Die junge Bundesliga-Saison hat ihre erste Sensation: Aufsteiger Union Berlin bezwingt Vizemeister Borussia Dortmund mit 3:1. Wie konnte es dazu kommen? Fünf Gründe.
In Berlin-Köpenick hatte man sich eigentlich darauf eingestellt, dass es dauern würde mit dem ersten Bundesliga-Sieg. Schließlich hat es das Auftaktprogramm von Union Berlin in sich: An den ersten neun Spieltagen wartet die gesamte Top 5 der vergangenen Saison. Punkte gegen Bayern München, Borussia Dortmund oder RB Leipzig? Die waren nicht eingeplant im Kampf um den Klassenerhalt.
Umso überschwänglicher war die Freude an der Alten Försterei, als Union nun schon am dritten Spieltag den ersten Sieg einfuhr. Und das ausgerechnet gegen Borussia Dortmund, den amtierenden Vizemeister und selbst erklärten Meisterschaftskandidaten. Wie konnte es zu dieser Sensation kommen? War Union Berlin so gut – oder der BVB so schlecht? Und was sagt das Spiel über Unions Chancen aus, die Klasse zu halten? Fünf Gründe für den Union-Erfolg.
1. Wenig Ballbesitz, hohe Kompaktheit
Solch eine Statistik sieht man nicht aller Tage: Nach 25 Minuten hatte Union Berlin exakt 25 erfolgreiche Pässe gespielt. Ein erfolgreicher Pass pro Minute: Das ist keine allzu hohe Quote, gerade wenn der Gegner in diesem Zeitraum bereits 230 Pässe gespielt hat.
Das gehört aber zur Spielidee von Union-Trainer Urs Fischer: Seine Mannschaft soll aus einer kompakten Ordnung agieren. Union baut ein 4−4−2 hinter der Mittellinie auf. Der Gegner darf in der Abwehr den Ball laufen lassen, wird aber im Mittelfeld gestört. Ballbesitz ist indes nicht Unions Sache; nach Ballgewinnen wird die Kugel direkt auf die groß gewachsenen Stürmer geschlagen.
So war es gegen Borussia Dortmund das erwartete Aufeinandertreffen zwischen Favorit und Außenseiter. Am Ende des Spiels wies die Statistik 75 Prozent Ballbesitz für den BVB aus. Union begnügte sich mit einer kompakt stehenden Defensive – und machte das äußerst geschickt.
2. Es gibt nach drei Spieltagen bereits eine Anti-BVB-Taktik
Union verharrte nicht durchgehend im passiven 4−4−2. Es gab immer wieder Situationen, in denen ein Sechser weit vorrückte. Union stand in diesen Situationen im 4−3−3 und erhöhte damit den Druck. Diese Variante ist gegen den BVB gut geeignet: Die Dortmunder bauen in ihrem 4 – 2‑3 – 1‑System mit einer tief stehenden Doppelsechs auf. Die Außenverteidiger rücken vor, die vier zentralen Akteure – Innenverteidiger plus Doppelsechs – verbleiben tief. Der vorrückende Berliner Mittelfeldspieler verhinderte, dass Dortmund im Aufbau eine Vier-gegen-Zwei-Überzahl überzeugen konnte.
Diese taktische Idee hatte Union-Coach Fischer aber nicht selbst entworfen. Bereits an den ersten beiden Spieltagen nervten Augsburg und Köln den BVB mit dieser Variante. Gerade Köln stellte den Vizemeister damit vor große Probleme. Auch gegen Union fand der BVB selten einen Weg aus dem Aufbau ins zentrale Mittelfeld. Das intelligente Wechselspiel zwischen 4−4−2 und 4−3−3 machte es möglich.