Constantin Frommann ist Profi-Torwart beim SV Meppen. Stets an seiner Seite auf dem Weg dorthin war sein Vater Achim. Hier erklärt er, welche Rolle die Eltern in der Nachwuchsausbildung spielen.
Wie wichtig ist ein geordnetes familiäres Umfeld?
Nach meiner persönlichen Wahrnehmung und Meinung, sind Eltern sogar die wichtigsten Begleiter. Die Eltern sind immer da. Die kennen das Kind am allerbesten. Eltern dürfen aber nicht die eigene Karriere in dem Kind erleben wollen, sondern müssen ihr Kind immer als Kind wahrnehmen.
Man kennt aber auch die Eltern, die sich an der Seitenlinie aufspielen.
Das ist wahrscheinlich der Grund, warum immer diese unsichtbare Distanz zwischen Vereinen, Trainern und Eltern besteht. Man sieht immer nur diese wenigen Eltern, die sich nicht vernünftig benehmen können. Das ist aber nicht die Mehrzahl. Diesen Eltern ist nicht klar, dass ihr Kind auch mal Durststrecken überwinden muss. Und wenn es mal nicht läuft, geht es halt zum nächsten NLZ und so weiter. Es ist nicht anders als im echten Leben: Man muss bereit sein, harte Phasen durchzustehen, braucht aber auch ein ehrliches Feedback von Trainer und Vereinsseite, warum es gerade nicht so läuft.
„Es gibt noch viel zu wenig Psychologen und Mentalcoaches in den Vereinen“
Wie sollte das Verhältnis von Trainern zu Eltern aussehen?
Trainer sind die Spezialisten, wenn es um die sportliche Entwicklung geht. Da sollten sich Eltern raushalten. Trainer wechseln aber jedes Jahr. Die einzige Konstante, die ein Jugendspieler hat, sind die Eltern. Deshalb macht es Sinn, dass Eltern und NLZ enger miteinander kommunizieren und kooperieren. Da ist noch sehr viel Luft nach oben. Deshalb habe ich unsere Geschichte aufgeschrieben. Ich wollte einen Impuls und Anstoß geben.
Wo sehen Sie weiteren Verbesserungspotential in den NLZs?
Es gibt noch viel zu wenig Psychologen und Mentalcoaches in den Vereinen. Durch die Lizenzierung muss zwar jedes NLZ einen Psychologen haben. Dieser Psychologe ist aber oft keine Vollzeitkraft. Dann habe ich schon von Psychologen gehört, dass die Wertschätzung ihrer Arbeit nicht auf Augenhöhe mit der Arbeit der Trainer erfolgt. Und nicht zu vergessen: In einem NLZ sind im Schnitt um die 200 Spieler. Eine Halbtagskraft kann unmöglich die notwendige Arbeit umsetzen. Außerdem ist die Weiterbildung der Jugendtrainer im psychologischen, mentalen und pädagogischen Bereich dünn. Das sind Aspekte, die in Zukunft hoffentlich mehr Einzug in die Trainerausbildung halten. Um die Jungs nicht nur sportlich, sondern auch mental zu begleiten. Ihnen zu helfen, wenn es mal durch Verletzungen knallhart wird. Da ist noch sehr viel Luft nach oben.
Wie ist Ihr Sohn mit der psychischen Belastung umgegangen?
Zu Constantins Zeit im NLZ gab es bereits einen Psychologen, der war allerdings noch sehr frisch. Er hatte zudem das Glück, dass es für ihn in Freiburg immer gut lief. Insofern gab es rein sportlich für ihn wenig Rückschläge. Einmal ist er längerfristig mit Problemen an der Patellasehne ausgefallen. Die Behandlung in Freiburg war schleppend. Irgendwann habe ich darum gebeten, eine Zweitmeinung einholen zu dürfen. Der andere Arzt hat ihn dann untersucht und festgestellt, dass Constantin definitiv wieder gesund wird. Das war wie Balsam für seine Seele. Er hat wieder Kraft geschöpft. Solche Aspekte sind Kopfsache und Mentalcoaches können da tolle Arbeit bei jungen Menschen leisten.
In welchem Moment haben Sie gemerkt, dass Constantin es zum Profi schaffen kann?
In Freiburg hat Constantin alle Entwicklungsschritte bis zur U23-Mannschaft in der Regionalliga mitgemacht. Vom Verein haben wir ab da signalisiert bekommen, dass Constantin langfristig in Freiburg Profitorhüter werden soll. Er war mit 19 Jahren ja schon Stammtorhüter in der Regionalliga-Mannschaft und hat dort dann zwei Jahre gespielt. Er war angekommen im Seniorenfußball. Man darf ja nie vergessen, dass gerade für einen Torhüter der Sprung aus der U19 in den Seniorenfußball wahnsinnig groß ist.
„Das war eine schwere Erfahrung, weil es auch keine sportlichen Gründe gab“
Trotzdem konnte sich Constantin weder in Freiburg noch bei seiner Leihe zur SG Sonnenhof Großaspach in der 3. Liga durchsetzen.
Er war in Freiburg hinter Alexander Schwolow und Mark Flekken der dritte Torhüter im Profikader. Er hatte damals das Glück, in der Regionalliga spielen zu können. Die einjährige Leihe zur SG Sonnenhof Großaspach 2019 verlief für ihn richtig bitter. Er wollte Spielpraxis sammeln, aber dort entschieden die Trainer und Torwarttrainer anders. Er hat gar nicht gespielt und saß nur auf der Bank. Das war eine schwere Erfahrung, weil es auch keine sportlichen Gründe gab. Er hat zum ersten Mal gemerkt, dass es manchmal schwer in diesem Geschäft ist und er Durchhaltevermögen braucht.
Gerade Torhüter haben es schwer, Spielpraxis zu sammeln, wenn sie nicht die Nummer 1 sind.
Auf seiner Position läuft vieles ganz anders ab als bei einem Feldspieler. Auch das Thema mentale Stärke bekommt eine ganz andere Bedeutung. Im Jugendfußball war er in fast jedem Jahr die Nummer 1, aber im Seniorenfußball musste er sich erstmal hinten anstellen. Diese neue Erfahrung musste er machen.