Die Uefa rasselt mit den Säbeln: Bei einem erneuten Fehlverhalten seiner Fans droht Russland das EM-Aus. Doch wie realistisch ist dieses Szenario?
Welche Auswirkungen hätte ein Ausschluss einer Mannschaft auf den sportlichen Wettbewerb?
Das ist unklar. Die UEFA hatte vor Beginn der EM-Qualifikation 2014 ein 66-seitiges Regelwerk veröffentlicht, das eigentlich alle Eventualitäten abdecken sollte; von der korrekten Bedienung der Stadionuhr (die Nachspielzeit darf nicht auf der Anzeigetafel mitlaufen) bis zur Wahl der Heim- und Auswärtstrikots.
Bezüglich der Disqualifikation einer Mannschaft aus dem laufenden Wettbewerb bleibt der Text aber vage. In Artikel 27, Punkt 3 heißt es schlicht: „Wird ein Verband aus dem laufenden Wettbewerb ausgeschlossen, werden die Resultate und Punkte aus allen Spielen der betreffenden Mannschaft annulliert.“
Klingt simpel, ist es aber nicht. Schließlich ziehen bei dieser EM erstmals nicht nur die Gruppenersten und ‑zweiten in die KO-Phase ein, sondern auch die vier besten Drittplatzierten. Den Begriff „besten“ definiert die UEFA in Artikel 18, Punkt 3. Demnach werden die Gruppendritten nach folgenden Kriterien gelistet: „a. höhere Punktzahl; b. bessere Tordifferenz; c. größere Anzahl erzielter Tore; d. Fairplay-Verhalten der Mannschaften in der Endrunde gemäß Anhang C.5.1; e. Platzierung in der UEFA-Koeffizientenrangliste für Nationalmannschaften (vgl. Anhang B.1.2.b).“
Hier manövriert sich die UEFA in ein Dilemma. Wird der russische Verband noch während der Gruppenphase disqualifiziert, hätte der letztlich Drittplatzierte in Gruppe B einen klaren Wettbewerbsnachteil. Schließlich würden dann lediglich zwei Gruppenspiele in die Wertung einfließen – eins weniger als alle anderen EM-Teilnehmer bestreiten. Da die Gesamtpunktzahl das Hauptkriterium für das Ranking der Gruppendritten darstellt, wären die russischen Gegner klar im Nachteil.
Eine Lösung scheint noch nicht gefunden. Ein Szenario, bei dem nach Abschluss der Gruppenphase sämtliche Ergebnisse gegen die Gruppenvierten annulliert werden, um zumindest wieder die Berechnungsgrundlage anzupassen, ist unwahrscheinlich – schließlich könnten so die Platzierungen noch gehörig durchgemischt werden, Proteste und Klagen der Verbände wären die Folge.
Was dann? Sollte es wirklich zu einem Ausschluss kommen, würde das „Emergency Panel“ der UEFA eingeschaltet werden. Die Entscheidung läge dann in den Händen eines fünfköpfigen Gremiums, angeführt von UEFA-Präsident Ángel María Villar Llona. Den kennen wir doch schon…