Das gemeinsame Foto von Mesut Özil, Ilkay Gündogan und dem türkischen Präsidenten Erdogan sorgt für mächtig Aufruhr. Das ist nachvollziehbar, wirft aber vor allem jede Menge Fragen auf.
Man könnte fragen, warum nun angeführt wird, Emre Can wäre der Einladung zu dem Treffen nicht gefolgt. Und warum das ein Zeichen dafür sei, wie es eben auch gehe. Weil man fragen könnte, weshalb er der Einladung nicht gefolgt ist. Vielleicht hatte er ja einfach nur etwas Privates zu erledigen? Man könnte fragen, was für eine Veranstaltung genau und wie absehbar das Aufeinandertreffen mit Erdogan war? Man könnte fragen, weshalb Gündogan und Özil das Treffen mit dem türkischen Präsidenten nicht auch in den sozialen Netzwerken mit der Welt geteilt haben, wo sie dort doch sonst gefühlt jeden Schritt teilen.
Man könnte fragen, ob Özil und Gündogan, da sie nun schon einmal in der Situation verhaftet waren, da sie zu einem Foto mit Erdogan gebeten wurden, nicht doch besser hätten verzichten sollen. Oder ob ihnen das für den Moment noch unheilvoller erschien als das, was nun auf sie einprasselt. Man könnte fragen, was Ilkay Gündogan geritten hat, diese wirklich merkwürdige Widmung zu signieren. Wo er doch heute mit sehr schlauen Worten Stellung bezog: „Bei aller berechtigten Kritik haben wir uns aus Respekt vor dem Amt des Präsidenten und unseren türkischen Wurzeln – auch als deutsche Staatsbürger – für die Geste der Höflichkeit entschieden.“
Die wirklich drängende Frage
Und wenn man all diese Fragen beantwortet hätte, käme man womöglich zu einem ausgewogenen Urteil in diesem Fall. Und dann bliebe noch immer der Tatbestand, dass da zwei junge Menschen eine nicht ganz so glückliche Figur abgeben. Aus Gründen, die vielleicht die falschen sind, aber nachvollziehbar. In einer Gemengelage, die ihre persönliche Verantwortung weit übersteigt. Denn bei allem Respekt und jedem klugen Gedanken: Özil und Gündogan sind 29 und 27 Jahre alt und — Fußballspieler.
Es ist gut, dass diese Debatte geführt wird. Allein schon, weil sich andere Fußballer demnächst zweimal überlegen, wohin sie abends wann gehen und mit wem sie sich dort ablichten lassen. Weil Menschen wie Erdogan sich dann nicht in ihrem Glanz sonnen können.
Aber bei aller Liebe zum Diskurs sollte man bitte davon Abstand nehmen, Özil und Gündogan persönlich in moralische Haftung zu nehmen. Und vor allem sollte man die richtigen Fragen beantworten können, bevor man allgemeine Ableitungen herstellt und Urteile fällt.
Und wenn dann noch Zeit bleibt, kümmert sich vielleicht endlich jemand um die wirklich drängende Frage: Dieser Schnurrbart, Herr Gündogan…welche Wette genau haben Sie da verloren?