Fifa ist etwas für Jugendliche, dachte unser Autor. Dann fing er trotzdem an zu zocken. Und hat jetzt nur noch einen einzigen Wunsch.
Es war ein Spektakel. Atalanta gegen Arsenal. 3:2 nach 85 Minuten, die Gunners wüteten auf den Ausgleich. Kassierten den Konter. Kassierten das Tor. Verließen den Platz. 4:2. „Verbindung unterbrochen“. Und eine Erkenntnis:
Eure Jugend kotzt mich an.
Ich bin 40. Statistisch gesehen habe ich noch etwas mehr als 29 Jahre zu leben (Die durchschnittliche Lebenserwartung ist etwas anderes aber auch etwas für einen anderen Text …). Ich dürfte jetzt Bundespräsident werden. Dafür gehorchen mir meine Finger nur noch mit Verzögerung. Und überhaupt beherrschen sie lediglich einen Bruchteil der Tastenkombinationen, die Fifa so anzubieten hat. Als wäre ich einer dieser Trottel, die ihr Smartphone tatsächlich nur zum telefonieren benutzen. Lange Zeit war das ok, denn ich „zockte“ Fifa nur selten, und wenn, dann zusammen mit meinem besten Kumpel und dann geht es um viel, aber nicht wirklich darum, wie gut man dieses Spiel beherrscht.
Doch dann kam Corona und mit dem Virus genug Zeit, um alle zwei, drei Tage die Mühle anzuschmeißen und in den virtuellen Zweikampf gegen Spieler mit Namen wie „CimbomHasan98“ und „LoicPSGyyy“ zu ziehen.
eSports packte mich nicht, die virtuelle Bundesliga packte mich nicht, aber Fifa in Zeiten von Corona? Ging.
„Meine Playstation schämte sich dafür, ausgerechnet an mich geraten zu sein“
Auch wenn ich verlor. Zum Beispiel meine Fassung. Etwa dann, wenn mein Gegner sich minutenlang in seiner Formation und den individuellen Anweisungen vergrub. Minuten, die in einer Welt von vier bis sechs Minuten pro Halbzeit einer Ewigkeit gleich kamen. Nur damit sie anschließend mit einer Reihe von Übersteigern und Finten auftrumpften, die weder Formationen noch individuelle Anweisungen brauchten, sondern nur Opfer wie mich.
Und so ergossen sie ihr jugendliches Talente-Füllhorn über meine jämmerlich erloschene Wahrnehmung und Fähigkeiten. Mit Spielern, die den Ball abschirmen, als wäre ihr digitaler Arsch die Schutzhülle eines ganzen Universums. Mit Doppelpässen und Läufen in die Tiefe, die meine Abwehrreihe vor ganz existenzielle Fragen stellten wie: Was ist das und wenn ja, wieviele? Dazu diese Flachpässe, die über den Rasen lasern, als würden sie per Eilantrag verschickt und immer nur sagen: Jetzt setzt es was. Opa. Manchmal hatte ich das Gefühl, meine Playstation schämte sich dafür, ausgerechnet an mich geraten zu sein.
Doch irgendwann hatte auch ich meine Lehren gezogen aus diesem Spiel. Übersteiger und Finten? Kann ich nicht. Dafür: taktisch denken. Ich brauche keine Außenstürmer, weil ich eh nicht mal einen Computer mit Stromausfall im Eins gegen Eins schlagen würde. Also „4−1−2−1 kompakt“ und Pass, Pass, Pass. Defensiv nur ja nie mit den Innenverteidigern aus der Kette wackeln, stattdessen die Mitte dicht machen, als wäre Fashion Week.