Als Borussia Mönchengladbach 1995 im Berliner Olympiastadion Pokalsieger wurde, war unser Autor mit dabei. Ein verheißungsvoller Start in das Leben als Fan, begleitet von Blödmännern und Heimweh.
Ganz so schlimm war es dann doch nicht. Dieser Martin Dahlin war schon ganz gut. Akrobatisch versenkte er einen Traumpass meines Lieblingsspielers Thomas Kastenmaier im Kasten der Wolfsburger. Ja richtig, Thomas Kastenmaier. Ich hatte für mein Alter und meine Größe einen beachtlichen Schuss, deswegen nannte mich mein Cousin stets „Kastenmaier“, weil jener auch mit einer ordentlichen Hufe ausgestattet war. Dass der Vergleich ansonsten eher hinkte, fiel mir damals nicht auf.
Und dann war da noch Heiko Herrlich, der in diesem Spiel wohl der beste Mann auf dem Platz war. Sogar von der Tribüne sah der Stürmer mit seinen langen Beinen wahnsinnig riesig aus. Ich war mir sicher, dass er der größte Mensch der Welt war. Dafür umkurvte er den Torwart der Wölfe erstaunlich elegant, bevor Stefan Effenberg nur noch zum 2:0 einschießen musste. Ich fragte meinen Vater, wer dieser Mann mit den blonden Haaren sei. „Ein Blödmann“, antwortete mein alter Herr. Von diesem Moment an konnte ich Herrn Effenberg nicht leiden.
Ich riss die Arme hoch, weil die anderen Gladbach-Fans das auch so taten
Der größte Mensch der Welt, Heiko Herrlich, erzielte noch das 3:0 und machte damit den Sieg endgültig klar. Ich riss die Arme hoch, weil die anderen Gladbach-Fans das auch so taten. In erster Linie um meinen Bruder zu ärgern, der 1.FC Köln-Fan war und demnach für die Fohlen nicht viel übrig hatte. Mein Team gewann beim ersten Spiel, wo ich dabei war, einen bedeutenden Titel. Hätte ich damals gewusst, dass es bis heute der letzte sein würde, wäre ich wohl der erste achtjährige Flitzer geworden. So blieb ich zappelnd auf meinem Platz sitzen und nervte meinen Bruder. Wie immer, wenn mir langweilig war.
Als die Feierlichkeiten auf dem Platz begannen, war ich endgültig im Modus. Da feierten meine Borussen, die von der Bettwäsche! Wir waren Pokalsieger! Und noch besser: wir würden gleich nach Hause gehen! Mit funkelnden Augen verließ ich das Stadion.
Auf dem Heimweg erlebte ich dann noch einen Moment der totalen Verwirrung. Die „großen“ Gladbach-Fans hüpften in der U‑Bahn so sehr, dass der Wagen zu wackeln anfing. Ich klammerte mich an meinen Vater und schaute ihn beunruhigt an. Er sagte nur: „Das machen Fußball-Fans manchmal.“ Komische Typen, diese Fußball-Fans.