Wo Leben ist, da ist auch Wille zur Macht, schrieb einst Friedrich Nietzsche. Warum sollte das im Fußball anders sein als im richtigen Leben? Für 11FREUNDE-Ausgabe #145 erstellten wir unsere Rangliste der 50 einflussreichsten Akteure des Weltfußballs. Hier die Plätze 30 bis 21.
30 _ Mino Raiola
Der fleischige Spielerberater gilt als wortgewandt, aber nicht unbedingt als feinfühlig. Carmine „Mino“ Raiola nennt Sepp Blatter einen „schwachsinnigen Diktator“, Michel Platini beschimpft er als „Mafia-Paten“. Mit Anfang zwanzig zog der Ex-Pizzabäcker die Schürze aus und stürzte sich ins Fußballgeschäft. Aufgewachsen im niederländischen Haarlem, verfügt der Italiener über optimale Kontakte zum Oranjeteam. Seit den Achtzigern fädelte er Deals u.a. für Dennis Bergkamp, Mark van Bommel und Martin Jol ein. Die dicksten Fische an seiner Angel aber heißen Mario Balotelli und Zlatan Ibrahimovic. Auch der BVB durfte bereits das Konto des Agenten füllen: Henrikh Mkhitaryan ist ebenfalls Raiolas Klient.
29 _ Johan Cruyff
„Cruyff ist an allem schuld. Wir sind nur seinem Modell gefolgt“, sagte einst Pep Guardiola über das berauschende Spiel seines FC Barcelona. Doch der Niederländer implantierte den Katalanen nicht nur das stilbildende 4−3−3 in allen Altersstufen, sondern ist auch der Mensch gewordene Gegenwind: Er riet Barca aus der Ferne zum Verkauf von Lionel Messi, als der auf dem Höhepunkt seines Schaffens war. Er revoltierte als Funktionär bei Ajax gegen den Sportdirektor Louis van Gaal, bis der aufgab. Er trainierte die Nationalelf Kataloniens und setzte ein politisches Zeichen. In Sachen Lichtgestaltigkeit mit Beckenbauer vergleichbar – mit weniger Stammtischthesen und mehr Innovation.
28 _ Dietrich Mateschitz
Als Kopf des Brausegiganten bastelt der Multimilliardär seit Jahren an einer völlig neuen Idee des Fußballklubs: Vereine in Leipzig, Salzburg, New York und São Paolo verkleben dabei zu einer gigantischen Marketingmaschine, die weniger auf sportliche Nachhaltigkeit, als aufs stetige Wachstum als Werbefläche ausgerichtet ist. Der Konzern positioniert sich mit seiner Expansionsstrategie dermaßen aggressiv zwischen darbenden Traditionsklubs, dass viele den Untergang des Abendlandes wittern. Und die Partyplörre läuft und läuft und läuft.
27 _ Richard Scudamore
In den 14 Jahren, die Richard Scudamore Boss der Premier League ist, hat sich die oberste englische Spielklasse von einer prosperierenden, aber halbwegs konventionellen Nationalliga in eine globale Marke verwandelt. Fast drei Milliarden Euro pro Jahr setzt die Liga um, ein rekordverdächtiger Fernsehvertrag jagt den nächsten, elf der 20 Premier-League-Klubs sind mittlerweile in ausländischem Besitz. Und wenn es irgendwann 20 sind? Für Scudamore kein Problem. Für die Anliegen der Fans hat er ein offenes Ohr, aber mehr auch nicht: verbindlich im Ton, hart in der Sache. Scudamore ist übrigens erbitterter Gegner einer Winter-WM in Katar. Die FIFA sollte sich warm anziehen: Der Mann ist es nicht gewohnt, zu verlieren.
26 _ Marios Lefkaritis
Einer der am häufigsten übersehenen Männer im Schattenreich der Fußballpolitik. In den Exekutivkomitees von FIFA und UEFA gilt der 67-jährige Zypriot als wichtigster Unterstützer von Michel Platini. Einzigartig: Der Ölbaron dealt mit post-sowjetischen Oligarchen und dem Emir von Katar. So war er entscheidend an der Vergabe der EM in die Ukraine und Frankreich sowie der WM nach Russland und Katar beteiligt.
