Manni Burgsmüller fast bis zum Greisenalter – und weil das noch nicht reichte, kickte er danach auch noch im American Football. Wir sprachen mit ihm über seine fast unendliche Karriere und seine Erfahrungen mit der NFL Europe.
Manni Burgsmüller, Sie haben bei Dortmund in einer Saison sogar 27 Tore geschossen, wurden aber nie Torschützenkönig.
Es war immer einer besser als ich, ja. (lacht)
Zur falschen Zeit gespielt vielleicht?
Ich habe meiner Mama schon mal den Vorwurf gemacht, dass sie mich zu früh zur Welt gebracht hat. Warum nicht 30 Jahre später? (lacht)
Aber Sie können trotzdem zufrieden sein mit Ihrer Karriere.
Ja natürlich, das war eine schöne Zeit. Außerdem ist der Fußball so kommerziell geworden, die Spieler verdienen auch dementsprechend mehr Geld. Ich weiß gar nicht, ob mir das noch so gefallen würde. Denn ob die eine bessere Qualität haben oder nicht, da kann man hier und da mal zweifeln. Aber nun gut, das ist halt so.
Sie sind ein BVB-Urgestein. Was ist Ihrer Meinung nach der große Unterschied zwischen dem Wirtschaftsunternehmen Borussia Dortmund von heute und dem westfälischen Arbeitsverein von früher?
Diese Wandlung geschah ja nicht nur bei Borussia Dortmund, das ist mehr oder weniger in allen Vereinen passiert, der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Der Fußball wird regiert vom Geld. Borussia Dortmund war damals ja auch nie beschaulich. Ich würde mal sagen, es war immer ein Klub, der sehr lebendig war, wo viel los war. Das es jetzt so weit kam, ist ein Zeichen der Zeit. Der Fußball ist richtig kommerziell geworden, und dem muss man sich unterordnen.
Sie spielten damals mit Leuten wie Raducanu, Zorc oder Huber. Waren das auch andere Typen?
Das waren alles bodenständige Leute, zum Teil aus der näheren Umgebung, bis auf Raducanu, der damals mehr oder weniger unser einziger Ausländer war.
Hätten Sie Michael Zorc früher zugetraut, dass er mal Manager wird?
Ja, warum nicht? Wenn er in diese Geschichte rein wächst, dann ist das kein Thema. Er kennt den Fußball, er kennt den Sport. Und er kennt die Dinge, die in einem Verein passieren können, wenn er richtig aufgepasst hat während seiner Aktiven Zeit. Und das hat er. Also ist er jetzt halt für den sportlichen Bereich zuständig.
Was genau war an Ihrer Zeit in Dortmund so speziell?
Es war etwas Besonderes, dass das Westfalen-Stadion eines der ersten Stadien überhaupt ohne Laufbahn war. Da waren die Spiele von der ganzen Atmosphäre her natürlich einmalig. Außerdem war ich bei keinem anderen Verein so lange aktiv wie dort – und es war sehr, sehr schön. Auch wenn ich mich wirklich an alle Vereine, bei denen ich gespielt habe, sehr gerne zurück erinnere. Mir hat es überall gefallen, und ich habe auch überall meine Tore gemacht.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Rivalität zwischen dem BVB und Schalke 04?
So eng bin ich natürlich auch nicht in dem Verein, um alles genau beurteilen zu können. Aber da sind einige Dinge passiert, die passieren zwischen Schalke und Dortmund immer. Wenn das nicht wäre, dann wäre die Rivalität bei den Fans nicht so da. Diese zwei Mal im Jahr, wenn die beiden aufeinander treffen, sind das die Spiele schlechthin – und dann wird das immer hochgepusht durch irgendwelche Aktionen. Das muss einfach so sein, um diese Rivalität warm zu halten. Das braucht der Fußball hier im Ruhrgebiet.
Also sehen Sie das auch als Phänomen des Ruhrgebiets?
Ja. Auch wenn es ähnliche Derbys gibt, wie 1860 gegen Bayern.
Wurden Sie in einer gewissen Art und Weise auch durch das Ruhrgebiet geprägt?
Glaub ich schon, ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich habe die meiste Zeit meines Lebens hier verbracht. Und daher würde ich es schon so sehen, dass das Ruhrgebiet mich geprägt hat.
Sie waren bis über Ihr vierzigstes Lebensjahr hinaus aktiv. Hätten Sie sich diese extrem lange Karriere erwartet?
