Fußball vor leeren Rängen? Auch Frankreich diskutiert derzeit, ob die unterbrochene Saison mit Geisterspielen fortgesetzt werden soll. Das stößt bei französischen Ultragruppen auf heftigen Widerstand. 45 von ihnen beziehen nun gemeinsam deutlich Stellung.
Während in anderen Ländern über Lockerungen der Corona-Maßnahmen debattiert wird, denkt Frankreich darüber noch nicht nach. Am Montagabend kündigte Präsident Emmanuel Macron sogar eine Verlängerung der Ausgangsbeschränkungen bis zum 11. Mai an. Bereits seit dem 17. März dürfen die Französinnen und Franzosen das Haus nur in Ausnahmefällen verlassen. Sportmachen und Spazierengehen sind maximal eine Stunde pro Tag in einem Radius von einem Kilometer um den Wohnort erlaubt.
Die Verlängerung der Maßnahmen bis Mitte Mai bedeutet für alle Fußballfans: Sie dürfen nicht in die Stadien, auch wenn die Saison fortgesetzt werden sollte. Das will ein Zusammenschluss von 45 Ultragruppen so nicht akzeptieren. „Es ist kaum vorstellbar, dass der Fußball vorzeitig wieder aufgenommen wird“, heißt es im Schreiben an den Dachverband der französischen Profiligen „LFP“. Der Spielbetrieb solle erst dann weiter gehen, wenn „die gesundheitlichen und sozialen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.“
Obwohl die LFP seit der Aussetzung der Meisterschaft am 13. März auf die staatlichen Anweisungen verweist, wird über eine Fortsetzung der Saison – notfalls vor leeren Rängen – gesprochen. Auch weil die Vereine zunehmend unter finanziellem Druck stehen: Die Sender Canal+ und beIn Sports haben bereits die Zahlungen für die ausstehenden Meisterschaftsspiele ausgesetzt.
Die Ultragruppen prangern die „brutale Gier“ und „unerträgliche Unanständigkeit“ der Klub-Bosse an, die für Geisterspiele plädieren. Und kritisieren die enorme Kapitalisierung des Fußballs. „Die Wirtschaft hat Vorrang vor dem, was den Sport ausmacht: der sportlichen Leistung, den Werten, Emotionen und der Leidenschaft.“ Der Fußball sei zu einer „Fernsehsendung“ geworden. Er könne ohne volle Stadien auskommen aber nicht ohne das Geld der Rundfunkanstalten, bedauern sie.
„Fußball um jeden Preis ist ein Fußball der Schande, der keine Zukunft haben wird.“
Es sei deshalb dringend erforderlich, über die Zukunft nachzudenken. Die aktuelle Zwangspause soll zum Umdenken genutzt werden und die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Fußballs muss wiederhergestellt werden, fordern die Ultras weiter. Eine Konzentration der finanziellen Mittel an der Spitze soll ebenso beendet werden, wie die „Blase der Transfers und Mafia-Provisionen“. Das könne jedoch nur erreicht werde, wenn alle mit einbezogen würden. „Beginnend mit dem Ort, an dem Fußball gelebt wird: dem Stadion.“
Obwohl ihre Argumente „angesichts der entfremdeten Macht des Geldes nicht schwer wiegen“, macht der Zusammenschluss klar, was er von drohenden Geisterspielen hält: „Fußball um jeden Preis ist ein Fußball der Schande, der keine Zukunft haben wird.“