Nach seinem Wechsel zu Borussia Mönchengladbach kam Nico Schulz fast zwei Jahre nicht zum Zug. Jetzt ist er gesetzt. Ein Gespräch über die Gründe seines Wechsels, Lucien Favre und Automatismen im Fußball.
Nico Schulz, im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Eintracht Frankfurt wurden Sie nach 41 Minuten für den verletzten Oscar Wendt eingewechselt. Davor hatten Sie so gut wie keine Spielpraxis gesammelt. Was ging Ihnen in den Momenten vor der Einwechslung durch den Kopf?
Zunächst mal hofft man, dass es den Mitspieler nicht schlimmer erwischt hat. Ansonsten versuche ich, mir nicht sonderlich viele Gedanken zu machen. Ich weiß ja, was ich kann. Dafür trainiere ich schließlich, dafür bin ich Profi.
Und auch fußballerisch gibt es nichts, was sie sich vornehmen?
Natürlich konzentriert man sich erstmal auf die Grundlagen, macht keine verrückten Sachen, spielt die einfachen Pässe. Wenn das gut funktioniert, kommt der Rest von ganz allein.
Gegen Frankfurt haben Sie gleich mehr als ordentlich gespielt. Danach waren Sie gesetzt. Gegen Mainz wurden Sie mit einer Vorlage und einem Tor zum Matchwinner.
Der Assist zum 1:0 war, ehrlich gesagt, so nicht beabsichtigt, da wollte ich eigentlich aufs Tor schießen. Dass der Schuss dann durchrutscht und vor den Füßen von Lars Stindl landet, ist natürlich Glück. Aber wie gesagt, das muss man sich auch erarbeiten.
Dazu hatten sie in Mönchengladbach lange Zeit keine Möglichkeit. Zwei Monate nach ihrem Wechsel aus Berlin zogen Sie sich einen Kreuzbandriss zu. Danach schien Oscar Wendt als Linksverteidiger gesetzt.
Das hätte mir in Berlin genauso passieren können. Ich stand damals vor einer Grundsatzentscheidung: den Vertrag verlängern, in der Stadt, in der ich mein bisheriges Leben verbracht hatte, oder die Heimat eben auch mal verlassen. Und dann kam das Angebot der Borussia, die eine sensationelle Entwicklung genommen haben. Auch Lucien Favre spielte eine Rolle
Der bei Ihrem Umzug an den Niederrhein im Sommer 2015 noch Trainer der Gladbacher war.
Und den ich schon aus seiner Zeit bei der Hertha kannte. Damals durfte ich als junger Nachwuchsspieler ab und zu bei den Profis mittrainieren.
Es heißt, Favre achtet auf die kleinsten Details, gibt jedem Spieler individuelle Tipps. Was hat er ihnen beigebracht?
Nichts Spezielles. Aber es stimmt, er macht die Spieler in der täglichen Arbeit sichtbar besser.
Und dann fallen Sie zwei Monate nach Ihrem Wechsel zur Borussia für mehr als ein halbes Jahr aus. Spielen auch im Anschluss nur ab und an wenige Minuten. Hand auf’s Herz: Wenn es eher unwahrscheinlich erscheint, dass man überhaupt spielt, trainiert man dann nicht auch anders?
Das klingt jetzt wie eine Floskel, aber trotzdem: Da ändert sich gar nichts. Es kann schließlich alles ganz schnell gehen, schon spielst du wieder. Und ich glaube auch dann noch an meine Stärken, wenn ich mal eine ganze Weile nicht von Beginn an auflaufe. Und das will ich auch in jedem Training zeigen.
Seit drei Bundesliga-Spielen sind Sie nun gesetzt, überzeugen auf Ihrer linken Seite. Und das ganz ohne Anlaufzeit. Sind die vielzitierten Automatismen, die es für Top-Leistungen braucht, also gar nicht so wichtig?
Da muss man differenzieren. Natürlich trainieren wir täglich mit allen Spielern. Und ich weiß also aus den Trainingsspielen: Wenn sich Jannik Vestergaard, mein Nebenmann in der Innenverteidigung, so und so bewegt, dann täuscht er den Pass nur an. Andererseits kann man die Atmosphäre eines Pflichtspiels niemals wirklich simulieren. Diesen ganz speziellen Druck, wenn es um drei Punkte geht. Auf dem Platz erleben, wie sich die Mitspieler dann verhalten, hilft mir schon enorm.
Um drei Punkte geht es in dieser Saison gegen Darmstadt nun ein letztes Mal. Gladbach schien lange Zeit noch Chancen auf Europa zu haben. Vor dem letzten Spieltag ist man nun auf fremde Hilfe angewiesen. Glaubt die Mannschaft noch an die Europa-League-Qualifikation?
Es liegt ja nicht mehr in unserer Hand. Wir wollen einfach nur unser Spiel gewinnen und dann schauen wir, wozu es reicht. Aber klar, wenn es nicht klappt, sind wir enttäuscht.