Bayern kontrolliert das Spiel, Dortmund kontert? Mitnichten. Lucien Favre wirft im Spitzenspiel altbekannte Rollen über den Haufen – und feiert genau deshalb einen 3:2‑Erfolg. Hier sind fünf Gründe für den BVB-Sieg.
Dortmunds 3:2‑Erfolg gegen Bayern München elektrisiert Fußball-Deutschland. Die Süddeutsche bezeichnet die Partie als „Superwerbung für die Bundesliga“, die FAZ schreibt von einem „magischen Gefühl“ angesichts des Dortmunder Triumphs. In fast allen Gazetten taucht ein Wort auf, das man nach sechs Münchener Meisterschaften in Folge lange nicht mehr gelesen hat: Eine „Wachablösung“ des FC Bayern sei im Gange.
Die Hoffnung, endlich einen Gegner auf Augenhöhe für die Bayern gefunden zu haben, liegt nicht in erster Linie am Ergebnis – schließlich hatte Borussia Mönchengladbach den Rekordmeister jüngst wesentlich deutlicher demontiert beim 3:0‑Auswärtssieg. Es war das Wie, das landauf, landein die Fantasien von Fans und Journalisten beflügelte: Der BVB schlug den Bayern nicht dank einer Beton-Defensive, sondern mit dessen eigenen Waffen. Fünf Gründe für den Dortmunder Triumph.
1. Jung gegen alt – schnell gegen langsam
Dass der Abend mit einer Wachablösung enden würde, war nach der ersten Halbzeit kaum zu erwarten. Bis dahin glich die Partie den zahlreichen Duellen, die Dortmund und die Bayern in den vergangenen Jahren ausgefochten haben. Die Dortmunder fokussierten sich in ihrem 4−4−1−1 auf eine kompakte Defensive und schnelle Konter, während die Bayern im eigenen 4 – 3‑3-System den Ball laufen ließen.
Schon in dieser ersten Halbzeit wurde deutlich, wie unterschiedlich beide Teams sind. Die Dortmunder Elf (Durchschnitts-Alter: 25 Jahre) hatte klare Tempovorteile gegen den Rekordmeister (Durchschnitts-Alter: 28,7). Schon in der Anfangsphase gelangten sie mehrere Male mit Tempo hinter die langsame Bayern-Abwehr. Gerade die Außenstürmer Jadon Sancho und Jacob Brun Larsen hatten klare Geschwindigkeitsvorteile, zeigten sich vor der Pause in ihren Aktionen aber glücklos.
2. Favre korrigiert seine Fehler
Trotz des Geschwindigkeitsvorteils: Die erste halbe Stunde entwickelte sich zum Schaulaufen des Rekordmeisters. Sie bewiesen, dass ihre klassische Spielphilosophie auch im Jahr 2018 funktionieren kann. Die Innenverteidiger leiteten das Spiel mit langen Flügelwechseln auf die Außen ein, die Außenstürmer gingen sofort ins Dribbling über. Gerade Franck Ribery spielte auf wie zu seinen besten Zeiten. Er dribbelte mehr Gegner aus als jeder andere Spieler auf dem Platz und schoß sechsmal auf das gegnerische Tor.
Dortmund hatte in der ersten Halbzeit auch mit taktischen Schwächen zu kämpfen: Ihr 4 – 4‑1 – 1‑System war zu eng, sodass sie kaum Druck auf den Flügeln herstellen konnten. Im Pressing blieben sie zudem zu passiv, sodass die Bayern-Innenverteidiger zu viel Zeit am Ball bekamen. Julian Weigl war zudem im defensiven Mittelfeld eine Fehlbesetzung. Dass Ribery so viele Freiräume fand, lag auch daran, dass Weigl als unterstützender Akteur manches Mal fehlte.
In der Halbzeitpause korrigierte Favre diese Fehler. Er brachte Mahmoud Dahoud für Weigl und schickte Axel Witsel auf die halbrechte Seite. Defensiv stabilisierte Witsel diese Seite. Zudem agierte Dortmund nun wesentlich aggressiver im Pressing, sodass die Bayern-Innenverteidiger mehr Druck bekamen. Später nahm er zudem den blassen Mario Götze vom Feld und ersetzte ihn durch Stürmer Paco Alcacer – ein weiterer Schritt, um mehr Offensivkraft in das eigene Spiel zu bringen.