Sie fahren, sie grillen, sie feuern an, sie pöbeln, sie pfeifen: Ohne Väter wäre es auf dem Fußballplatz nur halb so schön.
Der Fanboy
Für den Fanboy steht außer Frage, wer das nächste ganz große Ding im Nachwuchsfußball wird: Der eigene Sohn! Natürlich! Dass der Weltstar in spe jedoch weitaus mehr Schienbeine als Bälle trifft und auch sonst eher durch kunstvolle Verrenkungen des eigenen Körpers als durch gekonnte Ballbehandlung auffällt, tut der väterlichen Begeisterung keinen Abbruch. Im Gegenteil: Der Fanboy steht mit gezücktem Smartphone am Spielfeldrand, um jede Aktion des Sohns für die Nachwelt festzuhalten. Zu hören ist auf den verwackelten Videos jedoch vornehmlich er selbst – wie er seinen Spross unermüdlich anfeuert. Oder ihn lautstark bejubelt, obwohl der Gefeierte selbst gerade mal wieder ein sensationelles Loch in die Luft geschlagen hat. Denn vom Fußball hat der Fanboy überhaupt gar keine Ahnung. Vieles bleibt dann eben doch in der Familie.
Der Grillmeister
In Sachen Engagement für den Jugendfußball steht der Grillmeister dem Allesfahrer in nichts nach. Doch sein Revier sind die Heimspiele. Der Grillmeister kann sich nichts Schöneres vorstellen, als den lieben langen Tag auf dem Sportplatz zu verbringen. Obwohl das eigene Kind erst um 14 Uhr spielt, ist er schon zum Anstoß der Mini-Kicker-Partie morgens um 11 Uhr auf der Anlage. Schließlich wollen Süßigkeiten verkauft, Würstchen gewendet und Kaffee eingeschenkt werden. Im weiteren Verlauf des Tages, spätestens jedoch ab 11.30 Uhr, wird dann die 0,3‑Flasche der ortsansässigen Brauerei zum umsatzstärksten Produkt der Verkaufsbude. Der Grillmeister selbst hat hieran keinen ganz unwesentlichen Anteil, prostet er doch jedem Bekannten auf der Anlage fröhlich zu – und das sind eine ganze Menge. Hat schließlich früher jahrelang hier gespielt. „Papa, ich will nach Hause“, quengelt der Sohnemann, nachdem die Sonne sich schon hinter die Querlatte des Tores verabschiedet hat. „Geh‘ schonmal vor“, erwidert der Vater. „Ich muss noch den Grill sauber machen.“
Der Krawallbruder
Wegen Vätern vom Schlage des Krawallbruders haben einige Fußballkreise um die Spielfelder der Mini-Kicker und F‑Jugend eine weiträumige Schutzzone gezogen, in der sich Eltern während des Spiels nicht aufhalten dürfen. Denn sobald der Schiedsrichter anpfeift, beginnt das Adrenalin im Körper des Krawallbruders zu brodeln. Schließlich geht es beim Fußball in erster Linie immer noch ums Gewinnen, da ist er sich mit dem Schleifer einig. Mit pulsierender Halsschlagader steht er am Seitenrand, bepöbelt die Kinder der gegnerischen Mannschaft, legt sich mit dem gegnerischen Trainer an und macht den ohnehin schon verunsicherten Schiedsrichter zur Sau. Ist ja ein schönes Konzept dieses Fair Play, aber hat damit schon einmal jemand auch nur einen Blumentopf gewonnen? Na, also!
Der Schiedsrichter
Einer muss es ja machen. Der Coach muss coachen. Der Grillmeister muss grillen. Der Fanboy muss anfeuern. Der Schleifer muss schleifen. Aber weil der Kreis nun einmal einfach nicht genug Schiedsrichter hat, um auch das E‑Jugend-Spiel zwischen Waldesrand Linden II und dem SV Steinkuhl III in der Kreisliga C unter professionelle Leitung zu stellen, muss eben auch einer pfeifen. Also schlurft Micha, 43, in seinen Straßenschuhen auf den Platz und tut das, was er glaubt, was ein Schiedsrichter tun muss. Seine Pfiffe kommen meist etwas verspätet und auch die Frage, wer denn jetzt Einwurf hat, beantwortet er eher spontan. Aber weil der Micha ein gutes Herz hat, versucht er manchmal, der unterlegenen Mannschaft mit der ein oder anderen wohlwollend ausgelegten Entscheidung doch noch zu einem Erfolgserlebnis zu verhelfen. Wirklich streng ins Gericht geht er nur mit dem eigenen Sohn, der jetzt deswegen vor Wut heulend neben dem Platz sitzt. Soll schließlich keiner auf die Idee kommen, der Schiedsrichter würde hier jemanden bevorzugen.