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Seite 4: „Damals hing er mit einer lokalen Rockergang rum“

Wie kamen Sie mit Frank Pagels­dorf zurecht? Nach außen wirkten Sie wie ein unglei­ches Paar: Da der harte Profi, hier der sen­sible Trainer, der auch mal eine Träne ver­gießt.
Das war intern ganz anders. An einem Tag warst du sein bester Freund, am nächsten hat er dich nicht ange­guckt. Den­noch kam ich gut mit ihm klar, er gab mir Ver­ant­wor­tung, unter ihm reifte ich zum Stamm­spieler. Als er ent­lassen wurde, ver­ab­schie­dete er sich bei jedem Spieler in einem Vier-Augen-Gespräch. Mir sagte er: Es war gut, jemanden wie dich in der Mann­schaft zu haben!“ Das machte mich stolz – doch ich hätte mir gewünscht, er hätte so etwas häu­figer gesagt.

Nach Jahren in Deutsch­land, Eng­land und in China ließen Sie Ihre Kar­riere in der Heimat Aarhus aus­klingen. Ruhiger wurde es den­noch nicht um Sie.
Im Januar 2004 bekam ich einen Anruf eines Jour­na­listen. Er berich­tete von Pfand­briefen, aus denen her­vor­ging, dass ich meinem Freund Jimmy Geld geliehen habe. Als Pfand hatte ich sein Auto und sein Motorrad erhalten. Das Pro­blem: Jimmy war füh­rendes Mit­glied bei den Hell’s Angels und wurde wegen Steu­er­hin­ter­zie­hung gesucht.

Was hängte man Ihnen an?
Nichts. Wie auch? Ich hatte das Geld schließ­lich privat und legal einem Freund geliehen. Die Polizei machte mir aber klar, was sie von mir hält. Ein Poli­zist drohte, er werde fortan ein Auge auf mich haben. Ein anderer sagte: Ich weiß, dass du deine Finger irgendwo im Spiel hast.“

Hatten Sie?
Nein.

Woher kannten Sie denn Typen wie Jimmy?
Er war ein Freund aus Jugend­tagen. Ich lernte ihn noch vor meiner Pro­fi­lauf­bahn kennen. Damals hing er mit einer lokalen Rocker­gang rum, die erst viel später in den Hell’s Angels auf­ging. Ganz ehr­lich: Dieses Rocker­leben machte damals mächtig Ein­druck auf mich, es ver­sprach Aben­teuer, Abwechs­lung vom grauen Alltag.

Wie intensiv hingen Sie mit den Hell’s Angels rum?
Die Hell’s‑Angels waren zwi­schen mir und Jimmy nie ein großes Thema. Wir trafen uns meist privat. Er war auch unzäh­lige Male bei Spielen, oft sogar im Aus­land bei den großen Tur­nieren. Wenn er die Karten über mich bekam, zog er stets die Hell’s‑Angels-Weste aus. Einmal über­legt er sogar, unsere Freund­schaft zu beenden, weil er fürch­tete, dass ich sei­net­wegen Pro­bleme bekomme. Ich redete ihm den Quatsch aber aus.

Auf der einen Seite Rocker­gang, auf der anderen die glit­zernde Welt des Pro­fi­fuß­balls. Wie sehr machte der Fuß­ball­hype Ein­druck auf Sie?
Natür­lich ist es toll, in einem vollen Sta­dion zu spielen, doch diese ganze Gla­mour­welt mit ihren unsicht­baren Hier­ar­chien war nie mein Ding. Ich wollte immer meine Wur­zeln behalten. Ich wusste natür­lich, dass Freunde von mir im Milieu unter­wegs waren, aber ich ließ nie jemanden fallen, wenn er auf die schiefe Bahn geriet. Des­wegen bin ich immer noch mit Jimmy und vielen anderen Jungs aus meiner Jugend befreundet.

Hatten Sie auch Freunde im Fuß­ball?
Jörg Albertz, Nico Hoogma oder Sergej Bar­barez sind gute Typen. Wirk­lich befreundet bin ich aber nur mit Thomas Gra­vesen. Er besuchte mich im Gefängnis und nahm mich mit nach Madrid.

Gra­vesen besuchte mich im Gefängnis“

Nach Madrid?
Im Januar 2005 rief Thomas an und sagte: Halt dich bereit.“ Ich wusste sofort, um was es ging. Wenige Monate zuvor war er von inter­na­tio­nalen Top­klubs umworben worden. Er ver­sprach, dass er mich mit zur Spie­ler­prä­sen­ta­tion nehmen würde, wenn er bei Real Madrid unter­schreibt. Nun war es also soweit. Ich kaufte mir prompt den pas­senden Anzug, neue Schuhe und Hemden. Ich konnte ja nicht in Trai­nings­kla­motten ins Estadio Ber­nabeu fahren.

Die glit­zernde Fuß­ball­welt machte also doch Ein­druck?
Sie war aber auch befremd­lich. Nach dem ersten Trai­ning erzählte mir Thomas, dass Ronaldo in der Umklei­de­ka­bine saß und nur seinen Schuh hob. Sofort eilte ein Assis­tent herbei und kratzte ihm in devoter Hal­tung den Dreck von den Sohlen.

Waren Sie nei­disch?
Ich freute mich wahn­sinnig für Thomas, doch natür­lich dachte ich auch: Warum pas­siert mir das nicht?

Sie spielten der­weil wieder bei Aarhus GF. Dort hatten Sie eine Klausel in Ihrem Ver­trag.
Sie besagte, dass man mich ent­lassen kann, wenn ich mich außer­halb des Platzes ver­eins­schä­di­gend ver­halte. 2004 war es dann so weit, ich war in eine Ran­gelei auf einem Spie­ler­fest geraten. Das war ein harter Rück­schlag, schließ­lich wollte ich meine Kar­riere beenden, wo sie begonnen hatte: in Aarhus. Es war mein Verein, dort stand ich als kleiner Junge in der Kurve, an der Hand meines Opas. Dort habe ich gelernt, was Fan­sein bedeutet.

Sie haben 42 Län­der­spiele bestritten und über 400 Pro­fi­spiele gemacht. Wurmt es Sie, dass Ihr Name nicht mit großen Fuß­ball­spielen in Ver­bin­dung gebracht wird, son­dern stets mit den Hell’s Angels oder Prü­ge­leien?
Ich habe zwar drei Mal den däni­schen Pokal gewonnen, aber nicht ein Mal die Meis­ter­schaft. Ich habe an zwei Welt­meis­ter­schaften teil­ge­nommen, machte mein Natio­nal­mann­schafts­debüt aber erst ein Jahr nach dem EM-Sieg 1992. Ich habe mit dem HSV in der Cham­pions League gespielt, und mit dem MSV Duis­burg stand ich 1998 im DFB-Pokal­fi­nale. Das waren tolle Erfah­rungen, doch einen großen Titel habe ich nicht gewonnen. Und des­halb gibt es eben weniger Berichte über den Fuß­baller Tøf­ting. Traurig macht mich das nicht.

Bereuen Sie denn etwas?
Meine Bio­grafie heißt No reg­rets“. Ich habe mir dieses Motto auf meinen Bauch täto­wieren lassen.

Wenn Sie heute also den jungen Stig Tøf­ting träfen, würden Sie ihm nicht raten, die Dinge anders zu machen?
Wenn ich etwas ändern könnte, wäre es mein Alter. Ich wäre gerne zehn Jahre jünger, dann könnte ich jetzt noch fünf, sechs Jahre spielen. Noch fünf, sechs Jahre große Frei­heit.