Das sollte vielleicht irgendwie vorbestimmt sein. Aber natürlich war es nicht geplant. Als ich von Borussia Dortmund nach Nürnberg gewechselt bin, war ich schon 34. Ich hatte dann nur ein einziges Angebot von Rot-Weiß Oberhausen, und dann dacht ich mir: „Wenn ich sonst nichts habe, dann geh ich doch zurück ins Ruhrgebiet“. Dort habe ich eineinviertel Jahre sehr erfolgreich gespielt, bis mich Otto Rehhagel anrief und meinte: „Mensch Manni, ich hab dich jetzt mal gesehen in einem Spiel, hast nicht Lust zu Werder Bremen zu kommen?“ Dann hab ich nicht groß überlegt und noch einmal mehr als fünf Jahre bei Bremen gespielt.
Rehhagel haben Sie also viel zu verdanken?
Ja. Er kannte mich ja auch noch aus meiner Dortmunder Zeit, war dort schon einige Jahre mein Trainer. Dann haben wir uns aus den Augen verloren. Er mich wahrscheinlich nicht, er hat mich wohl immer beobachtet, weil ich ja weiter Bundesliga-Spieler war und er Trainer. Er hatte dann bei Werder ein Problem, was Stürmer anging. Er sah mich vorher, glaube ich, in einem Spiel bei Wattenscheid und dürfte da festgestellt haben, dass es noch so einigermaßen ging (lacht). Daraufhin kam sein Anruf und das Angebot von Werder Bremen.
Glauben Sie, dass es heute auch noch möglich ist, so lange zu spielen?
Ja, das geht, wenn man einigermaßen danach lebt und, was Verletzungen betrifft, gesund bleibt. Man darf nur nicht große Rückschläge erleben, wie einen Kreuzbandriss. Dann ist es möglich.
Müssen Sie Ihrer langen Karriere heute Tribut zollen?
Ich habe Arthrose, ja. Das ist so eine Geschichte von früher, wegen der ich jetzt auch operiert werden muss. Mein rechtes Sprunggelenk macht Probleme. Das war damals beim Spiel von Rot-Weiß Essen gegen Bayern München: Ich bekam einen Tritt vor den Knöchel, und das war so die Ursprungsverletzung, die in Essen nicht richtig behandelt wurde. Die ärztliche Versorgung war früher anders. Da zählten nur glatte Brüche, so ungefähr lief das. Es war nicht so wie heute, dass bei jedem Wehwehchen sofort der Doc da ist und Kernspin gemacht wird. Ich hatte wahrscheinlich ein Band gerissen oder einen Knochen abgesplittert im Gelenk, habe aber nach 14 Tagen wieder gespielt. Und im Laufe der Jahre und Jahrzehnte entstanden dadurch diese Probleme. Sonst hatte ich eigentlich nie was. Nicht mal eine Zerrung oder einen Muskelriss.
Sie haben auch die Trainerlizenz. Wird es vielleicht noch einmal einen Chef-Trainer Manni Burgsmüller geben?
Stimmt, die A‑Lizenz habe ich. Wir durften zu meiner Bremer Zeit mit einigen Spielern nach Hennef reisen und die A‑Lizenz machen. Waren wochentags in Hennef und haben am Wochenende wieder gespielt für Werder. Ich dachte mir: „Warum soll ich es nebenher nicht machen?“ Aber ich habe die Lizenz nie in Anspruch genommen. Meine Intention war es nie, nach meiner aktiven Zeit Trainer zu werden. Meines war immer mehr der Management-Bereich, und heute bin ich Gesellschafter einer Sportbekleidungskette.
Außerdem begannen Sie zu einem Zeitpunkt, wo die meisten mit der Trainerkarriere beginnen, American Football zu spielen.
Das war ein reiner Zufall. Ich hatte zu der Zeit, als das aufkam, für Reebok Deutschland versucht, Fußballvereine unter Vertrag zu nehmen und auszustatten. Zum Beispiel Gladbach, Bochum und einige andere. Und dann war es so, dass diese komplette NFL Europe, damals hieß sie noch World-League, von Reebok eingekleidet wurde. Da fragte einmal der damalige Manager von Düsseldorf Rhein Fire bei Reebok nach einem Fußballer an, der den Kicker machen würde. Die dachten sich: „Mensch, da könnte man doch mal den Manni fragen.“ Dann sagte ich mit meiner großen Klappe natürlich: „Ja, komm. Das mach ich.“ Ich habe gar nicht groß überlegt, weil ich es interessant fand – und am Ende sind sieben Jahre daraus geworden.
Sie waren sehr erfolgreich.
Ja, ich habe sogar zwei offizielle Titel geholt von der NFL und auch zwei schöne Ringe bekommen, wie es für diese Liga üblich ist.
Aber Fußball hat mehr Spaß gemacht?
Football ist ein geiler Sport. Aber klar, ich bin Fußballer.