Eigentlich wollte der 1. FC Köln Fritz Esser als neuen Medienchef einstellen. Dann fanden Effzeh-Fans alte Tweets und Texte vom früheren „Bild“-Mann. Über eine peinliche Woche in Köln.
Bei einem normalen Verein wäre es vielleicht eine schöne Woche geworden, trotz Abstiegskampf. Immerhin hatte der 1. FC Köln am Sonntag den ersten Heimsieg seit fast einem Jahr (3:1 gegen Bielefeld) eingefahren und stand vor der Möglichkeit, mit einem Sieg gegen Zweitligist Jahn Regensburg ins Pokal-Viertelfinale einzuziehen. Doch der 1. FC Köln ist kein normaler Verein. Der 1. FC Köln ist ein Verein, der immer wieder über die eigenen Beine stolpert. Beziehungsweise über die eigentlich nicht sonderlich große Hürde Regensburg (3:4 nach Elfmeterschießen, trotz 2:0‑Führung, trotz der Chance auf das 3:2 per Elfmeter kurz vor Schluss). Und über eine für die Beteiligten noch unangenehmere Geschichte. Aber der Reihe nach.
Am Montag hatte der Verein bekanntgegeben, dass der 39-jährige Fritz Esser ab Mai den Bereich Medien und Kommunikation verantworten würde – nur um am Mittwoch wieder zurückzurudern und die geplante Zusammenarbeit abzusagen. Esser, der zuvor bei der Deutschen Bahn und neun Jahre bei der „Bild“-Zeitung gearbeitet hatte, war nach einem monatelangen Auswahlprozess als Nachfolger von Tobias Kaufmann auserwählt worden. Von Kaufmann hatte sich der FC im August 2020 getrennt. Normalerweise sind solche Entscheidungen bei Bundesligisten nicht mehr als eine Randnotiz, doch beim FC ist das, natürlich, anders.
Kaufmann klagte gegen seine Kündigung, erst im November kam es zu einer Einigung. Sein Nachfolger Esser sollte die Lücke füllen und am 1. Mai starten. Offiziell darüber sprechen wollte der Verein erst im Frühjahr. Doch weil ein Kölner Medium Wind von der Personalentscheidung bekommen hatte, sah sich der Verein genötigt, am Montag eine Pressemitteilung zu veröffentlichen.
„Er hat als gebürtiger Kölner das richtige Gefühl für die Stadt und die Menschen“
Alexander Wehrle, verantwortlich für die Finanzen beim 1. FC Köln (siehe Titelbild), zeigte sich darin erfreut. „Fritz Esser passt hervorragend zu uns. Er ist ein Profi als Journalist und als vielseitig erfahrener Kommunikationsexperte. Er bringt daher die besten Voraussetzungen mit, um unsere Medien-Aktivitäten erfolgreich auszubauen und weiterzuentwickeln“, heißt es in der Mitteilung. FC-Präsident Werner Wolf gab ebenfalls zu verstehen, einen richtigen Volltreffer mit Esser gelandet zu haben. „Ich freue mich, dass wir Herrn Esser für den FC gewinnen konnten. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in den unterschiedlichsten Feldern der Kommunikation ebenso wie im Sport. Zudem hat er als gebürtiger Kölner das richtige Gefühl für die Stadt und die Menschen.“
Esser und der FC? Nicht alle in Köln waren von dieser Kombination derart begeistert. Nur Minuten nach der Verkündung regte sich Widerstand in diversen Fanforen und in den sozialen Medien. Die Gründe: Einige Tweets von Essers und seine Vergangenheit bei der „Bild“-Zeitung.
„Wieder einmal blamieren Schwachmaten in #effzeh-Trikots den ganzen Verein“, schrieb Esser beispielsweise im September 2016 über die Anhänger des Vereins nach einer friedlichen Busblockade beim ersten Heimspiel gegen Leipzig. In anderen Tweets bezeichnete er FC-Ultras als „Chaoten“. Es erschien zu diesem Zeitpunkt schon fraglich, wie er in seiner zukünftigen Funktion als Medienchef die tiefen Gräben zwischen Verein und Fanszene in Köln würde zuschütten sollen. Zumal Esser offenbar keinen Grund gesehen hatte, diese Tweets über FC-Fans zu löschen.