ich glaube, dass ist ein­fach ein Mix aus Reife, Erlebtem und Gelas­sen­heit. All das in Kom­bi­na­tion mit den letzten beiden Jahren, in denen ich weg vom Fenster war, wo keiner auf mich gewartet oder nach mir gerufen hat, all das hat mich wohl so werden lassen.

Sind Sie froh, dass Sie über­haupt noch zu dieser Erkenntnis gekommen sind, oder über­wiegt viel­leicht die Trauer dar­über, dass es so lange gedauert hat?
Ich per­sön­lich glaube nicht, dass ich früher dazu hätte finden können. Bei meinen ersten Tur­nieren war ich 22, 24, 26. Ich will damit sagen: Wenn du jung bist, willst du eine maximal-posi­tive Kar­riere starten. Du hast alles vor dir. Du weißt nicht, was alles auf dich zukommt. Du ahnst nur, wenn du gut spielst, kannst du viel­leicht zu Real Madrid, zu Bar­ce­lona oder Bayern Mün­chen gehen. Wenn du in der deut­schen Natio­nal­mann­schaft spielst, hast du Qua­lität. So, und dann stellst du Über­le­gungen an. Hast Träume. Es gibt so viele Gedanken, die du hast, wenn du ein junger Spieler bist, der vor einer viel­leicht großen Kar­riere steht. Diese Gedanken habe ich auch alle irgendwie gelebt. Ich bin zu Bayern Mün­chen gegangen, war im Aus­land, ich habe das jetzt so alles erfahren, was ich mir mit 20 vor­ge­stellt habe. Und dann ist mir eine schwie­rige Zeit in Ita­lien dazwi­schen­ge­kommen, wo ich auf Grund vieler Ver­let­zungen nicht auf die Beine gekommen bin. All das hat mich dazu gebracht, so zu denken. Und jetzt ist es mir egal, was kommt.

Das sollen wir Ihnen abnehmen?
Ja, denn ich weiß, wenn ich gesund bin, wird’s gut. Des­wegen mache ich mir vor dem Tur­nier keinen Stress, wo ich spiele, wann ich spiele und wie oft ich spiele. Die schlechte Phase hat mir doch gezeigt, was ist. Als ich jung war und es nicht lief, ver­suchte ich die nega­tiven Dinge zu ver­drängen, ich ver­suchte, alle wieder schnell von mir zu über­zeugen, alles Gute zu zeigen, mich zu recht­fer­tigen. Heute lasse ich auch nega­tive Dinge zu, ich lasse sie ran an mich. Ich weiß, ich bin nicht der erste Fuß­baller, der in seiner Kar­riere mal eine schwie­rige Phase durch­macht. Gefühlt war ich das früher aber immer.

Warum kommt man bei Ihnen zu dem Ein­druck, dass Sie mit einer geschmun­zelten Leich­tig­keit über diese Themen spre­chen?
Weil das für mich kein Kampf mehr ist, kein Krampf. Wir dürfen aber jetzt die Dinge nicht ver­drehen, weil ich gerade eine gute Saison gespielt habe und des­wegen gelas­sener bin. Das heißt ja nicht, dass ich in diesem Tur­nier jetzt 15 Tore schießen werde. Ich bin weit davon ent­fernt. Ich werde jede Ent­schei­dung des Trai­ners akzep­tieren. Und wenn es die ist, dass ich nur ein Spiel mache, dann mache ich nur eins. Wenn ich die Bilder von Rio sehe, dann gibt es nicht einen Spieler, der unhappy war. Da waren alle zufrieden, wie oft der Ein­zelne auch gespielt hat. Es hat gezeigt, dass der Fuß­ball sich ein biss­chen gewan­delt hat. Es gibt nicht nur diese drei, vier Leit­wölfe. Das sind alles gute Spieler und von denen sitzen dann eben auch mal sechs oder sieben auf der Bank. Das wird aber mitt­ler­weile viel eher und besser akzep­tiert. Des­wegen habe ich das Gefühl: Egal wie, wir müssen nur Euro­pa­meister werden.