Die Schockstarre angesichts Robert Lewandowskis Fünferpack lässt langsam nach. Anlass, seine Leistung kritisch zu bewerten. Eine Analyse des Scheiterns.
Robert Lewandowskis Galavorstellung ist bereits ein paar Tage her und die Jubelfanfaren sind noch immer nicht verklungen. Nicht einmal Matthias Sammer, das kritische Bewusstsein des FC Bayern, sah bisher Anlass zur Kritik.
Diese Aufgabe übernahm verantwortungsbewusst Philipp Lahm: „Robert hätte ja heute mit sieben heimgehen können. Da muss man kritisch sein und ihm die zwei vergebenen Chancen vor Augen führen. Das kann ja wohl nicht sein.“
Wo er Recht hat, hat er Recht. Ordnet man das Geschehene in den großen Kontext ein, fällt auf: Die Geschichte der Bundesliga-Fünferpacks ist eine Geschichte des Versagens.
Der ewige Rekord
Seit 38 Jahren wird ihm jetzt schon hinterhergejagt: dem Rekord von Dieter Müller beim 7:2 des 1. FC Köln gegen Werder Bremen am 17. August 1977. Sechs Tore erzielte der Kölner, nicht hektisch innerhalb weniger Minuten wie Lewandowski, sondern gemächlich, genießend. Müller ließ sich Zeit, sein erster Treffer datiert auf die zwölfte, den letzten machte er in der 85. Minute.
Alle Bundesligaspieler sind an diesem Meilenstein gescheitert. Lewandowskis Fünferpack war bereits der 16. in der Geschichte der Liga. Und im leistungsorientierten Geschäft des Profifußball muss sich jeder von ihnen — ganz im Sinne Lahms — fragen: Was habe ich falsch gemacht?
Die drei eklatantesten Fünferpack-Verlierer in der Analyse:
Michael Tönnies (1991, Duisburg – Karlsruhe 6:2)
Eigentlich sah der letzte Prä-Lewandowski-Fünferpack vielversprechend aus. Nach 16 Minuten stand es im Wedaustadion 3:0, innerhalb von nur fünf Minuten hatte Tönnies den Hattrick eingetütet. Bonuspunkte müsste es geben für den eleganten Fallrückzieher zum 2:0. Anerkennung außerdem dafür, dass der gegnerische Torwart kein Geringerer als Oliver Kahn war.
Doch das 4:0 für Duisburg offenbarte, woran es Tönnies mangelte: Ewald Lienens Vorlage gab Tönnies uneigennützig zurück, ließ seinem Mannschaftskollegen den Vortritt. Ein kaltschnäuziger Torjäger muss in einer solchen Situation mehr Eigensinn an den Tag legen, einfach mal selber abziehen und Verantwortung übernehmen. Zwar erzielte Tönnies in der zweiten Halbzeit noch zwei weitere Tore, das war aber reine Makulatur.