In einem Interview hat sich Mesut Özil erstmals zu seinem schwierigen Jahr 2018 geäußert – und zu seiner aktuellen Situation bei Arsenal. Denn sportlich schreibt der ehemalige Nationalspieler schon lange keine Schlagzeilen mehr. Eine Ursachensuche.
Was Özil mit dem Ball kann, war auch Emery bekannt. Eine Kostprobe gab er am 9. Spieltag der vergangenen Saison beim 3:1‑Erfolg über Leicester. In seiner unverwechselbaren, fast schon trägen Eleganz, hebelte er die gegnerische Defensive zahlreiche Male durch Raum- und Spielverständnis aus, erzielte dabei ein Tor, bereitete eins vor und leitete ein drittes ein. Es war eine Galavorstellung des Zehners.
Was Özil allerdings ohne den Ball macht, beziehungsweise zu wenig macht, nämlich Emerys geforderte Defensiv- und Pressingarbeit, ist seit Jahren Teil der Vorwürfe, die Kritiker gegen seine Spielweise erheben. Auch der neue Trainer schien diesbezüglich Zweifel zu haben. Drei Spiele nach seinem Offensivfeuerwerk gegen Leicester, ein Zeitraum, in dem Özil übrigens die meisten Chancen seiner Mannschaft herausspielte, drückte er erstmals in seiner Arsenal-Karriere ohne Verletzungsvorgeschichte oder Schonungsabsichten auswärts gegen Bournemouth 90 Minuten lang die Bank.
Kein Mann für die hitzigen Spiele
Angesprochen auf die Nichtberücksichtigung des Spielmachers erklärte Emery gegenüber der Presse, dass man so „besser mit der physischen und intensiven“ Art des Gegners klarkommen würde. Im darauffolgenden Derby gegen Tottenham, erfahrungsgemäß ein hitziges Spiel, stand Özil nach einer vollen Trainingswoche urplötzlich wegen angeblicher Rückenprobleme nicht im Kader. Wie und wann diese Beschwerden entstanden, darüber konnte Emery nach dem Spiel keine Auskunft geben.
So wurde das Pendeln zwischen Startelf, Bank und Tribüne für Özil zur Gewohnheit – und offenbarte ein Muster. In Spielen, in denen Intensität, Laufarbeit und Zweikampfstärke gefordert waren, war Özil zumeist außen vor. In Partien, in denen Emery viel Ballbesitz gegen tief stehende Gegner erwartete oder schlichtweg keine anderen Alternativen hatte, kam er zum Einsatz. Große Bemühungen vonseiten Özils, sich bei diesen Gelegenheiten an die Defensiv-Forderungen des Wenger-Nachfolgers anzupassen, waren allerdings auch kaum zu erkennen.
Ungewollter Luxus
Im Norden Londons, wo trotz sportlicher Stagnation noch immer ein aufgeblähtes Budget vorzufinden ist, wurde Özil unter Emery zu einem Luxus, den man sich nicht mehr leisten wollte. Bereits im vergangenen Winter versuchte der Klub laut BBC dem Topverdiener, der bis 2021 an den Vereinen gebunden ist, einen Wechsel nahezulegen. Doch damals wie heute machten Özils Wunsch, in London zu bleiben, sowie sein üppiges Gehalt in Höhe von 350.000 Pfund pro Woche Arsenals Vorhaben einen Strich durch die Rechnung.
Und so ist Mesut Özil, der vom Team kurioserweise zu einem der fünf Kapitäne gewählt wurde, weiterhin Bestandteil des Kaders. Offiziell zumindest, denn mittlerweile ist die Tribüne zu seinem Stammplatz geworden. Selbst in der Europa League, wo Emery rotiert, war für Özil kein Platz im Spieltagsaufgebot. Ganze 142 Minuten hat er in dieser Saison absolviert, 71 davon im Ligapokal gegen einen Zweitligisten.
„Andere Spieler verdienen es mehr“
„Wenn ich entscheide, dass er nicht im Kader ist, liegt das daran, dass es andere Spieler mehr verdienen“, betonte Emery nach dem Spiel gegen Standard Lüttich ungewohnt deutlich. „Was er tun muss? Weiter arbeiten, am Sonntag haben wir das nächste Spiel, dann werden wir erneut entscheiden.“ An jenem Sonntag, ein Heimspiel gegen Bournemouth, entschied sich der 47-jährige Trainer erneut gegen Özil. Trotz spielerischer Dominanz gelangen Arsenal gegen die zweitschlechteste Defensive der Liga ganze zwei Schüsse aufs Tor. Der Treffer zum 1:0‑Endstand resultierte aus einer Ecke.