Acht Rote Karten, drei Monate Knast, ungezählte Skandale, ein Leben lang Leidenschaft: Duncan Ferguson, geliebter Bad Boy der Premier League.
Duncan Ferguson. Und spätestens im Frühjahr 1994 dürfte sich auch Thon diesen Namen eingeprägt haben, denn Ferguson hatte sich in die internationalen Schlagzeilen geraubeint. „Schottischer Stürmer muss in den Knast!“, vermeldeten die Zeitungen. Ferguson, nach einer Pub-Schlägerei bereits vorbestraft, hatte Gegenspieler John McStay im Ligaspiel gegen die Raith Rovers mit einer Kopfnuss niedergestreckt. Der Schiedsrichter übersah die Aktion, nicht so der schottische Verband, der Ferguson nachträglich sperrte und damit die zivile Rechtsprechung auf den Plan rief. Der Fußballer wurde zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.
Als Ex-Rangers-Spieler zwischen Celtic- und Rangers-Knackis
Noch vor dem Haftantritt verliehen die Rangers ihren Mann an den FC Everton. 44 Tage saß der Angreifer im berüchtigten Glasgower Barlinnie-Knast ein. „Eine harte Zeit“, erinnert sich Ferguson, „als Ex-Rangers saß ich in einer Haftanstalt zwischen Fans der Rangers und Celtic. In der ersten Nacht brüllten die Insassen durch den Gang, was sie so alles mit mir anstellen würden. Aber ich überstand es schadlos.“
Womit wir wieder in jener Sonntag-Nacht am 20. November 1994 wären. Einen Tag vor dem Merseyside-Derby zwischen Everton und Liverpool, dem 15. Spieltag der Premier League.
Duncan Ferguson ist wieder ein freier Mann, aber wirklich geläutert hat ihn die Haft offenbar nicht. Er sitzt in seinem Auto und rauscht durch die Straßen von Liverpool auf dem Weg zu seinem Hotel. Neben ihm seine jüngste Affäre. Die Polizei hält ihn an, einmal pusten, bitte. Ferguson ist 15 Milligramm über dem Limit. Nur 15? Der Stürmer hat fünf Flaschen Rotwein getrunken. Die Polizisten fordern ihn auf, auszusteigen. „Fahr schon mal vor ins Hotel“, zwinkert er seiner Flamme zu und gibt ihr den Autoschlüssel. Die Chance, in einer Stadt wie Liverpool einen Beamten zu erwischen, der Everton-Fan ist, liegt bei 50 Prozent. Ferguson hat Pech. Ein Liverpudlian steckt ihn in die Ausnüchterungszelle. Erst ein Evertonian reicht ihm Wasser durch die Gitterstäbe, verhindert die Blutabnahme (Ferguson: „Ich war letzte Woche viermal besoffen!“) und entlässt ihn um sechs Uhr in der Früh. Im Hotelzimmer wartet noch die Dame. Ferguson schläft nicht viel.
Der neue Trainer lässt ihn spielen – obwohl er einen Fahne hat
Nur wenige Stunden später sitzt er in der Kabine und schnürt sich die Schuhe. Dass er gesoffen hat, ist unübersehbar. „Letztlich war mein Fehlverhalten sogar ein Vorteil“, sagt Ferguson später, „mein schlechtes Gewissen war ein sehr intensiver Antrieb.“ Everton hat inzwischen einen neuen Trainer, Joe Royle. Das Derby ist sein erstes Spiel. Und sein Stoßstürmer hat eine Fahne. Er lässt ihn trotzdem spielen, viele Alternativen hat er nicht. Zur Halbzeit steht es 0:0, Royle beobachtet seinen Problemfall, denkt an einen Wechsel und lässt ihn doch auf dem Platz.
Nur fünf Minuten später könnte sich Royle ohrfeigen. Der groß gewachsene Schotte, von dem ihm alle erzählt haben, die angebliche Naturgewalt, schleicht über den Platz wie ein groß gewachsener Schotte mit Kater. Dann passiert etwas. Liverpools Abwehrhaudegen Neil Ruddock, genannt „Razor“, tritt Ferguson von hinten in die Beine. Der geht zu Boden und als er wieder aufsteht, ist er ein anderer. Ein Derby-Teilnehmer. Um es mit den Worten von Joe Royle zu sagen: „Ferguson went to war.“