Der FC Getafe ist die Überraschung der Primera Divison. Warum sich darüber ganz Spanien ärgert.
Wenn sich José Bordalás, 55, mal nicht mit Fußball beschäftigt, geht er ins Kino oder fährt nach Rom. Der Trainer des FC Getafe ist ein glühender Hobbyhistoriker und Anhänger der römischen Kultur. „Auch wenn ich nicht alles gutheiße, aber sie waren ihrer Zeit weit voraus“, sagte er einmal der Zeitung „El Pais“.
Nun ist Bordalás beruflich weit davon entfernt, mit Getafe ein Imperium nach römischen Vorbild zu auf den Weg zu bringen. Ironischer Weise ist er aber dabei, sich zum Anführer eines gallischen Dorfes aufzuschwingen, das sich kauzig gegen den Rest Spaniens stellt. Der Madrider Vorortklub gehört zu den Überraschungen der Saison, nach 26 Spielen liegt Getafe auf Platz vier.
Das würde die Qualifikation für die Champions League bedeuten, aber von diesem Wettbewerb zu reden, hat Bordalás nach bester Feldherrenmanier verboten. „Davon will ich gar nichts hören“, sagte er jüngst nach dem 2:1 bei Betis Sevilla. Größter Erfolg des Klubs bisher ist eine Teilnahme am Uefa-Cup. In der Saison 2007/08 ging es bis ins Achtelfinale, wo man in einem dramatischen Rückspiel am FC Bayern scheiterte.
Hässlichkeit als Kalkül
Getafe unter den ganz großen Europas, mit Spielen zur besten Sendezeit, für Viele in Spanien ist das eine nicht sehr angenehme Vorstellung. Für die übertragenden Fernsehanstalten ist das sogar blanker Horror. Denn kaum jemand außerhalb von Getafe mag die wilde Horde von Bordalás. Bei keiner Mannschaft in der Primera Division sinken die Einschaltquoten im Laufe von 90 Minuten so stark wie bei Spielen an denen Getafe beteiligt ist. Niemand mag hinsehen.
Das wiederum lässt bei Bordalás die Halsschlagader anschwellen. „Es gibt viele Stilrichtungen, das macht den Fußball aus. Nicht jeder kann spielen wie Barcelona“, sagt er. Davon ist seine Mannschaft weit entfernt. Und das mit Kalkül. Bordalás ist ehrlich genug, um zuzugeben, dass seine Verteidiger fußballerisch zu limitiert sind, um aus der Defensive heraus jenes feine Kurzpassspiel aufzuziehen, das in Spanien zum guten Ton gehört.
Offensiv hilft oft der lange Ball, auch im gegnerischen Strafraum geht es selten filigran zu. Bezeichnend, dass der zweitbeste Torschütze in Person von Jorge Molina ein 36-Jähriger ist, der die meiste Zeit seiner Karriere in der vierten und dritten Liga verbrachte und erst mit 30 sein Debüt in der Primera Division gab.
Getafe, das sind auch Ausgestoßene und Übersehene. „Ich muss sehen, welche Art von Spielern ich zur Verfügung habe und daraus das Beste machen“, sagt Bordalás. Von den Fußballern nimmt ihm das niemand übel, der Trainer wird für seine Ehrlichkeit und seinen Pragmatismus geschätzt.