Der erst 29-jährige Steven Zhang aus China ist auf dem besten Weg, Inter Mailand als Klubpräsident zu alter Größe zu führen. Um Fußballromantik geht es dabei allerdings nicht.
Um (Fußball-)Romantik geht es dabei sowieso nicht. Zhangs Vater ist einer der reichsten Männer Chinas und Besitzer der Einzelhandelskette Suning, die 2016 bei Inter eingestiegen ist. Ein Konzern mit 32 Milliarden Euro Umsatz im Jahr, jedoch in Europa kaum bekannt. Durch Inter soll sich das ändern.
Das Ganze hat auch eine politische Komponente. Vater Jindong ist Delegierter im Nationalen Volkskongress und ein Getreuer Xi Jinpings. Im März 2019 begleitete er den chinesischen Staatschef zu Verhandlungen mit der italienischen Politik über die Neue Seidenstraße. Zu dieser Zeit war Sohn Steven, der an der Wharton School of Pennsylvania, einer Art Milliardärsschmiede, studiert und danach bei der Investmentbank Morgan Stanley gearbeitet hat, längst in Mailand installiert worden: erst als Vorstandsmitglied, später als Präsident.
Einmal im Amt, begann Zhang umgehend mit den Aufräumarbeiten. Der Auftrag: Inter in die Moderne zu führen. Anfangs unterlief ihm dabei der eine oder andere Fehler, mit dem Höhepunkt eines obskuren Trainercastings in der alten Geschäftsstelle nahe des Mailänder Doms. Am Ende gewann Stefano Pioli, der inzwischen beim Stadtrivalen Milan angestellt ist. Für diesen Zirkus gab es Kritik vom Ex-Patron Moratti, ansonsten verstehen sich die beiden blendend. Zhang sei „ein Visionär“, findet Moratti, der seinem Nachfolger gerne beratend zur Seite steht, in langen Telefonaten über die Eigenarten des Calcio. Der neueste Tipp angeblich: „Es ist das richtige Jahr, um Messi zu holen. Das wäre ein Traum für uns alle.“
Zhang hat schnell dazugelernt, zum Beispiel, wie wichtig Gesichter sind. Als Klub-Repräsentant nach außen fungiert Vizepräsident Javier Zanetti, der unverwüstliche Rekordspieler und Ex-Kapitän. Das verzückt die Tifosi jedes Mal aufs Neue. Steven Zhang hingegen wirkt lieber nach innen.
„Wir wollen die Inter-Familie auf dem Globus verbinden“
Mit dem aufmüpfigen Trainer Antonio Conte traf er sich neulich zum Showdown, der kühle Analyst gegen den wilden Exzentriker. Conte hatte den Klub öffentlich kritisiert, mehr Macht gefordert und mit seinem Weggang gedroht. Letztlich gab der Coach nach, er bleibt. „Conte, der klare Verlierer“, schrieb die Zeitung „La Repubblica“.
Quo vadis, Steven? „Wir wollen die Inter-Familie auf dem Globus verbinden“, hat Zhang beim Amtsantritt gesagt. Marketing-Worthülse, klar. Die aber andererseits zu Inter, das einst von überzeugten Weltbürgern und Kosmopoliten gegründet wurde, besonders gut passt. Sieht ganz so aus, als wolle der Klub nicht nur die italienische Konkurrenz das Fürchten lehren.