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Ein biss­chen klingt die Geschichte von Silvia Neid wie ein Fuß­ball­mär­chen. Wurde sie doch als Spie­lerin sieben Mal deut­sche Meis­terin, sechs Mal Pokal­sie­gerin, einmal Vize-Welt­meis­terin und dreimal Euro­pa­meis­terin. In 111 Spielen für die deut­sche Natio­nal­mann­schaft schoss sie 48 Tore. Nach der aktiven Kar­riere wech­selte sie in die Trai­ner­riege, anfangs bei der Jugend­na­tio­nal­mann­schaft, später als Co-Trai­nerin bei der A‑Mannschaft und seit 2005 als Chef­trai­nerin der Frau­en­fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft. Die Titel­samm­lung ging weiter – mit dreimal Bronze bei Olympia, drei Euro­pa­meis­ter­ti­teln und, was ihr als Spie­lerin nicht gelang, mit zwei Welt­meis­ter­ti­teln. Bei der EM in Finn­land kann der nächste Titel folgen. 

 Als Silvia Neid 1964 geboren wurde, war Frau­en­fuß­ball in Deutsch­land noch ver­boten. Das änderte sich erst im Oktober 1970, als auf einer DFB-Tagung beschlossen wurde, Frau­en­fuß­ball unter bestimmten Vor­aus­set­zungen wieder zu erlauben. Unter anderem sollten die Spiele nur 80 Minuten dauern, Stol­len­schuhe waren ver­boten und die Win­ter­pause sollte zur Scho­nung des weib­li­chen Kör­pers ein halbes Jahr lang sein. Die erste offi­zi­elle deut­sche Meis­ter­schaft wurde 1974 zwi­schen DJK Ein­tracht Erle und TuS Wörr­stadt aus­ge­spielt. Wörr­stadt gewann mit 4:0.

Das Debüt beim Debüt


Ein Jahr später trat die elf­jäh­rige Silvia Neid in ihren ersten Fuß­ball­verein ein, den SV Schlier­stadt. Schon vorher hatte sie sich mit ihrem Bruder auf Bolz­plätzen her­um­ge­trieben, denn Fuß­ball war schon immer ein Teil von ihrem Leben, als sie laufen lernte, lernte sie auch das Fuß­ball­spielen. 1980 wech­selte Silvia Neid dann zu dem Frau­en­fuß­ball­verein SC Klinge-Seckach, der zu dieser Zeit badi­sche Meis­ter­titel sam­melte und regel­mäßig bei der End­runde um die deut­sche Meis­ter­schaft mit­spielte. In den Acht­zi­gern hatte Silvia Neid dann auch ihr Debüt in der deut­schen Frau­en­na­tio­nal­mann­schaft – pas­sender weise beim Debüt der deut­schen Frau­en­na­tio­nal­mann­schaft. Diese durfte am 10. November 1982 ihr erstes Län­der­spiel bestreiten. Die Geg­ne­rinnen aus der Schweiz waren heillos unter­legen. Silvia Neid wurde als zweit jüngste Spie­lerin, sie war damals 18 Jahre alt, ein­ge­wech­selt und schoss auch gleich zwei Tore. Das Spiel endete mit 5:1 und war der Beginn von zwei eng mit ein­ander ver­bun­denen langen Erfolgs­ge­schichten. 

Mit dem Erfolg wech­selten auch die Mann­schaften von der begna­deten Spiel­ma­cherin. Mit SSG 09 Ber­gisch Glad­bach wurde sie zwei Mal deut­scher Meister, wech­selte aber nach drei Jahren weiter zum noch erfolg­rei­cheren TSV Siegen, für den in den Acht­zi­gern viele Natio­nal­spie­le­rinnen auf­liefen. Im DFB-Pokal End­spiel gegen Bayern Mün­chen, es war das Jahr 1988, krachte sie nach einem Eck­stoß den Ball mit einem ein­ge­sprun­genen Voll­vol­ley­schuss ins rechte obere Eck, ihre Gegen­spie­le­rinnen hatten noch nicht einmal Zeit zu reagieren. Es wurde das Tor des Monats Mai. 

