Carsten Linke gilt als 96-Ikone. Jetzt kandidiert er für den Aufsichtsrat in Hannover. Und sagt, warum er 50+1 für sinnvoll hält – und in Opposition zu Klubboss Martin Kind steht.
Konkret wollen Sie den Ausnahmeantrag an die DFL, der derzeit vor dem Schiedsgericht verhandelt wird, also zurückrufen, um dem Verein in der 50+1‑Frage noch mal Zeit zum Nachdenken zu geben?
Ja, das ist letztendlich das Ziel. Wenn ich und meine Mitstreiter mehrheitlich in den Aufsichtsrat gewählt werden, wollen wir die Sache noch mal für die Mitglieder transparent machen. Welche Zahlen stehen überhaupt in diesem Antrag? Von welchen Summen sprechen wir? Für welchen Preis soll der Verein denn seine Anteile verkaufen, damit Martin Kind die Profifußballabteilung vollumfänglich übernehmen kann? Das sind Fragen, die geklärt werden müssen.
Martin Kind tritt als Vereinsvorsitzender zurück und wird künftig nur noch die Interessen der Investorenseite vertreten. Wie kann eine Zusammenarbeit mit ihm auf dieser Basis funktionieren?
Auf der Basis funktioniert die Zusammenarbeit seit 20 Jahren. Er hat das Zwei-Säulen-Modell ja auf die Beine gestellt.
Nur war Martin Kind bislang in der einen wie in der anderen Säule die beherrschende Figur. Das wird nun nicht mehr so sein. Herrn Kind bricht eine Säule weg.
Da bin ich trotzdem sehr zuversichtlich. Alle Beteiligten sind daran interessiert, dass es bei 96 vorangeht. Wir wollen die Zukunft gemeinsam gestalten. Ich denke, das ist wie in den letzten 20 Jahren möglich, unabhängig davon, wer Präsident im e.V. ist. Die Kapitalseite soll ja weiter bestimmen können. Das ist keine Frage. Nur sollte die Stimme des e.V. zumindest auf Augenhöhe sein und bei gewissen Entscheidungen ein Vetorecht einlegen können. Dazu muss eben auch die Transparenz gegeben sein.
Wie geht es bei 96 weiter?
Ich hoffe, dass die Mitglieder selbst dafür sorgen, dass in der 50+1‑Frage noch ein Mitgliederbeschluss erfolgen muss, unabhängig davon, was DFL oder das DFL- Schiedsgericht entscheiden. Bislang sind die Mitglieder in diese richtungsweisende Entscheidung leider nicht eingebunden worden. Wenn sie sich dann entschieden haben, muss das auch respektiert werden, egal in welche Richtung. Wenn also entschieden wird, dass Martin Kind die Profifußballgesellschaft ohne den Verein weiterführen soll, würden wir das akzeptieren. Dann ist das eben so.
Wie viel Vertrauen hat Martin Kind mit seinem Führungsstil schon verspielt?
Martin Kind hat kein Vertrauen verspielt, sondern er tut sich schwer damit, anderen Leuten so zu vertrauen, dass sie ihre Arbeit vollumfänglich machen können. Letztendlich können Kapitalseite und e.V. – so meine Auffassung – gut zusammenarbeiten. Wir wollen in den nächsten Jahren auch zeigen, dass das geht.