25 _ Jose Mourinho
„I’m a special one!“ Diese Worte kleben am Portugiesen wie warmes Kaugummi. Dabei ist er mehr als ein Großmaul. Er ist ein Menschenfänger. Ibrahimovic,
Drogba, Terry, Eto’o – sie alle loben ihn als einzigartigen Trainer und Freund. Mit Inter Mailand, Real Madrid und dem FC Chelsea bekam er drei Weltklubs zu Füßen gelegt, auch weil der zweifache Champions-League-Sieger mit jeder Faser den Erfolg verkörpert. Notfalls um jeden Preis. Real brachte er mit diesem Führungsstil an den Rand der Selbstzerfleischung. Ebenso legendär ist sein Spiel mit den Medien. Bei der Frage, ob er noch immer „The Special One“ sei, grinste Mou nur und sagte: „I’m the happy one!“
24 _ Joachim Löw
Der französische Historiker Fernand Braudel prägte einst den Begriff der „longue durée“, der langen Dauer. Die Theorie: Wichtige strukturelle Veränderungen lassen sich niemals an einzelnen Ereignissen festmachen. Nicht an Königskrönungen, Regierungswechseln, auch nicht an Pokalen. Löw hat der Nationalelf seit 2004 das schöne, schnelle, kreative Spiel beigebracht. Das wird bleiben. Auf lange Dauer.
23 _ Didier Drogba
Nach manchen Fußballern sind schon Straßen benannt worden, aber gleich ein ganzer Ort? Außerhalb von Abidjan, der größten Stadt der Elfenbeinküste, liegt das Dorf Drogbakro – so getauft zu Ehren Didier Drogbas, des erfolgreichsten Spielers, den dieses Land bisher gesehen hat. Der mittlerweile 35-jährige Stürmer hat die Champions League und zahllose englische Titel gewonnen, von den Fans des FC Chelsea wurde er gegen gewiss nicht kleine Konkurrenz zum besten Spieler aller Zeiten gewählt. Aber das ist nur die eine Seite des Didier Drogba. Die andere ist die eines Mannes, der politischen Einfluss hat und bereit ist, ihn zu nutzen wie wenige andere Fußballspieler. Drogba ist im Laufe seiner Karriere zu einer Art Friedensstifter in seinem labilen Geburtsland geworden, nicht nur mit warmen Worten und wichtigen Toren, sondern ganz konkret: 2011 wurde er Mitglied der Wahrheits- und Versöhnungskommission, die das ethnisch zerstrittene Land einen soll. Und es gibt nicht wenige, die sich Drogba als künftigen Präsidenten der Elfenbeinküste wünschen. Will er aber nicht. Noch nicht.
22 _ Idriss Akki
Fernsehrechte sind ein schönes Mittel, um die Puppen tanzen zu lassen, und in Afrika hat er sie alle. Idriss Akki ist der Boss von Sportfive Africa, und wer Spitzenfußball aus Afrika zeigen will, muss zum 54-Jährigen nach Paris. Sein Legt-euch-bloß-nicht-mit-mir-an-Gesicht auf den VIP-Tribünen zwischen Dakar und Nairobi zeigt, dass er genau weiß: Die dortigen Fußballbosse sind ihm in tiefem Dank verpflichtet.
21 _ Martin Winterkorn
Die Assoziationskette bei VW ist von bestechender Einfachheit: „Fußball – Menschen – Emotionen – Auto.“ Und weil Vorstandsboss Winterkorn einen Hang zur Perfektion hat, möchte er an allen Fronten größtmöglichen Erfolg. So bezuschusst er den VfL Wolfsburg jährlich mit bis zu 100 Millionen Euro. Darüber hinaus zahlt VW 60 Millionen Euro für Profisportsponsoring. Bei 21 Fußballvereinen weltweit tritt das Unternehmen als Werbepartner auf, sechs davon spielen in der Bundesliga. Zudem hat Winterkorn beim VfL Wolfsburg und beim FC Bayern – bei dem VW-Tochter Audi Anteile hält – einen Aufsichtsratsposten. Der oberste VW-Ingenieur ist beseelt von dem Traum, den größten Autokonzern der Welt zu führen. So einer wünscht sich eben auch, dass sein Team gewinnt. Was hierzulande bei dem Engagement jedes Wochenende der Fall sein dürfte.