Der nächste Mei­len­stein im Frau­en­fuß­ball war der Euro­pa­meis­ter­titel 1989. Wieder war Silvia Neid dabei. Sie hatten ein Jahr zuvor die Kapi­täns­binde über­nommen. Nach einem knappen Halb­fi­nal­sieg über Ita­lien, die Deut­schen konnten sich erst im Elf­me­ter­schießen durch­setzen, führte Silvia Neid ihre Mann­schaft als Mit­tel­feld­re­gis­seurin im Finale sou­verän zum ersten Titel. 

»Sie geht ja voll in ihrer Funk­tion auf«

 Mit 32 Jahren hatte ihre aktive Spie­ler­kar­riere dann ein Ende. Ihre frü­here Mit­spie­lerin Marion Isbert hatte zwar schon immer das Gefühl, dass Silvia Neid irgendwo dem Fuß­ball erhalten bleiben würde, dass es aber so schnell der Chef­trai­ner­posten in der Natio­nal­mann­schaft klappen würde, hätte sie nicht gedacht. Zwar hatte Gero Bisanz, der dama­lige Trainer der Frau­en­na­tio­nal­mann­schaft, mit seinen Spie­le­rinnen Lehr­gänge für die B‑Lizenz abge­halten, doch hatte man damals noch den Ein­druck, dass Bisanz in Silvia Neid eine Trai­nerin sieht, sie selber aber nicht. »Jetzt ist sie wohl froh, dass sie es damals gemacht hat, denn sie geht ja voll in ihrer Funk­tion auf«, fügt Marion Isbert hinzu. 

Zu Beginn ihrer Trai­ner­lauf­bahn war Silvia Neid ab 1996 für die Frau­en­nach­wuchs­mann­schaften zuständig. Mit der U‑19 Mann­schaft wurde sie dreimal Euro­pa­meister und einmal Welt­meister. Nebenbei arbei­tete sie als Co-Trai­nerin von Tina Theune und sam­melte so Erfah­rung als A‑Nationaltrainerin. Nach Theunes Rück­tritt 2005 über­nahm Silvia Neid dann kom­plett das Ruder und führte die Mann­schaft gleich im ersten Anlauf zur Welt­meis­ter­schaft 2007. Das Kon­zept der Natio­nal­trai­nerin basiert auf unbe­dingten Team­geist und auf gegen­sei­tigen Respekt. Die Mann­schaft, die jetzt die Euro­pa­meis­ter­schaft in Finn­land spielt, ist ein gelun­gener Mix aus jungen und erfah­renen Spie­lern. Die Jüngste im Team, Kim Kulig, spricht von ihrer Trai­nerin fast ehr­fürchtig als »Frau Neid«. Jede Spie­lerin weiß, was ihre Trai­nerin in den ver­gangen 27 Jahren für den Frau­en­fuß­ball erreicht hat. 

Der deut­sche Frau­en­fuß­ball ist so eng ver­woben, mit der Person Silvia Neid, dass es kaum mög­lich ist, sich eine Zukunft ohne sie vor­zu­stellen. Wenn sie Schlag­zeilen geschrieben hat, dann rein Sport­liche, über ihr Pri­vat­leben ist nicht viel bekannt, außer dass sie für ihr Leben gerne Tafel­spitz mit Meer­ret­tich Soße ist und gerne in ihrem neuen Mer­cedes über die Auto­bahn flitzt. Durch den umwelt­freund­li­chen Motor, lacht sie in einem Inter­view, nagt auch das schlechte Gewissen nicht all zu sehr, wenn man mit ein paar PS mehr unter­wegs ist. Der Ver­trag als DFB-Trai­nerin läuft noch bis 2011, dann ist die WM im eigenen Land und der Druck so hoch wie noch nie. Silvia Neid kann nicht ewig Trai­nerin bleiben, doch momentan würde wohl noch nicht mal Theo Zwan­ziger eine Alter­na­tive wissen.