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Was für ein Spiel! Action, Span­nung, Drama – es war alles dabei bei Her­thas 2:1‑Erfolg über Borussia Dort­mund. Blöd nur, dass am Ende ein ein­ziges Thema die Schlag­zeilen domi­nierte: Mit­chell Wei­sers Schau­spiel­ein­lage. Nach einem (durchaus schmerz­haften) Foul von Ous­mane Dem­bele wälzte er sich am Boden, als habe Thor höchst­per­sön­lich ihn mit einem Don­ner­schlag nie­der­ge­streckt.

Fast ein biss­chen schade, dass dadurch Her­thas Leis­tung aus dem Fokus geriet. Denn eigent­lich hätten sie es ver­dient, einzig und allein für ihren Sieg in die Schlag­zeilen zu geraten. Dass sie gegen Borussia Dort­mund mit 2:1 gewannen, lag nicht etwa an einem durch die Cham­pions League aus­ge­laugten Gegner. Hertha gewann das Spiel, weil sie über weite Stre­cken eine Euro­pa­pokal-wür­dige Leis­tung dar­boten.

Das Ber­liner Heim­ge­sicht

Die auf­fäl­ligste Sta­tistik der Her­thaner in dieser Saison ist ihre Heim­bi­lanz: 31 Punkte haben sie aus zwölf Heim­spielen geholt, damit liegen sie in der Heim­ta­belle noch vor Bayern Mün­chen und RB Leipzig. Aus­wärts haben sie nur neun Punkte gesam­melt, was gerade einmal Rang 15 in der Aus­wärts­ta­belle bedeutet. Zu Hause trauen sich die Ber­liner mehr zu, stören früher und bringen bei eigenen Angriffen mehr Spieler vor den Ball.

Nun hätte man vor dem Spiel gegen die favo­ri­sierten Dort­munder denken können, dass Berlin das Aus­wärts­ge­sicht zeigt: tiefer stehen, auf Konter lauern, absi­chern statt atta­ckieren. Darauf deu­tete auch die Umstel­lung von einem 4−2−3−1 auf ein 4 – 1‑4 – 1‑System hin. Doch Berlin ging die Partie offensiv an: Sie liefen Dort­munds Ver­tei­diger bereits in deren Hälfte an, zeigten sich bissig und brachten bei Kon­tern vier oder fünf Spieler in Straf­raum­nähe.

Pres­sing auf Dort­munds Drei­er­kette

Ent­schei­dend für die aggres­sive Aus­rich­tung waren die Ber­liner Mecha­nismen im Pres­sing. Ber­lins Außen­stürmer haben nor­ma­ler­weise die Auf­gabe, die geg­ne­ri­schen Außen­ver­tei­diger anzu­laufen. Gegen Vie­rer­ketten funk­tio­niert dies beson­ders gut. Gegen Fün­fer­ketten ist dies meist pro­ble­ma­tisch: Durch die offen­si­vere Rolle der Außen­ver­tei­diger fängt Her­thas Pres­sing erst in der eigenen Hälfte an. Der Gegner kann sich Hertha im Spiel­aufbau zurecht­legen.

Thomas Tuchel schickte seine Elf in einem 5−3−1−2 aufs Feld. Statt die geg­ne­ri­schen Außen­ver­tei­diger zu atta­ckieren, fokus­sierten sich Her­thas Außen­stürmer auf die Dort­munder Innen­ver­tei­diger. Wenn Marc Bartra oder Marcel Schmelzer auf den Halb­po­si­tionen den Ball bekamen, wurden sie sofort von Her­thas Außen­stür­mern atta­ckiert. Her­thas for­sches Vor­pre­schen ver­hin­derte, dass Dort­mund den eigenen Rhythmus finden konnte.

Borussia Dort­mund: Spek­takel statt Domi­nanz

Her­thas aggres­sives Pres­sing legte einen Finger in Dort­munds wohl größte Wunde: Ihre Balance aus Offen­sive und Defen­sive passt aktuell nicht. Dort­mund kann enorm viel Offen­siv­ge­fahr ent­fa­chen, gerade durch die vor­stür­menden Außen­ver­tei­diger und die nach­rü­ckenden Mit­tel­feld­spieler.

Nach Ball­ver­lusten stehen sie aber oft sehr gestreckt: Die vor­deren Akteure ver­lieren den Kon­takt zur eigenen Abwehr, im Mit­tel­feld klafft ein großes Loch. Dies geschieht beson­ders dann, wenn Dort­mund den Ball nach der Eröff­nung ver­liert. Mat­thias Ginter lei­tete das Gegentor durch einen unnö­tigen Ball­ver­lust ein, Dort­mund kam nicht schnell genug hinter den Ball (11.). Letzt­lich waren es aber die Her­thaner, die mit uner­müd­li­chem Pres­sing in der Anfangs­phase den Fehler erzwangen.

Die feh­lende Balance auf Dort­munder Seite war vor allem für neu­trale Zuschauer ein Segen: Das Spiel lief von Straf­raum zu Straf­raum, beide Teams gönnten sich keine Atem­pause. Dort­mund fand trotz des starken Her­thaner Pres­sings immer mal wieder Zehner Shinji Kagawa zwi­schen den geg­ne­ri­schen Linien. Erst als dieser von Niklas Stark in Mann­de­ckung genommen wurde, ver­flachte das Spiel etwas.

Dort­mund drückt, Plat­ten­hardt trifft

Die zweite Halb­zeit war dra­ma­tisch, aber spie­le­risch nicht mehr ganz so hoch­klassig. Hertha ver­la­gerte die Defen­sive weiter in die eigene Hälfte, Dort­mund bekam dadurch mehr Spiel­an­teile. Sie lenkten das Spiel nun kon­se­quent auf die linke Seite. Dazu wech­selte Andre Schürrle aus dem Sturm­zen­trum nach Links­außen, auch Shinji Kagawa wich immer wieder auf den linken Flügel aus. Fast jeder Angriff lief über Dort­munds linke Seite. Pierre-Eme­rick Aub­ameyang gelang schließ­lich der Aus­gleich (55.), auch danach spielte sich die Partie in Her­thas Hälfte ab.

Just in die stärkste Dort­munder Drang­phase setzte Hertha einen Nacken­schlag: Mit­chell Weiser kam nach Konter am Straf­raum zu Fall, den fäl­ligen Frei­stoß ver­wan­delte Marvin Plat­ten­hardt (70.). In der Schluss­phase löste Dort­mund die eigene Abwehr­kette auf, warf alles nach vorne. Doch Hertha ver­tei­digte auf­op­fe­rungs­voll in einem 5−5−0 das eigene Tor.

Es war der viel­leicht stärkste Auf­tritt der Hertha in dieser Saison. Auf­op­fe­rungs­voll kämpften sie bis zum Schluss – mit allen fairen und unfairen Mit­teln.