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Seite 2: Sogar Lukas Podolski wurde sauer

In anderen Tweets äußerte sich der 39-Jäh­rige durchaus wohl­wol­lend über die AfD, bei­spiels­weise als der AfD-Abge­ord­nete Bernd Bau­mann im Bun­destag in einer Rede gesagt hatte, dass der alte Bun­destag“ abge­wählt sei und das Volk ent­schieden“ habe und nun eine neue Epoche“ beginnen würde. Essers Kom­mentar auf Twitter dazu: Diese Schelle von #AfD-Mann Bau­mann hat sich der #Bun­destag red­lich ver­dient.“ Am Diens­tag­abend stellte Esser klar, dass dieser Tweet Kritik am Bun­destag aus­drü­cken“ sollte, aber wie Zustim­mung für die AfD“ klinge.

Min­des­tens ebenso schlimm waren für einige FC-Fans meh­rere Texte, die Esser als Redak­teur bei der Bild“-Zeitung geschrieben hatte. Darin hatte er sich mehr­fach kri­tisch über die deut­sche Asyl­po­litik geäu­ßert. In einem You­Tube-Video fragte er bei­spiels­weise, warum wir die Fal­schen“ abschieben würden. Anlass war ein Kame­runer, der sich in Deutsch­land auf­hielt, obwohl, so Esser, seine Ein­reise und sein Auf­ent­halt in Deutsch­land eine Straftat sind“. Obwohl das nicht zutraf. Den­noch war der Kame­runer das per­fekte Auf­reger-Thema aus Sicht der Bild“-Redaktion.

Danach legte Esser ganz auf Blatt­linie nach und schrieb in der Zei­tung: Wer sich wun­dert, warum so viele Men­schen den Glauben an die Politik und die eta­blierten Par­teien ver­lieren: Dieser Fall erklärt es. Wer Rechts­treue nur von seinen Bür­gern, aber nicht von Asyl­be­wer­bern ver­langt, ver­spielt das Wich­tigste für den Zusam­men­halt in der Gesell­schaft: Ver­trauen.“ In einem anderen Text schrieb er über sozia­lis­ti­sche Parolen“ des dama­ligen Juso-Chefs Kevin Küh­nert, die er für gefähr­lich“ halte.

Ein wich­tiger Sieg im Abstiegs­kampf…“

Lukas Podolski über die Entscheidung, Esser nicht einzustellen

Den FC-Fans blieb das Ganze nicht ver­borgen, sie sam­melten Screen­shots aus den Texten und Tweets in Col­lagen, die sich schnell ver­brei­teten. Men­schen mit grö­ßerer Reich­weite for­derten eine Stel­lung­nahme des 1. FC Köln, dar­unter Carolin Kebekus, der SPD-Vor­sit­zende Nor­bert Walter-Bor­jans und die Kölner Band Kasalla. Ver­eins­le­gende Lukas Podolski mel­dete sich mit wütenden Emojis aus der Türkei. Zwi­schen­zeit­lich war auch eine Peti­tion auf­ge­setzt worden, bei der mehr als 6.000 Unter­schriften gesam­melt werden konnten.

Der öffent­liche Druck auf Vor­stand und Geschäfts­füh­rung wuchs, auch weil die Ent­schei­dung pro Esser ein­stimmig aus­ge­fallen war. Unter der Feder­füh­rung des Vor­stands war zuvor ein mehr­mo­na­tiger Aus­wahl­pro­zess samt Beglei­tung durch eine Head­hun­ting-Agentur durch­ge­führt worden. Offenbar war aber nie­mand auf die Idee gekommen, sich die Tweets von Esser genauer anzu­schauen. Am Mitt­woch­nach­mittag gab der Verein dann bekannt, auf die ange­kün­digte Zusam­men­ar­beit mit Esser zu ver­zichten.

In einem gemein­samen State­ment betonten Wolf und Wehrle, dass Tole­ranz, Fair­ness, Offen­heit und Respekt“ zen­trale Werte der FC-Charta seien. Beim Aus­wahl­pro­zess sind Fehler gemacht worden. Seit der Ver­öf­fent­li­chung haben uns Vor­würfe erreicht, die wir vorher hätten prüfen müssen. Daraus werden wir Kon­se­quenzen ziehen“, sagten sie. Beide baten Mit­glieder und Fans danach um Ent­schul­di­gung.

Esser selbst betonte, hinter der FC-Charta zu stehen und fälsch­lich als Nazi und AfD-Sym­pa­thi­sant“ bezeichnet worden zu sein. Zu seiner Kritik an den FC-Fans, die er in seiner Posi­tion als Abtei­lungs­leiter beim Verein eigent­lich auch ver­treten sollte, sagte oder schrieb er aller­dings nichts mehr. Lukas Podolski mel­dete sich erneut per Twitter, applau­dierte per Emoji und schrieb: Ein wich­tiger Sieg im Abstiegs­kampf…“

Ein Erfolg für die Mit­glieder

Für den Vor­stand des Ver­eins, der zudem aktuell noch in grö­ßeren finan­zi­ellen Nöten zu sein scheint, war die Causa Esser eine herbe Nie­der­lage. Der Aus­wahl­pro­zess erscheint unpro­fes­sio­nell, wenn die Twitter-Ver­gan­gen­heit eines Kom­mu­ni­ka­ti­ons­experten“ (Zitat Wehrle) im Vor­feld nicht genauer unter die Lupe genommen wurde. Bei der nächsten Mit­glie­der­ver­samm­lung, die spä­tes­tens bis Ende Juni durch­ge­führt werden muss, dürfte neben den Finanzen auch das Thema Per­so­nal­suche hitzig von den Mit­glie­dern dis­ku­tiert werden.

Fans und Mit­glieder des 1. FC Köln konnten aller­dings zeigen, dass für sie die FC-Charta mehr ist als nur leere Worte. Auch der Mit­glie­derrat, das höchste Auf­sichts­gre­mium des Klubs, posi­tio­nierte sich ein­deutig gegen Esser. Sie alle zeigten, dass sie trotz momentan für Publikum geschlos­sener Sta­dien für ihre Werte ein­treten und ihren Verein nicht gänz­lich den Ent­schei­dern über­lassen.