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Peter, Attila, Tom und Jo kommen aus dem Sant­iago Ber­nabeu. Das heißt, eigent­lich kommen sie aus Banska Bystrica in der Slo­wakei. Jetzt aber sind sie über das Wochen­ende in Madrid und ihrem per­sön­li­chen Cla­sico ganz nah. Real haben sie gerade gesehen. Der FC Bar­ce­lona wird in einer Stunde bei Rayo Valle­cano anstoßen. Peter steht vor Haus Nummer 2 in der Calle del Teni­ente Munoz Diaz. Er hat hun­dert Euro geboten. Wenn man sie nur auf den Balkon lässt.

In der Metro vom noblen Madrider Norden ins Arbei­ter­viertel Vallecas haben sie Kas­sen­sturz gemacht. 50 Euro pro Ticket hätten sie sich leisten können, doch es gab nur noch die teu­erste Kate­gorie für 150. Viel zu viel. Dann habe ich die Bal­kone gesehen und dachte: Das wär’s doch“, sagt Peter, mitt­leres Alter, Trai­nings­anzug: Hof­fent­lich war ich char­mant genug für die Dame.“ Die heißt Gaby, hat sich das ange­hört und ist dann wieder in dem roten Zie­gelbau ver­schwunden: Sie wolle tun, was sie könne.

Die schönsten Logen Madrids

Es sind auf­rei­bende Minuten, alles flirrt gegen acht Uhr abends in der schräg abfal­lenden Sei­ten­straße hinter dem Sta­dion. Wann immer die Tür zu Nummer 2 auf­geht, bildet sich ein Pulk wie vor der Oscar­ver­lei­hung um hal­tende Limou­sinen. Außer den Slo­waken warten noch: eine Gruppe Kata­la­ninnen, die in Madrid stu­dieren; ein Typ mit Kom­mu­nis­ten­stern auf dem Pulli und zwei Freun­dinnen im Schlepptau; ein schi­ckes Pär­chen, er Desi­gner­brille, sie Schminke, Hand­ta­sche, beiger Trench­coat; und natür­lich die Kinder. Jungs, ein gutes Dut­zend, schwarz und weiß, zwi­schen sechs und 14, sie kennen ihre Gegend und jedes Schlupf­loch. Denn das ist das Beson­dere an Haus Nummer 2: Aus den höheren Stock­werken sieht man das Spiel wie aus Logen.

Logen, wie sie es unten gar nicht gibt. Dafür ist das Estadio de Vallecas viel zu abge­ranzt. Nach Sai­son­be­ginn musste es für ein paar Wochen geschlossen werden, weil ein vier­jäh­riger Junge in ein Loch voller Bau­schutt gefallen war. Das Kind kam glück­li­cher­weise mit Schrammen davon, aber man hatte mal wieder Ärger mit den Behörden.

Bei Valle­cano ist immer Tag der offenen Tür

Rayo – der Blitz“ – wird manchmal mit St. Pauli ver­gli­chen, weil er unan­ge­passt daher­kommt und eine linke Fan-szene hat, aber das trifft es nur zum Teil. Die Ham­burger sind ja längst als alter­na­tive Welt­marke eta­bliert. Rayo hin­gegen, ihr Rayito, wie sie ihn hier nennen, der kleine Blitz“, der hat immer noch die Patina des Stadt­teil­klubs. Und der Stadt­teil, das barrio, ist für die Leute in Vallecas so etwas wie für die Ber­liner ihr Kiez. Mehr als nur der Ort, wo man gerade zufällig wohnt. Wer bei Rayo etwas fragen will, und sei es den Sport­di­rektor, der geht ein­fach auf die Geschäfts­stelle im Sta­dion. Die ist fast immer offen, so wie das Trai­nings­ge­lände und die Kabinen.

Am süd­öst­li­chen Ende, gegen­über der Fan­kurve der Ultras von den Buka­neros, gibt es auch 42 Jahre nach der Sta­di­on­ein­wei­hung noch keine Tri­büne. Eine Plane ver­deckt die Sicht, doch wenn man an der Bie­gung der Calle del Teni­ente Munoz Diaz auf eine Mauer steigt, kann man einen Blick bekommen. Auch das wissen die Kinder natür­lich, aber das weiß auch die Polizei. Zwei berit­tene Beam­tinnen schirmen die Stelle ab. Die Kids fackeln ein paar Streich­holz­schach­teln ab und machen Halb­star­ken­witze. Dann wieder die paar Schritte zu Haus Nummer 2. End­lich kommt Gaby zurück.